Donnerstag, 29. Dezember 2011

Braucht der Mensch die anderen?

„Ich gehe an ein Werk, das kein Vorbild hat und keinen Nachahmer finden wird. Ich will vor meinesgleichen einen Menschen in aller Wahrheit der Natur zeichnen, und dieser Menschen – bin ich“. Mit diesen starken Worten beschreibt der große Philosoph und Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau sein Bestreben, so wie er es in seinen „Confessions“ niedergeschrieben hat.


Rousseau ist eine besondere Gestalt, um nicht zu sagen eine Lichtgestalt unter den Denkern des 18. Jahrhunderts und weit darüber hinaus. Im Ergebnis wirkt er um vieles stärker, als die kühlen Rationalisten und Enzyklopedisten, die durch intellektuellen Hochmut und die Verehrung und Förderung der Kultur glaubten einen Gipfel der Menschheit erreicht zu haben. Gerade das Gegenteil war der Fall und Rousseau hat es schonungslos aufgezeigt. Kultur verdirbt die Seele des Menschen, macht neurotisch und psychotisch. Ohne Kultur hätte die Menschheit keine seelischen Probleme, es der Preis der Kultur, dass der einzelne an der Psyche angegriffen und verdorben wird. Rousseaus „Gefühl“ sein Enthusiasmus und sein unglaubliches Genie brachten ihn zu seinem großartigen Werk. Während Descartes vom „Cogito-Ergo-Sum“ sprach hört sich dies bei Rousseau ganz anders an: „Je suis, je sens“. Welche Kraft liegt doch in den Worten des religiösen Genfers, der zugegeben eine Menge an Widersprüchen in seinem Charakter vereinte – etwas das bei großen Persönlichkeiten immer der Fall ist. Trifft man auf einen stimmigen, abgerundeten Charakter, dann hat man es immer auch mit einer höchst mittelmäßigen Person zu tun. Wer will schon in Ruhe leben? Wer möchte Harmonie wirklich? Harmonie ist wie der Tod, hat man sie, dann lebt man nicht mehr! Das Chaos im Leben ist höchst wünschenswert, es fördert den Menschen und den Fortschritt, ebenso die Unzufriedenheit. Die Unzufriedenheit ist eine Tugend! Wären die Menschen zufrieden, dann müsste man sich ernsthaft Sorgen um sie machen. Wer zu Zufriedenheit rät, der ist ein kleiner Geist!

Zurück zu Rousseau und dem 18. Jahrhundert. Rousseau war ein Individualist, einer, der die Natur des Menschen als gut und die Kultur als Verbrechen sah. Damit sprach er Millionen Menschen an, die es genauso sahen. Bis heute wirken die frischen Worte nach und vermögen die Seele immer noch anzusprechen. Es wäre vermessen wollte man darin einfach nur eine Unzufriedenheit mit der damals herrschenden Kultur verstehen. Vielmehr geht es Rousseau um die Kultur ans sich. Im 19. Jahrhundert drehte sich das Weltbild gewaltig, denn nun sah man die Kultur als gut und den Einzelnen als schlecht. Man ging davon aus, dass die Kultur nun notwendig sei, um die Triebe des einzelnen zu zügeln – das Misstrauen gegenüber dem Menschen blieb ins 20. Jahrhundert hinein aufrecht und wirkt bis heute nach. Wie viel freier ist doch der Mensch bei Rousseau und wie gut in seinem Naturzustand! Erst die Gemeinschaft macht den Menschen schlecht und lebten wir in einer perfekten Welt, dann würden wird den Kontakt mit anderen überhaupt nicht suchen. Wir würden mit anderen Menschen nicht sprechen, wir würden uns nicht um sie kümmern. Nur das Übel der Welt, wie sie sich durch all ihre Gefahren uns darstellt, zwingt die Menschen zu Kooperation. Im Grunde ist das Zusammenwirken der Menschen keine gute Sache, lediglich ein notwendiges Übel. Bräuchten wir die anderen nicht, dann wären wir frei aus uns selbst heraus zu leben, unabhängig (denn was ist Freiheit anderes als das Nicht-Verbundensein?).


Heute ist die Zeit immer noch sehr verblendet und die Ansicht der Mensch sei ein soziales Wesen ist sehr verführerisch – kaum einer widerspricht ihr. Dabei spricht vieles dafür, dass Rousseau und nicht die moderne Ansicht der Wahrheit entspricht. Meine Antwort auf die Frage, die den Titel dieses Beitrags bildet, ist eindeutig Nein! Der Mensch braucht die anderen an sich nicht, lediglich Notwendigkeiten, die sich aus den Lebensumständen heraus ergeben führen zu Zwangskooperation. Für das seelische Wohlbefinden jedoch ist der Mitmensch, den man besser Nebenmensch nennen sollte, mit Sicherheit nachteilig. Mit seinem Geist und seinen Gedanken und Gefühlen alleine, erübrigen sich die fruchtlosen Streitereien, die Reibungen, die sich durch das bloße Zusammentreffen von Menschen ergeben. Konflikt an sich ist noch nichts Schlechtes, doch in der Praxis führt er nur selten zu einer Weiterentwicklung, sondern zu Grabenkämpfen, seelischem Unwohlsein, das einen dann über längere Zeit hinweg nicht mehr verlässt.


In gewisser Weise ist das Leben jedoch selbst eine Beleidigung für den Menschen. Man denke nur daran, dass ein Homo sapiens, Nahrung, Sauerstoff etc. braucht, nur um körperlich am Leben zu bleiben. Für einen extrem freiheitsliebenden Menschen ist bereits die Notwendigkeit Sauerstoff zum Leben zu brauchen eine Beleidigung und eine Quelle des permanenten Unglücks. So gesehen ist es nur natürlich, wenn sich die Abneigung gegen das Leben selbst richtet, zumindest in der Form, wie wir es in unserem Universum vorfinden.

„Der Mensch is guad, nur de Leit san a Gsindl!“ Mit diesem Nestroy-Zitat ist nicht nur Rousseau gut zusammengefasst, sondern ein wahres Wort gesprochen, dass heute so wahr ist, wie es immer war und auch immer sein wird.

Dienstag, 25. Oktober 2011

Warum betreibt der Mensch Philosophie?

Es ist dies eine Frage, die erstaunlicherweise viel seltener gestellt wird, als man denken möchte, insbesondere, und das verwundert doch nicht wenig, von den Philosophen selbst. Es scheint, als ob das Philosophieren, das ja nur allzu oft mit dem Denken selbst verwechselt wird, eine Selbstverständlichkeit wäre, etwas das man eben tut, „weil man es eben tun sollte“. Doch warum man es tun sollte, ist schon viel weniger klar und oft auch, wozu das Ganze dienen soll. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, doch trotzdem relativ selten, dass der Mensch im Leben einer Sache um ihrer selbst willen nachgeht. In der Regel ist menschliches Verhalten motiviert und das trifft auf den geistigen, ebenso wie auf jeden anderen Bereich des Leben zu. Rein expressives Verhalten gehört zweifelsohne zu den beglückend- und erfüllendsten Tätigkeiten im Leben. Gewisse Dinge absichtslos zu betreiben, gehört unabdingbar zu einem guten Leben, Doch nur wenige können ein Interesse an einer Sache aufbringen, die sich nicht ins Hauptbuch ihrer Ziele und Ambitionen eintragen lässt – gerade in unserer Zeit sind Zeitgenossen, die solches können, sehr selten geworden – wahrscheinlich liegt darin einer der Gründe für das Unglück, das die meisten Menschen mehr oder weniger in ihrem Leben empfinden – ein Dasein in stiller Verzweiflung. Es soll hier dieser Ausnahmefall des Betreibens der Philosophie um ihrer selbst willen ausgeklammert werden und der Blick auf die zweckmäßige Tätigkeit gelegt werden.

Ich möchte hier vier mögliche Antworten darauf geben, warum der Mensch Philosophie betreibt.
1.) Die Philosophie ist dazu da den Menschen zu befähigen sein Glück und seine Erfüllung zu verwirklichen.
Das ist eine klassische Position von Menschen, die philosophieren, zu allen Zeiten vertreten haben. Es war das Ideal der Antike, das gute Leben anzustreben, wobei dieses gute gleichbedeutend mit einem tugendhaften Leben gesetzt wurde. Das Gute, das Schöne und das Wahre bildeten nach Platon eine Einheit. Es wurde davon ausgegangen, dass der Mensch glücklich werden könne, weil er denken kann. So richtig diese Ansicht auch ist, so zeigt sie doch nur die halbe Wahrheit auf. Denn das Gegenteil ist ebenso wahr. Es war Michel de Montaigne, der als erster darüber schrieb, dass gerade die Denkfähigkeit des Menschen zur Quelle seines Unglücks werden kann. Völlig unabhängig von den äußeren Umständen, kann der Mensch alleine durch sein Denken sowohl glücklich, als auch unglücklich werden. Auf eine Sache ist hier noch hinzuweisen: Untersuchungen und Befragungen von Menschen über ihr subjektives Glücksempfinden, haben über viele Jahrzehnte hinweg gezeigt, dass es kaum einen Zusammenhang zwischen dem wahren Wohlbefinden des Menschen und seiner Meinung über seinen eigenen Glückszustand gibt. Menschen sind sehr robuste Lebewesen und auch wenn es ihnen objektiv schlecht geht, tendieren sie dazu sich eher als glücklich, denn als unglücklich einzustufen. So ist es nicht verwunderlich, dass das Glücksempfinden nach eigenen Angaben, bei fast allen Menschen weitaus größer ist, als es ihrem Seelenzustand entspricht. Man sieht daran auch sehr deutlich, wie sehr die Meinung der Menschen über sich selbst von äußeren Glücksvorstellungen dominiert wird und wie wenig Selbsterkenntnis homo normalis besitzt. Zudem kommt ein starker sozialer Druck hinzu, der von der Ansicht kommt, dass sozialer Status mit Glück zusammenhängt. Wer wenig Glücksempfinden zeigt, gilt als auf der unteren Skala der sozialen Wertigkeit angesiedelt. Auf der anderen Seite gibt es auch starke psychologische Gründe dafür, dass Menschen sich einreden glücklich zu sein und bald selbst daran glauben. Denn wenn es im Leben nicht zumindest eine kleine Hoffnung auf eine Besserung des eigenen Leben gibt, warum sollte man dann überhaupt weiter leben?
Die Philosophie hat nun die Aufgabe den Menschen das richtige Denken zu lehren, vor allem das richtige Denken in Bezug auf sich selbst. Denn wenn einer nicht geschult darin ist über sich selbst nachzudenken, dann dreht man sich ständig im Kreis und wird leicht depressiv oder melancholisch. Die Philosophie soll uns lehren uns selbst so zu sehen, wie wir andere sehen und so objektivere Urteile zu fällen und zu erkennen, was wir tun müssen, um eine Besserung herbeizuführen.

2.) Die Philosophie dient dazu den Menschen zu befreien, frei von allen Dingen und frei von der Angst, vor allem von jener vor dem Tod, zu machen.
Das richtige Denken soll den Menschen unabhängig von der Kultur und der Meinung anderer machen. Wenn wir richtig denken können, dann gewinnen wir allmählich Vertrauen in unsere eigenen Urteile und befinden uns nicht mehr im Zweifel, wenn andere uns widersprechen. Wir können dann Meinungen auch dann vertreten, wenn wir keinerlei Zustimmung von irgendeinem anderen erhalten. Wissen dieser Art macht auch frei von Angst. Philosophie hat auch sehr viel mit einem gestählten (aber nicht unsensiblen) Geist zu tun. Zu philosophieren heißt auch den Tod zu überwinden, es ist die Kunst sterben zu können noch ehe man lebt, um sein Leben auf eine ganz neue Art wiederzuerhalten, dieses Mal jedoch ohne sich vor dem (physischen) Tod noch im geringsten zu fürchten. Beispiele für todesmutige Philosophen waren Sokrates und Seneca, die beide für ihre Überzeugung, die Wahrheit, starben, ohne zu lamentieren oder auch nur im geringsten einen Versuch zu unternehmen ihr Leben zu retten, auch wenn dies (zumindest in Sokrates Fall) leicht möglich gewesen wäre.

3.) Die Philosophie hat den Zweck die Seele des Menschen zu formen.
Philosophie ist weit mehr als die Schulung des Denkens eines Menschen. Gerade der Charakter spielt eine ganz zentrale Rolle, denn so gut die kognitiven Fähigkeiten auch sein mögen, ohne eine entsprechende Tugendhaftigkeit, sind geistige Höchstleistungen nicht möglich. Charakter und Denken gehen Hand in Hand, ja der Charakter hat den Vorrang der beiden, denn des Menschen Charakter ist sein Schicksal. Menschen „gut“ zu machen, ist ebenso des Philosophen, wie des Theologen Anliegen. Beide dienen damit der Menschheit und Gott, sofern man an diesen glaubt.

4.) Das Ziel der Philosophie ist die Wahrheit zu finden. Insofern gleicht sie dem Glauben.
Die Suche nach der Wahrheit ist das höchste und edelste Bestreben der Philosophie. Aber gerade dieser vierte Punkt ist derjenige, der in unserer Zeit am meisten angegriffen wird und deshalb nicht wenige moderne Philosophen dazu gelangt sind ,die Suche nach dieser Wahrheit, zumindest sofern es sich um eine Absolutheit handeln soll, aufzugeben. Die Suche nach der Wahrheit ist immer noch nicht passé und soll es auch niemals sein. Doch darf man nicht im Namen der Wahrheit Grausamkeiten an den Mitmenschen begehen. Die Wahrheit ist nichts, was einer besitzen kann (ebenso wie Gott), dass er quasi mit sich in der Tasche herumführen kann, um sie als Waffe gegen jeden anderen einzusetzen, der sich ihm widersetzt oder sich ob seiner Einsicht bewundern zu lassen. Mancher vermeintliche Verfechter der Wahrheit ist im Grunde ein Verfechter der Grausamkeit.

Auch ist mir hier wichtig festzustellen, dass Philosophie im Grunde keine „Elfenbeinturmbeschäftigung“ ist, sondern eine durch und durch praktische Wissenschaft ist. Auch die Leistung von Philosophen muss an der tatsächlichen Wirkung ihrer Gedanken in der Welt gemessen werden. Selbst der klügste Philosoph versagt, wenn er es nicht fertig bringt in den Geist anderer einzudringen und dort deren Denken zu verändern. Die Leistung der Philosophie als Ganze kann daran gemessen werden, wie gut sie die Menschen zum Denken bringen kann und wie sehr sich das tugendhafte Verhalten der Menschen in der Welt ausbreitet.

Samstag, 15. Oktober 2011

Freiheit und Gewissheit

Viel wird unter den Menschen über die Freiheit gesprochen und es gibt wohl kaum ein Individuum, zumindest in der westlichen Welt, das nicht die Freiheit zu einem seiner höchsten Werte erkoren hat.

Dabei machen wir es uns aber alle viel zu leicht, indem wir auf der einen Seite „Freiheit“ rufen, auf der anderen aber wollen, dass unser Leben in bekannten Bahnen verläuft, in Sicherheit verläuft. Wenn wir Freiheit wollen, dann fühlen wir uns folglich im Augenblick unfrei. Was wir also scheinbar wollen eine Änderung unserer Umstände. Auf der anderen Seite aber fürchten wir uns aber gerade vor so einer Änderung. Es ist nämlich ein Widerspruch in sich, sowohl Freiheit als auch Gewissheit haben zu wollen. Wenn die Welt wirklich gewiss wäre, das heißt, wenn es keinen Spielraum für den Zufall, für die Spontaneität, gäbe, dann ist die „Freiheit“ für immer unerfüllbar. Ihr Wesen besteht ja gerade darin, dass die Zukunft noch nicht geschrieben ist, dass diese noch nicht fest steht. Es ist das uralte Problem (nicht nur für die Philosophen und Theologen), ob der Mensch einen freien Willen hat, oder ob alles determiniert ist, oder ob es zwischen diesen beiden Polen vielleicht auch einen Mittelweg gibt. Eines jedoch ist gewiss: Je größer die Vorherbestimmtheit in diesem Universum ist, desto geringer ist die Freiheit des Menschen. Im Extremfall, wenn alles Schicksal ist, dann hat der Mensch überhaupt keinen freien Willen, dann gibt es aber im gesamten Kosmos keine Freiheit. In so einem Fall nach Freiheit zu streben wäre wie Luftschlösser bauen. Gesetzt diesen Fall, dann gäbe es für den Menschen aber auch keine Hoffnung und man müsste mit gesenkten Haupt resignierend sagen, wie es leider ohnehin schon so oft vorkommt, „da kann man halt nichts machen.“

Vielen Menschen scheinen die logischen Widersprüche nicht aufzufallen und gerade darin dürfte ein großer Teil des menschlichen Leids liegen. Wenn wir glauben, wir könnten die Freiheit haben, ohne dafür einen Preis zu bezahlen, dann befinden wir uns damit gehörig auf dem Holzweg. Wir machen uns meist keine Vorstellungen davon wie viele Dinge in unserem Leben zufällig sind. Die moderne Physik hat bewiesen, dass der Zufall ein ganz entscheidender Faktor im Universum ist. Uns Menschen mag dies nicht gefallen, es gibt uns das Gefühl von Unbedeutendheit und leicht kann einer sich dabei als Opfer von höheren Mächten fühlen – egal ob von natürlichen oder übernatürlichen.

Man kann das Ganze aber auch von einer anderen Seite betrachten. Wenn ich hier ein Vergleich ziehen darf, dann würde ich meinen, dass das, was für das Universum der Zufall ist, im Bereich des Menschen die Spontaneität ist. Es hat sich oft genug gezeigt, dass der Mensch niemals gut fährt, wenn er sich gegen die Natur stellt. Das Glück des Menschen kann überhaupt nur im Einklang mit der Natur, auch mit seiner eigenen, niemals im Kampf gegen diese, gefunden werden. Wir sind leider immer noch negativ geprägt von kulturellen Verhaltensweisen und Denkmustern, die uns jahrhundertelang Anderes gelehrt haben.

Die Freiheit des Menschen besteht nicht darin Dinge vorherzusehen, die geschehen werden, sondern in der Erlaubnis auf jede sich bietende Situation im Leben bestmöglich zu reagieren. Freiheit ist in erster Linie nichts Rechtliches auch nichts Soziales, sondern Psychologisches! Aber das wahre Problem liegt darin, dass die wenigsten Menschen die Freiheit haben immer das Richtige zu tun. Das liegt einerseits an der Erziehung und der Sozialisation, andererseits an den Gewohnheiten, die der Mensch sich angeeignet hat. In diesen liegt die wahre Unfreiheit des Menschen. Nur wer daran arbeitet, das heißt an seinem Inneren, der kann hoffen eines Tages eine größere Reichweite seiner Freiheit zu erreichen. Versuche die rechtliche Situation zu verbessern oder die sozialen Gegebenheiten für die Menschen günstiger zu gestalten, hilft nur sehr wenig. In Wahrheit untermauern sie ja gerade die Opferhaltung des Menschen und machen den einzelnen glauben, es seien vor allem äußere Kräfte, auf die er einwirken müsse, um sein Leben in bessere Bahnen zu lenken.

Wir Menschen machen einen großen Fehler, wenn wir glauben, wir könnten frei sein, ohne dabei die entsprechende Höhe des Charakter erreicht zu haben. Die Freiheit bedeute nämlich auch, dass wir auf die Bestimmtheit des Lebens und unseres persönlichen Schicksal verzichten! Es heißt, dass wir bereit sind völlige Verantwortung, und das heißt wahrhaft zu 100 Prozent, für das Leben zu übernehmen. Die wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung eines Charakters überhaupt ist der Mut. Schon Aristoteles wusste, dass es ohne diese Grundtugend keine anderen Tugenden geben kann. Wir müssen uns ernsthaft fragen, ob wir vielleicht statt Freiheit Gemütlichkeit und Stressfreiheit meinen, was wir wirklich wollen. Ist dem so, dann dürfen wir aber nicht den Begriff „Freiheit“ in den Mund nehmen.

Der Mensch möchte seinem Wesen nach gut sein, doch allzu oft gelingt ihm dies nicht. Schon der Heilige Paulus schrieb in seinen Briefen, dass er nicht das Gute, das er wolle tue, sondern das Böse, das er nicht wolle. Wir sollten deshalb nachsichtiger mit uns selbst und anderen sein, ohne dabei nachlässig zu werden. Die hohen charakterlichen Ideale sind niemals erreichbar, trotzdem dienen sie uns als Kompass, um uns nach dem Rechten auszurichten. „Der Mensch is guat. Nur de Leit san a Gsindl!“, sagte schon Johann Nepomuk Nestroy.

Haben wir den Mut frei zu sein und uns nicht vor dem Unbekannten zu fürchten!

Dienstag, 27. September 2011

Was zählt

Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Wissen, das aus der praktischen Erfahrung erwächst und jenem, das man nur aus Büchern kennt. Die meisten Bücher werden für Leser geschrieben und ein Großteil der erfolgreichen Bücher sind genau jene, die den Menschen sagen, was sie hören wollen, die ihre bereits vorher existierende Meinung bestätigen. Jedoch kann ein Mensch nur aus einem Buch wirklich etwas lernen, bei dem der Schriftsteller sein Herzblut investiert hat, jenseits des Profits. Ein gutes Werk ist eines, das aus dem drängenden Bedürfnis des Künstlers entstanden ist sich der Welt mitzuteilen, völlig ungeachtet dessen, ob sich das Material verkauft oder nicht. Freilich gab und gibt es immer nur sehr wenige Autoren dieses Schlags, aber nur sie konnten zu den ganz großen werden.

Ich habe im Werk „Aus meinem Leben“ des großen Bregenzerwälder Schriftstellers Franz Michael Felder einen amüsante aber überaus treffende Beschreibung der Menschen gefunden, die die Welt nur aus Büchern kennen, die sich aber gerade deshalb für besonders gescheit und dem durchschnittlichen Menschen überlegen finden. Felder selbst galt in seiner Heimat als „Sonderling“ und sein Roman mit demselben Titel weist teilweise auf seine eigene Person hin. Ich will hier nicht näher darauf eingehen und verweise den interessierten Leser auf das genannte Werk.

Das schlimme an unserer Welt heute jedoch ist, dass die Gesellschaft kein Bewusstsein für derartige Dinge hat. Anstatt den Menschen anzusehen und nach seinen Werken zu beurteilen wir den Worten mehr geglaubt als den Taten. So ist es nicht schwer für allerlei Scharlatane Erfolg zu haben und sich durchs Leben mit einigem Erfolg zu schlagen, ohne dass man sie enttarnt und drauf kommt, dass sie im Grunde über keinerlei wirkliche Fähigkeiten verfügen. Und kommt man eines Tages doch drauf, dann ist es zu spät und der Scharlatan ist längst über alle Berge. Wenn die Menschen nicht lernen dem Sein größere Glaubwürdigkeit zuzuerkennen, als dem Schein, sprich in der Regel den Worten, dann werden wir nicht in der Lage sein uns als Gesellschaft weiter zu entwickeln. Was zu früheren Zeiten noch möglich war, wird sich in Zukunft nicht mehr spielen. Die Welt ändert sich rasant. Zwar scheint keiner genau zu wissen wohin es geht, doch eines ist bereits absehbar; die Zukunft wird eine Zeit sein, in der es kaum mehr Geheimnisse geben wird. Das gilt sowohl für den Privaten, als auch für die Öffentlichkeit. Staaten und Unternehmen sind naiv, wenn sie glauben im 21. Jahrhundert immer noch wirksam Geheimnisse wahren zu können. Jede Politik muss auf der Annahme beruhen, dass alles bekannt wird, dass jede Information der ganzen Welt uneingeschränkt zugänglich ist. Wenn man nun diese Annahme berücksichtig, wie viele Unternehmen, wie viele Staaten könnten dann noch wirksam bestehen? Zumindest in der stabilen Form, wie wir sie bisher kannten? Die Antwort darauf können wir uns alle selbst geben.

Es gibt sehr vieles darüber zu sagen, was im Leben zählt und ein kurzer Artikel wie dieser kann dem niemals vollständig genügen. Hier soll nur darauf hingewiesen werden, dass die Beurteilung der Welt immer nur aufgrund dessen, was den Taten entspricht gefällt werden soll, niemals aufgrund der Worte, die gemacht werden. Und am Ende zählt immer nur die Ehrlichkeit. Schon die Bibel sagt, dass nichts verborgen bleiben kann, wer solches glaubt ist mehr als naiv. In diesem Sinne sollten wir uns alle in unserem Leben neu besinnen!

Freitag, 1. Juli 2011

Ritterlichkeit – ein zeitloser Moralkodex

Der Mensch der heutigen Zeit findet sich in einer pluralistischen Welt, die ihm oft mehr Last als Befreiung und Erfüllung ist. Umso schwerer fällt es dem einzelnen für sich selbst ein rechtes Maß zu halten und Prinzipien ausfindig zu machen, anhand derer er sein Leben ausrichten kann. Gerade die Vielfalt der Möglichkeiten wird uns allen oft zum Unheil. Ich will hier deshalb recht kurz einen Kodex darstellen, der zwar seit langem bekannt, aber doch zu jeder Zeit anwendbar ist und es dem einzelnen ermöglich, sowohl ein vernünftiges, als auch ein sinnreiches und erfolgreiches Leben zu führen. Dabei handelt es sich nicht um Regeln, die einem genau vorschreiben würden, wie man handeln soll, sondern die Verantwortung des Menschen berücksichtigen selbständig zu denken, doch im Rahmen von fixen Prinzipien. Wovon ich spreche, das ist der Code der Ritterlichkeit. Der Moralkodex nachdem die abendländischen Ritter ihr Leben lebten. Dieser Kodex ist auch in unserer Zeit das moralisch Beste, was die Menschheit je hervorgebracht hat. In der Folge nun die Prinzipien und jeweils ein kurzer Kommentar dazu. Ich gehe hier nur auf die abendländische Ritterlichkeit ein, wenngleich es auch gute Kodizes aus anderen Kulturkreisen gibt, insbesondere aus Japan, in Form des Hagakure, der Yamamoto Tsunetomo.

1.) Maßhaltung
Ein guter, vernünftig handelnder Mensch hat erkannt, dass das rechte Handeln darin besteht di Exzesse zu vermeiden. Die Bedürfnisse müssen auf vernünftige und taugliche Weise befriedigt werden, ohne dabei sich zu übernehmen. Dieses Gebot schließ den Hedonismus genauso wie die Askese aus. Jedoch gibt es auch Werte, deren Mitte gerade in dem Übermaß besteht, dazu gehört etwa die Liebe, insbesondere die Liebe zu Gott.

2.) Glaube
Das Gebot des Glaubens und der Liebe gehören untrennbar zusammen. Ein Ritter ist ein gläubiger Mensch, niemals kann er ein Atheist oder Agnostiker zu sein.

3.) Zucht
Darunter sind Anstand und Wohlerzogenheit zu verstehen. In diesen Bereich gehört auch die Höflichkeit. Höflichkeit unterstützt die Ehre und zwar auch dann, wenn die Person, mit der man es zu tun hat, selbst nicht höflich ist. Es gibt zwischen Menschen einen Bereich, dem völlig klar ist, dass Höflichkeit das an sich richtige Verhalten ist. Rüpelhaftigkeit mag versuchen sich darüber hinweg zu helfen, doch kein Mann (und auch keine Frau) kann für sich Ehre und auch Selbstwert beanspruchen, der nicht höflich gegenüber dem Mitmenschen ist.

4.) Ehre
Ehre bedeutet Ansehen und Würde. Damit ist eine soziale Eigenschaft gemeint. Niemand hat Ehre an sich, sondern es ist die Bezogenheit auf den anderen, die einem Ehre verschafft. Ehre hat mit Prinzipientreue zu tun und ist unabhängig von Wohlwollen, von der Zu- oder Abneigung der Mitmenschen. Ehre erhält man dadurch, dass man etwas tut, das Achtung abverlangt, selbst von den eigenen Feinden.

5.) Treue
Treue steht in engem Zusammenhang zum vorigen Punkt, der Ehre. Treue heißt einem anderen beizustehen, mit ihm durch dick und dünn zu gehen. Damit ist die Treue unter Freunden ebenso gemeint, wie gegenüber dem Ehepartner. Ein treuer Mensch würde die Ehe niemals brechen, auch würde er niemals auch Oportunitätsgründen die „Fronten“ wechseln, sprich den „König“ zu verlasen.

6.) Hoher Mut
Ein edler Mensch ist kein Pessimist, er weiß, dass sein Leben in einem größeren Zusammenhang steht und glaubt an das grundsätzlich Gute in der Schöpfung. Der Ritter bekämpft das Böse, vertraut darauf aber auf die Kraft, die ihm von ultimativ Guten, Gott, zufließt, denn er weiß, dass er aus sich heraus nichts ist, nur durch Gott ist der Ritter in der Lage Gutes und Edles zu tun.

7.) Demut
Demut verhindert, dass ein Mensch den Bezug zur Realität verliert, vor allem dann, wenn er siegt, wenn er Erfolg hat. Demut sorgt dafür, dass der Ritter sich klar ist, dass Erfolg eine Gnade und kein Recht ist.

8.) Milde
Darunter ist zu verstehen, dass der edle Mensch ein sozialer Mensch ist. Er kümmert sich um seine Mitmenschen, vor allem um jene, denen es schlecht im Leben geht, und das ganze ohne sich mit den Mittellosen gemein zu machen. Er bleibt edel im Geben, sowie er edel im Nehmen ist, ohne in Anspruchsdenken zu verfallen.

9.) Würde / edler Stand
Adel im eigentlichen Sinne ist kein Geburtsrecht, sondern eine Eigenschaft, die einem aufgrund des Verhaltens zueigen wird. Würdevoll kann jeder Mensch sein, auch derjenige, der über keine Macht und keine materillen Ressourcen verfügt. Die Würde des Menschen kommt von seinem Sein, nicht von seinem Haben.

10.) Beständigkeit
Ein Ritter ist verlässlich, er führt zu Ende, was er begonnen hat. Er sagt nicht eine Sache zu dem einen und eine andere zu einem anderen. Man kann sich auf ihn verlassen und er bleibt bei der Sache, zu der er sich verpflichtet hat.

11.) Güte
Der edle Mensch hat einen harten Geist, aber ein weiches Herz, er erbarmt sich seiner Mitmenschen, er tut das Gute und nicht das Böse.

12.) Tapferkeit
Der Ritter ist mutig, er scheut den Konflikt nicht, im Gegenteil, er sucht den Konflikt sogar, wenn dadurch das Gute erreicht werden kann. Der Ritter wünscht den Frieden, aber er weiß, dass es oft der Krieg ist, der der Garant für Frieden ist.

13.) Fleiß und Dienstbereitschaftkeit
Trägheit ist eine der sieben Todsünden. Der edle Mensch ist ein aktiver, ein tätiger, Mensch. Er weiß, dass es seine Aufgabe ist die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Er ist tatkräftig und scheut sich nicht zuzupacken. Freizeit ist zwar nicht unerwünscht, aber die Tätigkeit liegt dem Ritter näher als die Passivität.

14.) Verstand und Weisheit
Der edle Mensch ist nicht nur ein vernunftbegabter Mensch, sondern auch einer, der sich der Vernunft bedient. Insofern folgt er Kants Aufforderung sich seines eigenen Verstandes zu bedienen. Doch er ist kein Aufklärer, nicht weil er diese für schlicht hielte, sondern weil er kennte, dass das naturalistisch-rationalistische Weltbild die Wirklichkeit einschränkt. Der Ritter kümmert sich um die Realität als Ganzes, wozu natürlich der Verstand gehört, aber auch das Gefühl, die Intuition, als auch der Glaube. Weisheit und Wahrheit, nicht das bloße Wissen, sind die Ideale des idealen Menschen.

15.) Schönheit
Der edle Mensch ist ein Dichter und Künstler, er weiß, dass die Entwicklungsachsen des Menschen dreifach sind: die Vernunft, die Liebe und die Kreativität. Gerade in der Kreativität ist ein Ausdruck des Göttlichen, das durch den Menschen wirkt. Der Ritter ist ein Homo sapiens, als auch ein Homo Faber, mit Sicherheit ist er kein Homo Consumens und damit eine Anomalie in der modernen Welt. Doch er bezieht sein Selbstverständnis, den Sinn seines Lebens nicht aus diesem Universum, sondern aus Gott. Und damit ist er seinen Mitmenschen, die im rein Materiellen leben überlegen.

16.) Reichtum
Reichtum bezieht sich weniger auf das Materielle, sondern auf das Ideelle und vor allem das Spirituelle. Wer das Königreich in seinem Inneren gefunden hat, der braucht sich um die Versorgung in der Welt nicht zu sorgen.

Diese 16 Punkte sollen nicht einfach akzeptier werden, sondern sollen durch den eigenen Verstand wandern und reflektiert werden. Man muss sich selbst treu bleiben und nicht von anderen vorschreiben lassen, wie man sein Leben leben soll. Doch eines darf man niemals vergessen: Wenn dieses Universum alles ist, was es gibt, dann ist das Leben absurd, dann gibt es auch keinen Grund zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, doch der Sinn des Lebens leitet sich nur aus dem her, was diese Welt (das Universum) transzendiert. Doch die eigentliche Frage ist, wer heute noch dazu in der Lage ist. Wer ist noch so edel sein Leben in einen größeren (außerkosmischen) Zusammenhang zu stellen? Das ist die Frage, die das Leben an den postmodernen Menschen stellt. Wer kann sie richtig beantworten?

Dienstag, 21. Juni 2011

Die Gefahr menschlicher Überheblichkeit

Es gibt kaum ein größeres Übel, als wenn sich der Mensch selbst für das Maß aller Dinge hält, wenn er glaubt keine Prinzipien und schon gar keine persönliche Macht, die über ihn selbst hinaus geht anerkennen möchte. Die naive Mensch schaut sich die Welt an und glaubt die Dinge, die ihn umgeben zu verstehen und wähnt sich bald als das einzige intelligente Wesen. Er verneint das Vorhandensein von absoluten Werten, von einer umfassenden Erkenntnis von Richtig und Falsch und als Folge dieses Glaubens stellt er ein Dogma aus, das da heißt, dass alle Dinge relativ seien, ohne dabei zu erkennen, dass dann auch diese Aussage selbst relativ sein müsste und damit das Tor zur Absolutheit immer noch so offen ist wie eh und je. Aber, wie jeder denkende Mensch weiß kommt der Hochmut immer vor dem Fall und die Geschichte legt ein beredtes Zeugnis dafür ab. Doch gilt dies nicht nur für die offiziell anerkannte Geschichte, sondern auch für jenen Frühbereich der menschlichen Geschichte, den manche für bloße Legende halten oder die Berichte darüber für reine Metaphern gehalten werden.

Im 11. Kapitel des 1. Buch Mose, der Genesis, lesen wir vom Turmbau zu Babel. Zwar ist den allermeisten Menschen dieser Bericht bekannt, doch die allerwenigsten können heute noch etwas Konkretes damit anfangen und die Lehre, die damit im Zusammenhang steht verstehen. Aber dieses kurze Kapitel der Heiligen Schrift berichtet nicht von einer Nebensächlichkeit der menschlichen Geschichte, sondern behandelt einen ganz zentralen Punkt der menschlichen Gemeinschaft und ihrer politischen und sozialen Bestrebungen. Es wird davon berichtet, dass einst unter allen Menschen die verbale Kommunikation keine Schwierigkeiten bereitet hatte, da alle dieselbe Sprache hatten. Dies ermöglichte natürlich eine leichtere Zusammenarbeit und gemeinsame Projekte ließen sich leichter verwirklichen. Die Menschheit hatte sich gewaltig über den Erdboden vermehrt, so wie es Gott den ersten Menschen aufgetragen hatte, indem er sie dazu aufrief sich zu vermehren und fruchtbar zu sein. Die Menschen befürchteten offenbar bald, dass es ihnen schwer fallen dürfte ihre Einheit zu bewahren, wenn sie nicht sich an einem zentralen Punkt sammelten und ein Symbol ihrer Einheit errichteten. Allem Anschein nach hatten sich viele bereits von ihrem Schöpfer entfernt oder zweifelten gar seine Existenz an. Deshalb schien es notwendig ein irdisches Symbol zu errichten, das
den Menschen als Mittelpunkt der Welt und ihrer Bestrebungen dienen sollte.

Die Bibel berichtet darüber, dass aus gebackenen Lehmziegeln (etwas, das nur für außergewöhnliche Bauten verwendet wurde) und Erdpech (Erdöl, wie auch beim Garten der Semiramis) ein gigantischer Turm errichtet werden sollten. Die Menschen machten sich also im Land Schinar, dem heutigen Irak, daran, dort wo die Stadt Babel (Babylon) errichtet wurde, dieses monumentale Bauwerk (die Spitze sollte bis zum Himmel reichen) zu errichten. Es sollte das Zentrum der Welt sein, der Triumph des Menschen und seiner Genialität. Der Mensch wollte sich damit „einen Namen“ machen, sich selbst loben und über die Elemente triumphieren. Es wird auch ganz klar angegeben, was der Zweck dieses Mammutvorhabens sein soll: Die Verhinderung, dass sich die Menschen über die ganze Welt zerstreuen.

Es ist kaum anzunehmen, dass alle Menschen dieser Konzentration zustimmten. Viel eher dürften die Mächtigen der damaligen Zeit die Menschen direkt oder indirekt dazu gezwungen haben sich in „Cluster“, sprich Megastädten, für die Babel als Synonym steht, zusammenzuballen. Die Menschen suchten die Gemeinschaft miteinander, nicht aus Liebe, nicht im Sinne Gottes, sondern aus einer Notwendigkeit heraus, wie sie Menschen, die gemeinsam einer Katastrophe unterworfen sind heraus. Nicht die Vernunft, nicht die Liebe zum Schöpfer vereinigte sie, sondern die Panik. Die Angst vor der Anarchie vermag nicht einen Gesellschaftsvertrag zu begründen, der wahre Gültigkeit in Anspruch nehmen kann. Was ist ein Gesetz, und sei es eine Verfassung, schon wert, wenn es nur auf dem Menschen beruht? Es lässt sich nicht stichhaltig begründen, warum sich ein Mensch an vom Menschen gemachte Gesetze halten soll! Eine relative Rechtsordnung, eine, die nur auf dem positiven Recht beruht, ist im Grunde überhaupt keine Rechtsordnung und keiner kann endgültig vom einzelnen verlangen solche Normen einzuhalten. Die relative Rechtsordnung ist immer in Gefahr und ihr Fundament ist nichts anderes, als das, was der österreichische Rechtstheoretiker Hans Kelsen als „Grundnorm“ bezeichnet hat. Diese, ist aber kein Gesetz und kein Prinzip, sondern nichts anderes, als die (klägliche) Aufforderung, man solle sich einfach an das Gesetz halten, ohne dies selbst begründen zu können. Kelsen hat damit den radikalen Relativismus in die Rechtsordnung eingelassen und die Jurisprudenz hat den Sündenfall begangen dies zu akzeptieren. Das positive Recht kann und darf von einem vernünftigen und mit Gewissen begabten Menschen niemals als Recht anerkannt werden! Er ist seinem Wesen nach heiße Luft, keine Sache mit Substanz und keiner braucht sich daran zu halten! Vom philosophischen und vom absoluten Standpunkt der Wahrheit her ist die Befolgung solcher Normen nicht zu rechtfertigen!

Im Turm von Babel kommt auch zum Ausdruck, dass der Mensch ein Werk erschaffen wollte, das als Zentrum der Menschheit dienen sollte, ohne dass dabei der Glaube an Gott notwendig gewesen wäre. Wichtig war nur diesen gemeinsamen großen Götzen anzubeten. Ein Götze ist immer eine Erniedrigung des Menschen und der Schöpfung, denn anstatt den wahren Schöpfer, Gott, anzubeten, betet der Mensch etwas an, das er selbst geschaffen hat. Wann immer dies aber geschieht macht der Mensch sich zu weniger, als er selbst ist und die endgültige Folge ist, dass der Mensch zu Tier wird, wie es geschieht, wenn ein Mensch einen anderen Menschen anbetet. Götzendienst besteht immer dort, wo die Schöpfung oder ein Teil davon anbetet. Es ist dies aber nicht nur eine Erniedrigung, sondern auch eine Dummheit, denn wer will schon anbeteten, was weniger ist als er selbst? Alle Menschen sind von Gott geschaffen, alle sind gleich, einen Menschen anzubeten heißt immer irrational zu handelt, aber auch wer ein Geschöpf oder auch das Universum anbetet handelt so, denn alle Planeten, Monde, Sterne und Galaxien wurden für den Menschen alleine geschaffen. Diese anzubeten ist eine Umkehrung der Realität. Über dem Menschen steht nur Gott und deshalb ist auch seine Anbetung nicht nur das einzig Vernünftige sondern auch das einzig Richtige.

Aber Gott hatte im Falle Babel eingegriffen und dem unseligen Treiben der Menschen ein gerechtes Ende gesetzt. Es war dies eine Liebestat Gottes, wie auch die Sintflut eine solche Liebestat gewesen. Denn hätte Gott die Menschen und das Leben auf der Erde vernichtet, hätten die Menschen alles vernichtet und es hätte für uns alle keine Rettung gegeben. Wir sollten deshalb für die frühere Vernichtung der Welt durch die Flut, für die Sprachverwirrung zu Babel und die Zerstörung von Sodom und Gomorra dankbar sein, ohne diese Taten hätten wir heutigen Menschen keine Chance auf das Heil!

Doch wenn wir uns die Welt von heute ansehen, dann gibt es die gleichen Bestrebungen von damals auch heute wieder. Wieder träumen Menschen davon die Welt zu vereinigen, eine globale Kultur der Einheit zu schaffen und den Weltfrieden herbeizuführen. Meine Lieben, wenn einer von Geld spricht, dann hat er meistens Schulden, wenn einer von Essen spricht, dann hat er meistens Hunger und wenn einer von Frieden spricht, dann will er meist den Krieg! Keiner ist so gefährlich wie die Menschen, die ständig vom Frieden, von Harmonie und weltweiter Verständigung sprechen. Der Friede, das heißt, der wahre Friede, ist eine großartige Sache und etwas, das wir uns alle wünschen, doch es gibt auch eine Zeit des Krieges und wir dürfen unsere Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen, Gott der Allmächtige, hat und auf Erden kein Paradies versprochen, es gibt eine Zeit, in der die Schwerter zu Pflugscharen werden, doch zuvor gibt es noch eine Zeit, in der die Pflugscharen zu Schwertern geschmiedet werden (lassen wir uns nicht täuschen, picken wir uns nicht nur die Rosinen aus der Bibel heraus). Die Zeichen der Zeit sind dem Weisen immer bekannt gewesen.

Es gab sogar schon Politiker der Europäischen Union, die mit Hinweis auf das Aussehen des Parlaments in Straßburg (den klassischen Gemälden zum Turm von Babel nicht unähnlich) darauf hinwiesen, dass es zwar damals nicht geglückt sei diese menschliche Einheit zu errichten, dass es ab dieses Mal gelingen würde, völlig vermessen eine neue Ära der Menschenherrschaft propagierten. Bevor die Europäische Union sich ausdehnt und versucht ihre (gottlosen) Werte über die Welt drüber zu stülpen ist es mit Fug und Recht zu sagen, dass es besser wäre das Europa der Nationalstaaten würde wieder auferstehen und der Kontinent würde in einem 1000jährigen Krieg versinken, nach dem Muster wie wir es 1914-18 und 1939-45 erlebt haben, das wäre immer noch das geringere Übel. Der einzige Frieden, der besser ist als der Krieg, das ist ein Frieden, der sich aus Gottes Zustimmung ableitet, alles andere ist höchst suspekt! Pax divina solo pax vera est!

Gott zerstreute die Menschen über die ganze Erde und rettete so nicht nur die Erde, sondern auch den Menschen vor seinem Untergang. Gott hat nie zum Schaden, sondern immer nur zum Nutzen des Menschen gehandelt, und die Verwirrung der Sprachen bildet darin keine Ausnahme. Der Mensch findet keine Einheit, außer im Supranaturalen, alle anderen Bestrebungen haben am Ende nur die Diktatur zur Folge auf die die totale Vernichtung folgt, denn in Wahrheit kann kein Mensch einen anderen Menschen beherrschen, nur der Anschein der Angst kann einem diese Illusion verschaffen.

Babel heißt übrigens Wirrsal und weist damit auf die Verwirrung der Sprachen (und damit der Einheit der Menschen) hin. In der Bibel steht Babel, bzw. Babylon, stets für das Böse, für den Widersacher (Teufel). `Der Teufel reitet den Menschen´, meinte noch Luther doch heute ist es die Verwirrung, die sich wie eine wilde Mustangherde über die Erde ausbreitet, die von niemandem mehr geritten wird und deshalb schlimmer ist, als wenn eine konkrete Person des Bösen, den Menschen `reiten´ würde.

Wann immer es je eine Vereinigung aller Menschen geben sollte, dann darf dies nur unter der Führung des einen Gottes, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs geschehen, dem einzig wahren Gott. Die Lehre, die aus der Geschichte vom Turmbau zu Babel zu ziehen ist, ist jene, dass es keine wahre Gemeinschaft der Menschen, trotz hoher Kultur, geben kann, wenn es keine gemeinsame Ausrichtung der Menschen auf die persönliche transzendentale Schöpferperson, die wir als Gott kennen, gibt!

Schema Israel, Adonai, Elohenu, Adonai echod!

Sonntag, 12. Juni 2011

Der Bruch im Menschen

Wie sich ein Mensch auch immer im äußeren verhalten mag, wie sehr er sich auch bemühen mag ein erfolgreiches und glückliches Aussehen der Welt präsentieren möchte, so kann er doch nicht darüber hinweg in sich selbst eine tiefe Gespaltenheit zu empfinden, eine gravierende Entfremdung zwischen sich und dem anderen, zwischen sich und der Schöpfung als Ganzes. All der materielle Wohlstand, all die Segnungen der modernen Welt tragen dazu bei. Untersuchungen zeigen seit Jahrzehnten, dass das Glücksniveau des Menschen nicht zugenommen hat, auch wenn sich der Reichtum um ein Vierfaches erhöht hat. Die seelische und geistige Not des Menschen ist geblieben und ist eine Konstante durch das ganze Leben hindurch. Fast könnte man sagen, dass die Gebrochenheit des Menschen die Größe ist, die über sein ganzes Leben hinweg am stabilsten bleibt.

Woran liegt das nun? Nun, es gibt sehr viele Erklärungen dafür, angefangen über die Philosophie, die Psychologie und die Soziologie bis hin zu den Geschichtswissenschaften, die alle ihre eigenen Erklärungen für dieses Phänomen haben. Einige sehen in der Arbeitsweise des modernen Menschen die Ursache, andere glauben es seine die sozialen Umständen, wieder andere meinen der Mensch wissen nicht wer er sei und seit ständig auf der Suche nach etwas, das er gar nicht definieren könne, eine Unzufriedenheit, die sich schwer erklären, aber nicht wegleugnen ließe. Der Mensch seit tot und es lebe die Sache, meinte der Humanist Erich Fromm und die humanistische Psychologie, etwa vertreten durch Abraham Maslow, zeigte ein Menschenbild auf, das bestechend schien: der Selbstverwirklichende Mensch, der psychisch gesunde Mensch. Das war in der Mitte des 20. Jahrhunderts, als der Glaube an Fortschritt und die Errungenschaften der modernen Technik unbegrenzt schien. Man glaubte, es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis der Mensch zur totalen Herrschaft über alle Dinge in der Lage sei, bis alles Übel beseitigt sein und für jedes Problem eine Lösung durch Wissenschaft und Forschung gefunden worden sei.

Nachdem der Relativismus die alten Vorstellungen schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts zerstört hatte, einerseits die Relativitätstheorie von Einstein, die Unschärferelation von Heisenberg und die Psychoanalyse von Freude, schien der neu aufkommende Humanismus nach dem Zweiten Weltkrieg den Menschen noch einmal Hoffnung zu machen auf eine bessere Zukunft.

Das alles ist nun erst ein paar Jahrzehnte her. Und was ist seither geschehen? Wir glauben nicht mehr so sehr an den Fortschritt, zu viele „Unfälle“ zu viele Fehlentwicklungen und fatale Irrtümer haben uns gezeigt, dass Wissenschaft und Forschung nicht vermögen dem Menschen sein Heil zu bringen. Wir sind immer skeptischer geworden und manche verfallen in stupiden stumpfen Aberglauben zurück, weil sie in einer skurrilen Rückbesinnung als Altes ihre Rettung suchen. Damit meine ich vor allem die Esoterik und alles, was man im angloamerikanischen Raum unter dem Begriff „New Age“ kenn. Wir haben die Moderne hinter uns gelassen und sind in der Postmoderne angekommen, manche meinen sogar schon in der Post-Post-Moderne. Aber ganz egal, wie man unsere Zeit auch einmal nennen wird, welche Bezeichnung zukünftige Historiker für unsere Ära einmal finden werden, das alte Problem des Menschen, seine Getrenntheit von der Welt bleibt bestehen.

Auch der Humanismus hat versagt und hätte man ihn eindringlicher, das heißt radikaler, bis an die Wurzel, verfolgt, so wäre man schon lange drauf gekommen, dass der Mensch kein Heil im Humanismus finden kann. Der Mensch selbst ist nicht Gott, auch trägt er nicht Gott in sich, er ermangelt völlig des Heils und ist nicht in der Lage sich selbst je heil zu machen. Das gilt sowohl für das Individuum, als auch für das Kollektiv. Es gibt weder ein Heil durch die Gesellschaft, wie die säkularen Heilsreligionen des 19. und 20. Jahrhunderts glaubten, als auch kein Heil durch das Individuum. Doch was bleibt uns dann noch offen?

Der Mensch hat offensichtlich ein Bedürfnis, das durch nichts in der Welt befriedigt werden kann, es ist dieses Bedürfnis nach etwas Höherem, etwas, das über das Rationale und Naturalistische hinausgeht. Aber macht ein solches Bedürfnis Sinn? Ist es nicht eine Illusion an ein solches Bedürfnis oder an die Möglichkeit seiner Befriedigung zu glauben? Ganz und gar nicht! Wir unterstellen keinem sonstigen Bedürfnis, dass es sinnlos ist. Wenn wir Hunger haben, steht dem Nahrung bereit, bei sozialen Bedürfnissen gibt es unsere Mitmenschen und beim Bedürfnis die Welt zu verstehen haben wir unsere Sinn und unseren Verstand zu verfügen. Jedem Bedürfnis entspricht auch ein taugliches Mittel zur Befriedigung. Dem Bedürfnis nach dem Transzendenten steht die Welt als „Sprungbrett“ zur Verfügung. In der Welt selbst, aber auch im Inneren des Menschen gibt es jedoch nichts, was dieses Bedürfnis erfüllen kann. Wie wäre es, wenn wir einsähen, dass dieses Bedürfnis auf das tatsächliche Vorhandensein einer persönlichen Schöpfergestalt, wie wir sie in Gott erkennen, hinweist? Denn wie der Gläubige bezeugen kann ist Gott die ideale Erfüllung dieses Bedürfnisses und zwar nicht als Illusion oder Gestalt, die der Mensch sich selbst schafft, sondern auf eine reale, persönliche Entität, so wie sie die Bibel beschreibt.

Wie auch immer, was bleibt ist, dass der Mensch aus sich selbst nicht zum Heil gelangen kann und dass alle Versuche in diese Richtung zum Scheitern verurteilt sind. Die Gebrochenheit des Menschen ist kein Unfall, ist keine Anomalie, sondern ist seine Natur. Aus dieser kann er nicht heraus. Der Mensch spürt diese Trennung, doch er verwendet meist untaugliche Mittel, um damit fertig zu werden: Psychotherapie, Meditation, Lustbefriedigung, soziale Anerkennung etc. Der Mensch ist von seinem Schöpfer getrennt. Diese Trennung nennt die Bibel Sünde. Der Mensch kann aus sich heraus keine Befreiung erlangen, er ist sündhaft und ermangelt des Guten. Keiner verdient das Gute, nicht einer, durch kein Werk kann einer erlöst werden, nur durch die Gnade alleine.

Jeder Mensch ist ein Zeugnis dafür, dass die Erbsünde real ist und existiert seit es Menschen auf der Welt gibt. Sie ist eine Realität und keine theologische Erfindung. Alle Menschen sind Sünder und keiner kann sich retten, keiner kann sich davon befreien. Es ist ein reine Gnade, wenn dies durch Gott, durch Jesus Christus, geschieht. Erkennen wir unsere wahre Natur! Erkennen wird, dass der Mensch ein Sünder ist, von Anfang an, nur so kann die Rettung erfolgen! Metanoia tot Not!

Mittwoch, 1. Juni 2011

Gott zu folgen heißt radikal zu sein

Wir leben in Zeiten, in denen gerade im Westen (in den meisten Regionen der Welt ist es anders) die Religion zu einer milden Philanthropie herabgewürdigt wurde. Anstatt die Wahrheit zu vertreten, geht es vermehrt darum zu gefallen, beliebt und populär zu sein, den Menschen zu sagen, was sie hören wollen. Doch wahre Religion ist radikal, ist aufwühlend, ist ein Stein des Anstoßes, ist ein Stachel im Fleisch der selbstgefälligen und selbstgenügsamen Masse! Richtig und falsch sind nicht verhandelbar, sind nicht den Umständen und nicht der Zeit unterworfen. In der Bibel steht, man solle die Dinge prüfen und das Gute behalten. Das Gute soll man behalten, nicht das, was einem gefällt, was beliebt! Heute wird dies aber oft genau so gehandhabt, dass man sich aussuchen könne, was einem gefiele und das sei dann auch das Gute. Der Mensch macht sich selbst zu Maßstab für richtig und falsch und dies ist ein Größenwahn, eine Vermessenheit, die nicht zum Heil, sondern zum Unglück führt. Im Grunde müsste man dies aus der Erfahrung der Geschichte erkennen, denn dies ist seit uralten Zeiten hinreichend belegt, doch aus der Geschichte lernen allenfalls immer nur einzelne, nicht jedoch die Menschheit als Ganzes.

Es ist richtig, dass die meisten Götter, die die Menschen in der Geschichte angebetet hatten, Projektionen ihrer eigenen Wünsche, Ängste und Befürchtungen waren, Gestalten, die im menschlichen Geist entstanden und nirgendwo sonst. So sind die Götter der Antike, wie etwa Zeus, Ares, Poseidon oder Aphrodite, nichts weiter als Gestalten mit menschlichen Charakterzügen und Aussehen, die mit größerer Macht und Fähigkeiten ausgestattet wurden, als der Mensch, dem Menschen aber sehr ähnlich waren. Allmählich verblassten diese Götter im Leben der Menschen, wurden von immer mehr Leuten als menschliche Schöpfungen enttarnt und wurde dadurch nicht selten zum Gespött. Beim Gott der Bibel, dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, handelt es sich jedoch nicht um eine solche Menschenschöpfung. Gott ist eben kein abstrakter Begriff, keine metaphysische Idee. JHWH ist eben kein Gottesbegriff, einer Konstruktion des menschlichen Geistes, der die Möglichkeit der freiwilligen Selbstsuspension der Vernunft nicht kennt. Der Gottesbegriff ist nur ein Scheingebilde des Glaubens, etwas das dem menschlichen Verstand selbst unterliegt und deshalb nie größer sein kann als der Mensch selbst. Wer Gott als Begriff sieht, der kann ihn nicht achten und nicht lieben und er hat es niemals mit dem wahren, real existierenden Gott zu tun. Wer den Begriff studiert kommt bald zur Überzeugung, dass Gott ziemlich klein sein muss und ein solcher Gott wäre die Anbetung nicht wert. Wer Gott nur als Begriff des eigenen Denkens sieht, kann keine Beziehung zu ihm haben, eine Abstraktion ist keine Person und eine Beziehung dazu wäre Selbstbetrug, kein solcher Mensch könnte authentisch an seinem Projekt „Leben“ arbeiten, er müsste dazu sich selbst verleugnen, er müsste immer das Gefühl haben mit einer Lüge zu leben und folglich wäre eine Menge an Anstrengung notwendig, um einen Glauben an ein solches „Luftgespenst“, das er Gott nennt aufzubringen.

Ganz anders verhält es sich bei JHWH. Hier hat der Glaubende es mit einem wirklichen Gott zu tun, einer, der sich auch in der Geschichte der Menschen zeigt, der sich ein Volk auserwählt und ihm real zur Seite steht, nicht als ein geistiger Beistand, der einem doch in realer Not nicht helfen könnte, nein! Gott ist da, sogar in körperlicher Gestalt, wie wir am Auszug der Kinder Israels aus Ägypten sehen können. Freilich darf die Erscheinung Gottes und das, was der Mensch von ihm erkennen und verstehen kann, nicht als Gott in seiner Gesamtheit verstanden werden. Trotzdem sind die Dinge, die er uns über sich offenbart hat wahr und wir dürfen deshalb nicht Dinge behaupten, die dieser Offenbarung eindeutig widersprechen. Was wir von Gott mitgeteilt bekommen haben entspricht der Wahrheit, doch Gott in seiner Gesamtheit geht darüber hinaus und davon wissen wir nichts. Doch eines ist gewiss: Gott hat einen Namen: JHWH (es sind dies die einzigen Buchstaben seines Namens, die wir kennen, denn das Hebräische kennt keine Vokale und so hat es seit der Zerstörung des Tempels in Jerusalem 70 n. Chr. niemanden mehr gegeben, der den Namen kannte – nur der Hohepriester kannte ihn durfte ihn zu Yom-Kippur im Allerheiligsten laut aussprechen). Durch diesen Namen bezeugt Gott, dass er eine reale Person und nicht eine Abstraktion, eine Kraft, die Schöpfung selbst oder eine Kraft oder ein Prinzip hinter der Schöpfung ist (wie etwa eine Quelle allen Seins).

Kein Glaube darf durch die Sinneswahrnehmung oder durch den Verstand begrenzt werden. Wer beim Verstand die Grenze ansetzt, der kann niemals eine Gotteserfahrung haben und kann nicht ein wahrer Gläubiger genannt werden, denn er selbst setzt den Maßstab. Ein Selbstverzicht der Vernunft ist aber immer notwendig, um wahren Glauben zu erlagen. Nur der Stolz des Menschen lässt diesen Selbstverzicht oft nicht zu. Deshalb darf eine Auslegung der Bibel auch nicht „vernünftig“ sein, sie muss weit darüber hinausgehen. So etwas die bei den Wundern, die Jesus vollbracht hat. Wunder sind Dinge, die der Lebenserfahrung widersprechen (zumindest ist dies bei den meisten Menschen der Fall), wir haben auch keine rationale Erklärung dafür, wie sie geschehen können, der Prozess ist durch unseren Verstand nicht nachvollziehbar. Daraus ergibt sich leicht der Schluss, dass es Wunder nicht geben könne. Dies ist aber im Grunde eine arrogante Position des Menschen, denn, dass jemand etwas noch nie gesehen hat und auch niemanden kennt, der dies hat, noch nachvollziehen kann, wie etwas geschehen kann, bedeutet in Bezug auf die Wahrheit gar nichts. Deshalb ist eine Sache nicht nicht wahr. Das wird aber leider oft vergessen. Wenn also etwa die Frage auftaucht, ob einer glaubt, dass Jesus tatsächlich etwa 20 – 25000 Menschen (5000 Männer sind genannt, es befanden sich bei ihnen aber auch ihre Familien, die nicht ausdrücklich genannt werden) mit zwei Broten und fünf Fischen satt gemacht hat, dann muss die Antwort des Gläubigen eindeutig „Ja“ lauten. Denn ansonsten geschieht die Beurteilung nicht aufgrund des Glaubens, sondern aufgrund des eigenen Geistes, der es sich nicht vorstellen kann. Heutzutage kommt dieses Verhalten aber sehr häufig vor, auch unter den Leuten die sich Christen nennen. Der Glaube aber hat das Recht die Ansprüche des systematischen Denkens zu verletzten. Das ist die zugrunde liegende Entscheidung, die man treffen muss, um wahrhaft glauben zu können.

Für das Leben in der Praxis hat dies gewaltige Folgen. Es bedeutet nämlich die Wahrheit rein zu vertreten, ohne Kompromisse einzugehen, auch wenn man keine Zustimmung erhält, wenn man geschmäht und verspottet wird. Eine milde Philanthropie ist kein Christentum, ist nicht das, was Gott von uns möchte. Jesus war auch kein netter, weiser Mann. Er war alles andere als „nett“, „lieb“ und „gefällig“, er hat auch niemals so wie ein „weiser Mann“ gehandelt, der mit einem erhabenen Lächeln auf den Lippen die Menschen sanft zum rechten Handeln ermahnt. Nein, er war radikal, so radikal, dass er für die Wahrheit sogar sein Leben hingab, sprach Tacheles, Sünde wurde Sünde genannt, Gut und Böse absolut und messerscharf unterschieden, sowohl von Himmel und Hölle hat er gesprochen. Dies sind tiefe Wahrheiten, die heute unangenehm geworden sind, doch ohne sie läuft die Menschheit ins Verderben. Man tut den Menschen nichts Gutes, wenn man sie schont und ihnen sagt, was sie hören wollen. Ein echter Christ ist immer radikal und opferbereit, nicht um des Opfers selbst willen, sondern um Gottes und der Menschen Rettung willen.

Sören Kierkegaard hat dies richtig gesehen und die Kirchenleute (die dänische Amtskirche) seiner Zeit scharf kritisiert, denn Jesus nachzufolgen heißt ein „Kreuz auf sich zu nehmen“ und nicht gefällig und beliebt zu sein, nicht nach dem Applaus der Welt zu gieren und „everybody’s darling“ zu sein. Gott zu folgen braucht Mut und Überzeugung, die Bereitschaft das Richtige zu tun, der Wahrheit zu dienen und sich keiner Gewalt, außer jener Gottes, zu beugen. Man darf niemals vergessen, wer Gott als seinen Herrn hat, der kann keinen irdischen Herrn annehmen, ein solcher Mensch ist frei von den Menschen und den Umständen der Welt. Diesem Ideal muss das Christentum wieder nacheifern, dann erhält es auch wieder den Respekt den es verdient. Der Christ soll einen harten Geist und ein weiches Herz haben. Danach sollten wir alle streben!

Montag, 14. März 2011

Was macht ein vollkommenes Leben aus?

Jeder Mensch möchte glücklich sein, möchte, dass ein Leben eine Bedeutung hat und nach Möglichkeit versucht auch jeder Spuren zu hinterlassen, die im großen Getriebe dieser Welt sichtbar sein sollen. Der große Psychologe und Psychiater der „Humanistischen Psychologie“ Abraham Maslow hat dazu bereits in den 50er und 60er Jahres des 20. Jahrhunderts bahnbrechende Erkenntnisse geliefert, die seither nicht durch ersetzt werden konnten durch eine andere Sichtweise. Leider hat sich der Optimismus dieser Zeit nicht über die Jahrtausendwende hinweg retten können und ein Pessimismus, eine Gravitation des „Bösen“ hat sich darüber gelagert, die uns alle in den Abgrund zieht. Doch sollten wir alle daran arbeiten die Welt zu eine besseren Ort zu machen, ungeachtet dessen, was um uns herum auch Negatives geschieht (was keinesfalls verneint werden sollte). Denn ohne positive Sicht der Dinge in der Zukunft hat die Welt und die Menschheit keine Chance! Maslow stellt zur Untermauerung seiner Thesen 8 Punkte von sogenannten „Selbstverwirklichenden Menschen“ auf, dazu 10 Prinzipien, auf denen eine positive Psychologie beruhen müsse. Ich möchte im Folgenden diese vorstellen. Ich möchte dies nur ganz kurz darstellen, ohne vieler Worte zu machen und eine lange Erklärung dafür zu geben:

Die acht Punkte, der Befreiung, bzw. der Anforderungen, um ein „Selbstverwirklichender Mensch zu werden).

1.) Die Dinge im Leben bewusst erleben, sich der Welt öffnen und dafür sorgen, dass man viele verschiedene lebendige Erfahrungen macht. Lebe ganz im Hier und Jetzt! Dazu muss man aber die Angst in sich besiegen, denn ansonsten ist man zu sehr auf die eigenen Gedanken fokussiert und kann die Welt um sich herum nur teilweise wahrnehmen.
2.) Das Leben ist ein ständiger Kampf zwischen Sicherheit und Wachstum. Triff mindestens ein dutzend Mal am Tag die Entscheidung dich für das Wachstum zu entscheiden. Tue etwas Neues, etwas, das dich aus der Komfortzone herausbringt. Was gibt einem die meiste Befriedigung im Leben? In dieser Richtung liegt auch das Wachstum.
3.) Verlass dich auf dich selbst, nicht darauf, was andere von dir wollen, dass du fühlst oder denkst. Sei dir selbst treu!
4.) Sei im Zweifel ehrlich. Übernimm volle Verantwortung für dein Leben. Selbstverwirkung kommt durch die Konzentration auf die helle Seite des menschlichen Wesens, nicht auf die dunkle.
5.) Höre auf deinen eigenen Geschmack. Sei darauf vorbereitet unpopulär zu sein. Für Popularität bezahlt man oft einen zu hohen Preis. Sei dir selber treu, auch wenn keiner dir zustimmt.
6.) Verwende deine eigene Intelligenz. Schau, dass du die Dinge, die du tun willst gut machst. Verwende deinen Verstand dazu die geliebten Dinge gut auszuführen. Wenn man Dinge nur halbherzig tut, dann erntet man auch nur halbherzige Resultate. Tu das beste, was du kannst, im Rahmen aller Möglichkeiten, die du hast!
7.) Lerne, was du kannst, und was du nicht kannst. Dann schaue darauf, dass du häufiger Spitzenerlebnisse erlebst. Deshalb muss man sich auf seine natürlichen Talente konzentrieren. 8.) Finde heraus wer du bist - Selbsterkenntnis! Was ist deine Berufung? Was ist deine Mission? Dann entwickle den Mut, diese auch umzusetzen.

Die zehn Prinzipien, auf denen die humanistische Psychologie nach Abraham Maslow beruht:

1.) Optimismus: Die Annahme, das sich die Dinge eher zum Guten, als zum Schlechten entwickeln werden, dass allem im Grunde etwas Gutes zugrunde liegt und dass das Böse viel mehr ein Irrtum, als eine wirkliche Entität im Universum ist. Und wenn es doch so sein sollte, dass die Zukunft davon abhängt, dass wir uns den Aufbauenden, den Konstruktiven Kräften verschreiben, als jenen, die zerstören und vernichten wollen.
2.) Sinn: Alles im Universum hat einen Sinn, nichts ist sinnlos, nichts ist zufällig so, wie es ist. Die stellt das Leben in einen größeren Zusammenhang und gibt Hoffnung auf dein gutes Ende, all dessen, was wir Dasein nennen.
3.) Selbstbewusstsein: Das einzelne Individuum sollte sich seiner selbst bewusst sein und nicht einfach nur, wie ein Automat in der Welt handelt. Es ist wichtig, dass der einzelne weiß, was er tut und dies auch bewusst tut.
4.) Ziele: Alles steuert einem Endziel zu, alles hat Sinn. Was wir tun, tun wir nicht einfach aus sich selbst heraus, sondern mit einer ganz bestimmten Absicht, die sich in ein größeres Ganzes fügt, so dass am Ende alles „gut“ wird.
5.) Aktivität: Anstatt passiv die Dinge geschehen zu lassen, wird der schöpferische Mensch es seinem „Vater“ gleich tun und aktiv in der Welt handeln, um sie zu einem besseren Ort zu machen. Dabei spielt weniger der persönliche Vorteil, als viel mehr das Wohl aller die entscheidende Rolle.
6.) Energie: Selbstverwirklichende Menschen verfügen über ein enormes Maß an Energie und lassen sich nicht von temporären Befindlichkeiten in ihrem Handeln einschränken.
7.) Weisheit: Hier geht es nicht um Klugheit oder Wissen, welches man an Schulen und Universitäten erwerben kann, sondern viel mehr um die Einsicht in den tiefen Grund aller Dinge. Weise zu sein heißt die Dinge zu verstehen, wie sie wirklich sind und nicht so, wie sie (auch durch den Verstand) erscheinen.
8.) Mut: Schon Aristoteles hielt den Mut für die Voraussetzung allen ethischen Handelns. Denn wer nicht mutig ist, der kann auch nicht gut handeln, er ist einfach zu feige dazu. Mut ist deshalb unumgänglich, um ein rechtes Leben zu führen.
9.) Liebe: Liebe zu sich selbst, den Mitmenschen und allem Sein, das ist es, was die treibende Kraft hinter allem ist. Gott ist die Liebe und wer liebt, der ist in Gott, im Grunde ist es recht einfach, wie alle großen Dinge. Doch die Welt weiß nicht davon, deshalb all das menschliche Drama.
10.) Ethos: Der Geist, Gott. Niemand der etwas Größeres als den Menschen und seinen Verstand selbst akzeptiert, wir je zur Vollkommenheit gelangen.


Ich hoffen mit diesem Beitrag den einen oder anderen dazu angeregt zu haben über sein eigenes Wesen und das Wesen seiner Mitmenschen tiefer nachzudenken. Ich wünsche Euch allen eine schöne Woche (auch wenn Japan sich gerade am Rande des Abgrundes befindet und unsere Gedanken bei unseren japanischen Mitbrüdern ist). Möge die Welt ihren Frieden finden!

Freitag, 4. März 2011

Die rechte Art von Humor

Wenn es um den Humor geht, dann können wir davon unter den Menschen recht verschiedene Formen beobachten. Die Art, wie einer lacht und mehr noch, welche Dinge ihn zum Lachen bringen, geben einen profunden Einblick in die Geisteshaltung und die Weltanschauung der entsprechenden Person. Man kann an der Art des Humors auch viel von der psychischen Gesundheit eines Menschen erkennen. Ich habe auf diesem Blog schon oft über den Zustand des „normalen“, angepassten Bürgers geschrieben und meinen Lesern ist dadurch auch bekannt geworden, dass ich diese Personen für „krank“ halte, nicht in dem Sinne, dass sie unbedingt einer Behandlung bedürften, sondern dergestalt, dass sie nicht ihr volles Potenzial entfalten können, da diesem zu viel im Wege steht. Insofern betrachte ich alles als „pathologisch“, was dem entgegensteht, was Abraham Maslow als „Selbstverwirklichung“ bezeichnete.

Viele Menschen, es ist sogar die Mehrheit, lieben es Witze zu hören, die darauf aufbauen, dass ein bestimmter Mensch oder eine ganze Gruppe von Menschen als über- oder unterlegen dargestellt wird. Viele Witze sind feindseliger Natur und beruhen darauf, dass ein anderer verletzt wird. Es ist erstaunlich, wie viele Witze darauf aufbauen, dass jemand sich anderen überlegen fühlen kann (meist der Witzerzähler selbst und seine Zuhörer). Nicht selten wird gerade in Kreisen von Spöttern diese „Überlegenheit“ zelebriert. Dieses Verhalten weist eindeutig auf einen mangelhaften Charakter hin, niemand, der die Würde des Menschen in vollem Umfange achtet, würde einen anderen erniedrigen, selbst dann nicht, wenn dieser sich ungeschickt oder in machen Fällen wahrhaft dumm verhalten hat.

Darüber hinaus stellen viele Witze auch eine Rebellion gegen die Autorität dar. Meist handelt es sich dabei um solche, die ödipaler oder schmutziger Natur sind. Gerade die Sexualität und alles was damit zusammen hängt. Gerade der intimste Bereich es menschlichen Lebens wird oft schamlos ausgebeutet und in den Dreck gezogen. („Herrenwitze“ etc.). Kein Wunder, dass so viele Menschen sich peinlich berührt davon fühlen.

Der wirklich gesunde Mensch hingegen, pflegt mehr den Humor des Philosophen, der sich eher über die Menschheit im allgemeinen oder auch über sich selbst lustig macht, ohne dabei masochistisch zu sein oder die Rolle eines Clowns zu übernehmen. Der Witz eines Gesunden gleicht mehr einer Fabel oder eine Parabel und reicht über das Gewöhnliche des Lebens hinaus, behält sich dabei aber immer eine gewisse Leichtigkeit, die den wirklich großen Philosophen auszeichnet, der selbst über seine eigene, zutiefst vertretene, Weltsicht noch schmunzeln kann (es versteht sich wohl von selbst, dass etwa Nietzsche oder Schoppenhauer nicht zu dieser Art von Philosophen gehörten). Es ist der gesunde Witz einer, der die Menschen eint und nicht entzweit, der ein Gefühl der Verbundenheit herstellt und nicht eine Gruppe oder Individuen gegen einander ausspielt. Witze, die nicht verletzen. Gesunde Menschen werden kaum von Gassenhauern, Treppenwitzen, Witzbüchern oder dem Humor, der schallendes Gelächter auslöst, angezogen werden.

Ich halte persönlich auch den „jüdischen“ Witz für einen sehr gesunden, gerade jener, der sich in Wien gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die jüdische Gemeinde hat sich immer schon dadurch ausgezeichnet, dass sie den Witz als Mittel zur Lebensbewältigung einsetzte und so das schwere Schicksal erträglicher machten und das ganze so, dass niemand wirklich verletzt wurde (abgesehen von besonders reaktiven Personen, die ohnehin nicht die geringste Anspielung auf die eigene Person ertragen können). Dazu ein Beispiel eines jüdischen Witzes: „Was ist der Unterschied zwischen einer jüdischen Mutter und einem Terroristen? – Mit einem Terroristen kann man verhandeln“ oder „Ein armer Jude bettelt am Sonntag vor einer Kirche. Keiner gibt ihm etwas, da er Jude ist und alle dies auch deutlich erkennen können. Dann holt er einen Zettel aus seiner Tasche, hält ihn vor seine Brust und plötzlich geben ihm die Kirchgänger so viel Geld, so dass sein Hut bald prall gefüllt ist. Was stand auf dem Zettel? - `Von Juden nehme ich kein Geld!´“.

Unter Psychologen gibt es die Ansicht, die nicht selten vertreten wird, und ich selbst halte sie bis zu einem gewissen Grad für zutreffen, nämlich dass die Befreiung des Menschen über das Lachen führe. Lachen ist eine hervorragende Art sich von seelischem Druck zu befreien. Wer lachen kann, der ist schon auf dem Weg der Besserung. Es ist sogar erwiesen, dass Lachen dazu beitragen kann nicht nur die subjektive Lebensqualität zu steigern, sondern auch die physische Gesundheit.

Es gibt allerdings auch skurrile Formen des Lachens. So existieren Gruppen, und das war über eine gewisse Zeit hinweg sogar ein Trend, die sich trafen und absichtlich Lachorgien veranstalteten, um sich besser zu fühlen. Manche glauben sogar, sie könnten sich ihre Lebensprobleme, in manchen Fällen sogar schlimme Depressionen, „weglachen“. Aber über derartige Dinge braucht ein vernünftiger Mensch sich nicht den Kopf zu zerbrechen.

Aber Lachen kann auch sehr gefährlich sein, vor allem, wenn man sich am falschen Ort und in der falschen Zeit befindet. Es ist typisch für Diktatoren und alle Menschen, die andere als Objekte gebrauchen oder zu Befriedigung ihrer eigenen Machtgelüste gebrauchen wollen, dass sie kaum etwas so hassen, wie die Witze, die über sie gemacht werden. Macht wird sehr oft durch Humor angegriffen. Schon im alten China verschafften sich die Kaiser dadurch Respekt, dass sie all jene, die über sich lachten, ohne eine Sekunde zu zögern, töten ließen. Sun Tzu, der Autor des berühmen „Die Kunst des Krieges“ lieferte dem Kaiser selbst eine Demonstration, in dem er zeigte, wie man sich unter ungehorsamen Soldaten Respekt verschaffen müsse. Er ließ dazu die Frauen des kaiserlichen Harems in militärischer Manier Aufstellung nehmen und erteilte entsprechende Befehle. Als die Konkubinen, die als Anführerinnen ausgesucht worden waren, zu lachen begannen (es waren die Favoritinnen des Kaisers), anstatt sich wie Soldaten zu benehmen, ließ Sun Tzu sie hinrichten. Von dem Zeitpunkt an hatte keine der Haremsdamen mehr gelacht und sie gehorchten fortan bedingungslos allen Befehlen.
Heutzutage haben wir, im Falle, dass wir uns über die Politik und die Mächtigen lustig machen nicht solche Konsequenzen zu erwarten. Doch die Ressentiments, die dadurch erzeugt werden sind nicht geringer – lassen wir uns nicht täuschen. Deshalb hat Robert Greene in seinem Bestseller „Die 48 Gesetze der Macht“ auch als erstes dieser 48 Gesetze jenes mit dem Titel „Stelle niemals den Meister in den Schatten“ gewählt. Mehr noch, als den Meister in den Schatten zu stellen, ist die Satire, der Witz, den man über ihn reißt ein Fauxpas, der einem kaum verziehen wird, sei es im privaten oder im beruflichen oder politischen Bereich. Auf der anderen Seite gilt aber auch, dass die Menschen zwar über Kabarettisten und Komiker lachen, dass sie jedoch weise genug sind, solche nicht selbst in machtvolle Positionen zu heben. Komiker bleiben ihr Leben lang in gewisser Weise „Verlierer“ (wobei manche auch dadurch "gewinnen" können, indem sie "verliere"), Humor und Autorität sind nicht selten Gegensätze und, wenn einer Macht erlagen will ist Humor nur in homöopathischen Dosen zu verbreiten. In erster Linie hat man dabei ernsthaft und würdevoll zu sein. Würde und Humor sind Gegensatzpaare und beide zu vereinen ist nicht leicht. Am besten konnte wahrscheinlich Abraham Lincoln beide vereinen. Seine Art von Humor war nicht verletzend, der Witz kam nicht aus derunteren Schublade und er ließ vor allem nicht einen anderen den Preis für das Amüsement bezahlen. Solche Menschen sind jedoch sehr selten und vom durchschnittlichen, das heißt, vom „normalen“ Menschen, werden diese Menschen mit „philosophischem“ Humor meist als kalt und nüchtern betrachtet. Dabei liegt ihr Humor tiefen in ihrem Wesen begründet und konzentriert sich nicht auf Oberflächlichkeit, ja meist wird er davon sogar abgestoßen. Der gewöhnliche Mensch hält den gesunden Zeitgenossen meist für wenig humorlos, da er nicht lacht „worüber alle lachen“.

Ich möchte hier noch ein kleines Beispiel für einen Witz geben, den ich für gesund halte: Ein Mann sagt: ´Ich weiß gar nicht, was die Leute immer haben, Chinesisch kann doch gar nicht so schwer sein? In China sprechen es ja schon die kleinen Kinder.“´

Montag, 28. Februar 2011

Revolution!

In den letzten Tagen und Wochen hat die Welt gebannt auf die arabische Welt, vornehmlich nach Nordafrika, geblickt. Regime, die über Jahrzehnte lang, scheinbar stabil, existiert haben, sind innerhalb kürzester Zeit verschwunden und machten einer Zukunft Platz, die für uns alle erst im Entstehen begriffen ist und niemand zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen kann, wie sich die Dinge weiter entwickeln werden. Anfang Februar ist Präsident Mubarak, der Ägypten 30 Jahre lang autoritär regiert hatte (und den Ausnahmezustand seit Saddats Ermordung niemals aufhob), gezwungenermaßen zurückgetreten. Doch wie die Zukunft aussieht, ist bislang noch ungewiss. Der Westen hofft natürlich auf eine demokratische Wende, doch sollte er sich dessen nicht so sicher sein. Man darf niemals die Imponderabilien vergessen, die ein typisches Kennzeichen einer Revolution sind. Es war von der Europäischen Union nicht unklug, vorerst keine klare Stellung zu beziehen. Schließlich weiß man aus der Geschichte, dass bei einer Revolution nicht diejenigen zählen, die eine solche beginnen, sondern diejenigen, die sie beenden. Das war schon vor über 200 Jahren bei der Französischen Revolution so. Es waren nicht die Generalstände, auch nicht die radikalen und nicht einmal die gemäßigten Jakobiner, die die Revolution endgültigen beendeten, sondern der General Napoleon Bonaparte. Aber wer hätte dies noch ein paar Jahre vor dessen Amtsantritt als Konsul und kurz darauf als Kaiser der Franzosen, vorausgesehen. Nein, in solchen Zeiten ist es ratsam sich zurückzuhalten, zu beobachten und seine Schlüsse zu ziehen, die vorerst geheim gehalten werden sollen (als gute historische Beispiele dienen Talleyand und Fouchè).

Die arabische Welt hat in den letzten Wochen sicher erfolgreich einen Befreiungsschlag gewagt, der in absehbarer Zeit auch zum Ende des libyschen Regime unter Gaddafi führen dürfte – das scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch was kommt danach? Das ist die Frage, die für die Menschen außerhalb der Region das Entscheidende ist. Libyen lieferte bisher 1,6 Mio. Barrel Rohöl pro Tag. Das ist beträchtlich, doch auch ein Totalausfall des Landes ist für die Welt verkraftbar (der Tagesverbrauch der Welt beträgt zurzeit etwa 88 Mio. Barrel) auch wenn es lokal einige Energieversorgen nicht unerheblich treffen könnte (die OMV bezieht etwa 10 Prozent ihres Erdöls aus Libyen, was zurzeit auf quasi Null reduziert wurde). Der Ölpreis hat in den letzten Tag ordentlich angezogen und liegt nun bei knapp unter 110 Dollar pro Barrel. Im Jahr 2008 stand er Ölpreis (vor allem aufgrund von Spekulationen und noch vor der Finanzkrise) auf fast 150 Dollar). Ich wage hier mal einen Tipp: Der Bezinpreis für Superbezin wird binnen zwei Wochen auf über 1,5 Euro steigen.
Sollte die Krise auf Saudi Arabien übergreifen, dann hat die Welt ein enormes Problem. Zurzeit ist dies jedoch noch nicht zu befürchten, auch im Iran gibt es noch keine Anzeichen für einen Volksaustand, lediglich im Jemen und in Bahrain gibt es Aufstände, die jedoch relative friedlich beigelegt wurden, beziehungsweise unter Kontrolle zu sein scheinen.

Längerfristig jedoch ist mit großen Unruhen im gesamten arabischen Raum zu rechnen und es wäre eine Illusion des Westens, wenn er glaubte, dass die Welt einer Ordnung zustimmen würde wie bisher. Vor allem die USA werden sich einschränken müssen, auch die Europäische Union wird sich darauf einzustellen haben nicht mehr dieses Gewicht in der Welt zu haben, wie sie es bisher genoss. Es ist im allgemeinen zu begrüßen, wenn die lokalen Bevölkerungen sich stärker zeigen und sich einer globalen Dominanz entziehen. Eine globalisierte Welt an sich ist nicht schlecht, doch sollte es so etwas wie zu große Machtzentren nicht geben. Lokale Kontrolle ist extrem wichtig in einer Welt, die immer mehr zusammen wächst, und es ist insbesondere darauf zu achten, dass es niemals eine „Weltregierung“ beziehungsweise eine „Weltreligion“ gibt. Zwar mag dies beides verführerisch klingen, doch im Ergebnis würde darunter die Welt sehr zu leiden haben.

Eine andere Frage, die sich mir bei der Beobachtung der arabischen Volker in diesen Tagen stellt, ist jene, ob dieser Kampfgeist, diese Engagement auch heute noch bei den Völkern in Europa und Amerika vorhanden wäre. Würden die Europäer und die Amerikaner heute noch derart für ihre Recht einstehen, wie wir es bei den Menschen im Nahen und Mittleren Osten gerade gesehen habe? Ich habe hier so meine Zweifel. Eine Abstumpfung und eine Stupidität scheint eingetreten zu sein, die ein derart kraftvolles Vorgehen nicht mehr als allzu wahrscheinlich erscheinen lassen. Ich hoffe zutiefst, dass ich mich mit dieser Ansicht irre! Die Zukunft wird uns viele Dinge offenbaren, die uns heute noch völlig unvorstellbar erscheinen. Nun ja, wir werden alle noch große Augen machen, davon bin ich überzeugt!

Donnerstag, 10. Februar 2011

Gott, die Sonne des Menschen

Viktor Frankl, der große österreichische Psychiater und Kenner der menschlichen Seele, meinte es gäbe drei Dinge, mit denen jeder Mensch in seinem Leben umzugehen habe, ob es ihm nun gefalle oder nicht. Das erste diese Dinge ist die Schuld. Was sie für uns bedeutet, welchen Stellenwert wir ihr einräumten und wie wir versuchen sie zu bewältigen. Das zweite ist das Leid und die Erklärung, die wir dafür haben, insbesondere, wenn es uns selbst im Leben oder im Leben einen nahen Menschen widerfährt. Die dritte Sache ist der Tod, das sichere Ende unseres irdischen Daseins. Alle drei leiten sich aus einer anderen Frage ab, nämlich derjenigen nach Gott. Ob man will oder nicht, jedem stellt sich diese Frage, sie ist nicht kultur- und zeitabhängig und entsteht im Menschen ganz von selbst aus seiner eigenen inhärenten Natur heraus. Das liegt daran, weil Gott keine menschliche Erfindung ist, sondern eine objektiv existierende Entität, eine Persönlichkeit, die im Herzen eines jeden Menschen sich selbst eingepflanzt hat, auf dass jeder, der ihn aufrichtig und mit reinem Herzen sucht, auch finden kann.

Ich will hier aber ein ganz anderes Thema aufgreifen, das mit dem Schöpfer in untrennbarer Verbindung steht und das ist das Wachstum des Menschen. Dass das Wachstum des Menschen weit über den körperlichen Bereich hinausgeht, wird kein denkender Menschen bestreiten können, ja gerade nachdem die körperliche Entwicklung zu einem Höhepunkt gelangt ist, beginnt erst das emotionale, mentale und als letztes und höchstes das spirituelle Wachstum richtig einzusetzen. Es ist dieses spirituelle Wachstum, das den Menschen erst zur höchsten Blüte kommen lässt, dass den einzelnen mit der Allheit der Schöpfung verbindet und ihn seinen Platz darin erkennen lässt. Sicherlich gibt es Menschen, die sich mehr der reinen Materie zuwenden oder auch dem mentalen oder emotionalen Bereich unserer Persönlichkeit. Doch je reifer einer wird, desto mehr wird die Sehnsucht des Herzens aufflammen, die sich nicht durch die Dinge der Welt befriedigen lässt. „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich eure Schulweisheit träumen lässt!“, meinte Shakespeare und er wies damit auf etwas hin, das mit Worten nur schwer bis gar nicht, aber vom Geist des Menschen trotzdem erfahrbar ist.

Welchen Vergleich könnte man wohl ziehen, der dem spirituellen Wachstum des Menschen entspräche? Mir ist dazu in den letzten Tagen das Bild von den Blumen und der Leben spendenden Sonne gekommen. Ohne die Sonne ist es für eine Pflanze unmöglich zu überleben. Nach der Sonne richten sie ihre Triebe aus und an manchen Stängeln und zuweilen auch an Stämmen kann man die Standortveränderungen einer Pflanze deutlich erkennen. Gerade bei Zimmerpflanzen, die ihre Jugend an einem anderen Ort verbracht haben (wie etwa eine Palme) kann man teils skurrile Windungen des Stammes erkennen. Jedes Mal hat sich die Pflanze jedoch nach der Sonne ausgerichtet, wie ein Magnet wird sie davon angezogen und hätte sie diesen Mechanismus nicht, hätte sie ihr Leben schon lange beendet.

Manche Pflanzen sehen die Sonne nie direkt, sie wissen nichts von ihrer Existenz, ahnen aber durch indirekte Erfahrungen davon. Schließlich gibt es in der Erfahrung immer einen Kontrast zum Schatten, sonst gäbe es diesen selbst nicht. Die einfältige Pflanze mag durchaus meinen, es gäbe gar keine Sonne und schaut neidisch oder herablassen auf jene, die ihr von dieser erzählen, ja vielleicht sogar ins Schwärmen ob ihrer Wärme und Energie geraten. In ihrer Vermessenheit mag sich eine „asolare“ Pflanze sogar als überlegen betrachten, wenn auch diese Sicht ihr im Herzen große Schmerzen bereitet, so wähnt sie sich doch als Heldin, weil sie sich keinen Illusionen hingebe, wie die anderen. Wie verwirrt kann doch der Geist sein! Wie sehr kann doch der Mensch Ohren haben und nicht hören, Augen habe und nicht sehen?

So ist denn auch der Schöpfer die Sonne des Menschen. Zwar ist er mit den Augen nicht sichtbar und manch einer mag sogar daran zweifeln, dass es ihn gibt, oder er ist gar so vermessen die Überzeugung zu entwickeln er wäre überhaupt nur eine Erfindung von Träumern, doch wenn einer wirklich sein höchstes Potential entfalten will, dann muss er über den Bereich des Gewohnten, dessen, was „von dieser Welt“ ist, hinaus gehen und sich in den unbekannten Bereich des Göttlichen begeben. Obwohl es ein Sprung ins Unbekannte ist, so hat der einsichtige Mensch doch keine Angst, obwohl er nicht weiß, wohin die Reise geht, ist er doch zutiefst davon überzeugt, dass alles sich zum Guten für ihn findet, wenn er nur Vertrauen in Gott fassen kann. Der Glaube an Gott befreit den Menschen davon sich von den Umständen und den Meinungen der anderen abhängig zu machen. Sein Streben richtet sich nicht nach Anerkennung bei den Mitmenschen, sondern danach dem Schöpfer zu gefallen, das zu verwirklichen, was in seinem Innersten angelegt ist und wozu er geboren wurde. Früher hatte man dazu gesagt, dass jemand seiner Berufung folge. Künstler und sensible Menschen wissen noch heute, was damit gemeint ist. Anstatt sich mit anderen zu vergleichen und deren Erwartungen zu erfüllen, erfüllt ein solcher Mensch nur die Erwartungen Gottes. Im Ergebnis führt dieses Verhalten dazu, dass der Mensch das maximale Potenzial entfaltet und seinem Schöpfer gefällt, weil er dessen Gebote befolgt und „das Richtige“ anstatt das Wohlgefällige, das Angenehme oder das Profitable zu tun.

Im Leben geht es nicht darum zu tun, was sich gut anfühlt, wonach man sich fühlt, es geht auch nicht darum seinen Gedanken zu folgen, nicht einmal darum seine Wünsche zu erfüllen. Nein, was einzig und alleine zählt ist „das Richtige“ zu tun, auch wenn es sich schlecht anfühlt, auch wenn man partout nichts damit zu tun haben will. Das heißt Disziplin haben, rechtschaffen zu sein, dem Zeitgeist nicht zu folgen und „in der Welt, aber nicht von der Welt“ zu sein. Wer auf Gott vertraut, wer ihn in seinem Inneren sucht, der findet nicht nur ihn, sondern alles andere wird ihm dazu gegeben.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Aufgaben der Zukunft

Wenn Historiker sich den vergangenen Zeiten zuwenden, um sie für die Gegenwart und die Zukunft möglichst genau und wahrheitsgetreu darzustellen und/oder ihren Kommentar dazu zu verfassen, so stellen sich ihnen gewisse Schwierigkeiten in den Weg. Eine dieser Umstände besteht darin an die nötigen Quellen zu gelangen. Aus vielen Epochen liegen uns nur wenige und bruchstückhafte Quellen vor. Die meisten Dinge, die als Hinweise dienen könnten, sind im Strudel der Zeit für immer verloren gegangen. Viele Sachen sind uns aber auch deshalb nicht zugänglich, weil schriftliche Aufzeichnungen seltener waren und oft die Augenzeugen nicht schreiben konnten oder das Bedürfnis der Nachwelt etwas zu hinterlassen nicht groß genug war. Medien wie Fotographie oder gar Film, sind erst in historisch jüngster Zeit aufgetaucht und unterliegen ebenso einem Verfallsprozess, wie alles Irdische.

Wenn nun aber der Historiker sich mit einem traditionellen Mangel an Quellen konfrontiert sah und sieht, wie wird es für zukünftige Geschichtswissenschaftler sein, die unsere Zeit zu Beginn des 21. Jahrhunderts werden zu beschreiben haben? Mangel an Information, an Daten und Quellen werden sie nicht zu beklagen haben. Es sei denn eine globale Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes würde größte Teile der menschlichen Kultur und deren Aufzeichnungen vernichten. Abgesehen von diesem Fall wird der Historiker der Zukunft von Datenmaterial geradezu erdrückt werden. Mehr als die Informationsbeschaffung werden die Sichtung und Auswahl des Materials in den Vordergrund rücken. Wir erleben in unserer Zeit alle, dass die Menge an Daten unübersehbar geworden ist, dass es unmöglich ist sich alle Informationen zu einer bestimmten Sache zu besorgen. Aber wir haben immer noch die alte Mentalität uns möglichst viele Ressourcen zu sichern und sie festzuhalten, da diese traditionell gesehen stets knapp waren. So ist es auch mit der Information. Es wird immer noch versucht, auch wenn wir vernunftsgemäß es besser wissen, so viel als möglich an Material zu akquirieren. Natürlich kann das nicht zum Erfolg führen.

Die Aufgabe, die sich uns allen stellt ist die richtige Selektion der vorhandenen Daten. Wie können wir es schaffen möglichst schnell und unkompliziert genau an die Daten gelangen, die wir brauchen, ohne dabei das ungute Gefühl im Hinterkopf zu tragen, dass wir etwas Entscheidendes übersehen haben, weil wir an einer bestimmten Stelle den Informationsfluss abgebrochen haben, um nicht ewig mit einer Sache beschäftigt zu bleiben? Es ist nämlich zu erwarten, dass Kritik genau an diesem Punkt ansetzen wird. Immer wird es welche geben, die uns vorwerfen werden dieses oder jenes nicht bedacht zu haben, diese oder jene Information stiefmütterlich oder gar nicht behandelt zu haben. Es gibt wohl keine Möglichkeit dem zu entkommen. Und man soll es auch gar nicht versuchen.

Entscheidend ist der richtige Bewertungsmaßstab, der einem als Richtmaß dient, um gute von schlechter, passender von unpassender, wahrer von unwahrer Information zu unterscheiden. Aber nicht nur die Fachperson ist heute vor diese Aufgabe gestellt, nein auch der ganz normale Laie befindet sich in einer Position, Daten zu beurteilen, von denen er keine Ahnung hat, Quellen vor sich zu sehen, die er nicht zu beurteilen weiß. Das Paradebeispiel dafür bietet das Internet. Hier kann jeder seine eigenen Gedanken veröffentlichen und hat potenziell die ganze Welt als Publikum vor sich. Persönliche Meinungen werden in der Regel, bewusst oder unbewusst, als Fakten ausgegeben, nicht überprüfbare Behauptungen werden aufgestellt – natürlich mit dem Anspruch großer Zuverlässigkeit. Es tobt ein Kampf um unsere Gedanken, um unseren Geist! Die Menschen fühlen sich heute entfremdet und überbelastet. Und zu einem großen Teil geht dies auf die Menge an Daten zurück, die wir in das eigene Leben nicht integrieren können. Kinder haben immer mehr Schwierigkeiten sich auf eine Sache zu konzentrieren und intensiv zu arbeiten, dass so viele Dinge gleichzeitig um ihre Aufmerksamkeit buhlen. Dass daraus nicht nur bei der Jugend, sondern auch immer mehr in der ganzen Kultur das ADHS (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom) um sich greift, ist kein Wunder. Die einzelnen Puzzlesteine lassen sich nicht sinnvoll in das Gesamtbild des Lebens einordnen. Es wird so getan, als ob Wahrheit relativ und subjektiv wäre. Das heißt aber die Wahrheit als solche abzuschaffen. Eine relative und persönliche Wahrheit ist gar keine Wahrheit, sondern eine bloße Meinung, eine Idee im Kopf, nicht einmal eine Erfahrung!

Hier liegt eine der großen Aufgaben der Zukunft: Selbsterkenntnis jedes einzelnen; Entwicklung eines unabhängigen Geistes; Abgrenzung gegen die anderen und die Welt (die ständig versucht die eigene Position zu Fall zu bringen); Akzeptanz des grundlegenden Kriegszustandes auf der Welt (vor allem der Krieg des Geistes) und die Fähigkeit messerscharfe Urteile zu fällen und dieses gegen jeden Widerstand erfolgreich zu verteidigen – auch wenn man der einzige Mensch auf der Welt sein sollte, der eine bestimme Ansicht hegt! Individualität ist Pflicht, blinder Konformismus die größte Schande!