Montag, 28. Februar 2011

Revolution!

In den letzten Tagen und Wochen hat die Welt gebannt auf die arabische Welt, vornehmlich nach Nordafrika, geblickt. Regime, die über Jahrzehnte lang, scheinbar stabil, existiert haben, sind innerhalb kürzester Zeit verschwunden und machten einer Zukunft Platz, die für uns alle erst im Entstehen begriffen ist und niemand zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen kann, wie sich die Dinge weiter entwickeln werden. Anfang Februar ist Präsident Mubarak, der Ägypten 30 Jahre lang autoritär regiert hatte (und den Ausnahmezustand seit Saddats Ermordung niemals aufhob), gezwungenermaßen zurückgetreten. Doch wie die Zukunft aussieht, ist bislang noch ungewiss. Der Westen hofft natürlich auf eine demokratische Wende, doch sollte er sich dessen nicht so sicher sein. Man darf niemals die Imponderabilien vergessen, die ein typisches Kennzeichen einer Revolution sind. Es war von der Europäischen Union nicht unklug, vorerst keine klare Stellung zu beziehen. Schließlich weiß man aus der Geschichte, dass bei einer Revolution nicht diejenigen zählen, die eine solche beginnen, sondern diejenigen, die sie beenden. Das war schon vor über 200 Jahren bei der Französischen Revolution so. Es waren nicht die Generalstände, auch nicht die radikalen und nicht einmal die gemäßigten Jakobiner, die die Revolution endgültigen beendeten, sondern der General Napoleon Bonaparte. Aber wer hätte dies noch ein paar Jahre vor dessen Amtsantritt als Konsul und kurz darauf als Kaiser der Franzosen, vorausgesehen. Nein, in solchen Zeiten ist es ratsam sich zurückzuhalten, zu beobachten und seine Schlüsse zu ziehen, die vorerst geheim gehalten werden sollen (als gute historische Beispiele dienen Talleyand und Fouchè).

Die arabische Welt hat in den letzten Wochen sicher erfolgreich einen Befreiungsschlag gewagt, der in absehbarer Zeit auch zum Ende des libyschen Regime unter Gaddafi führen dürfte – das scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch was kommt danach? Das ist die Frage, die für die Menschen außerhalb der Region das Entscheidende ist. Libyen lieferte bisher 1,6 Mio. Barrel Rohöl pro Tag. Das ist beträchtlich, doch auch ein Totalausfall des Landes ist für die Welt verkraftbar (der Tagesverbrauch der Welt beträgt zurzeit etwa 88 Mio. Barrel) auch wenn es lokal einige Energieversorgen nicht unerheblich treffen könnte (die OMV bezieht etwa 10 Prozent ihres Erdöls aus Libyen, was zurzeit auf quasi Null reduziert wurde). Der Ölpreis hat in den letzten Tag ordentlich angezogen und liegt nun bei knapp unter 110 Dollar pro Barrel. Im Jahr 2008 stand er Ölpreis (vor allem aufgrund von Spekulationen und noch vor der Finanzkrise) auf fast 150 Dollar). Ich wage hier mal einen Tipp: Der Bezinpreis für Superbezin wird binnen zwei Wochen auf über 1,5 Euro steigen.
Sollte die Krise auf Saudi Arabien übergreifen, dann hat die Welt ein enormes Problem. Zurzeit ist dies jedoch noch nicht zu befürchten, auch im Iran gibt es noch keine Anzeichen für einen Volksaustand, lediglich im Jemen und in Bahrain gibt es Aufstände, die jedoch relative friedlich beigelegt wurden, beziehungsweise unter Kontrolle zu sein scheinen.

Längerfristig jedoch ist mit großen Unruhen im gesamten arabischen Raum zu rechnen und es wäre eine Illusion des Westens, wenn er glaubte, dass die Welt einer Ordnung zustimmen würde wie bisher. Vor allem die USA werden sich einschränken müssen, auch die Europäische Union wird sich darauf einzustellen haben nicht mehr dieses Gewicht in der Welt zu haben, wie sie es bisher genoss. Es ist im allgemeinen zu begrüßen, wenn die lokalen Bevölkerungen sich stärker zeigen und sich einer globalen Dominanz entziehen. Eine globalisierte Welt an sich ist nicht schlecht, doch sollte es so etwas wie zu große Machtzentren nicht geben. Lokale Kontrolle ist extrem wichtig in einer Welt, die immer mehr zusammen wächst, und es ist insbesondere darauf zu achten, dass es niemals eine „Weltregierung“ beziehungsweise eine „Weltreligion“ gibt. Zwar mag dies beides verführerisch klingen, doch im Ergebnis würde darunter die Welt sehr zu leiden haben.

Eine andere Frage, die sich mir bei der Beobachtung der arabischen Volker in diesen Tagen stellt, ist jene, ob dieser Kampfgeist, diese Engagement auch heute noch bei den Völkern in Europa und Amerika vorhanden wäre. Würden die Europäer und die Amerikaner heute noch derart für ihre Recht einstehen, wie wir es bei den Menschen im Nahen und Mittleren Osten gerade gesehen habe? Ich habe hier so meine Zweifel. Eine Abstumpfung und eine Stupidität scheint eingetreten zu sein, die ein derart kraftvolles Vorgehen nicht mehr als allzu wahrscheinlich erscheinen lassen. Ich hoffe zutiefst, dass ich mich mit dieser Ansicht irre! Die Zukunft wird uns viele Dinge offenbaren, die uns heute noch völlig unvorstellbar erscheinen. Nun ja, wir werden alle noch große Augen machen, davon bin ich überzeugt!

Donnerstag, 10. Februar 2011

Gott, die Sonne des Menschen

Viktor Frankl, der große österreichische Psychiater und Kenner der menschlichen Seele, meinte es gäbe drei Dinge, mit denen jeder Mensch in seinem Leben umzugehen habe, ob es ihm nun gefalle oder nicht. Das erste diese Dinge ist die Schuld. Was sie für uns bedeutet, welchen Stellenwert wir ihr einräumten und wie wir versuchen sie zu bewältigen. Das zweite ist das Leid und die Erklärung, die wir dafür haben, insbesondere, wenn es uns selbst im Leben oder im Leben einen nahen Menschen widerfährt. Die dritte Sache ist der Tod, das sichere Ende unseres irdischen Daseins. Alle drei leiten sich aus einer anderen Frage ab, nämlich derjenigen nach Gott. Ob man will oder nicht, jedem stellt sich diese Frage, sie ist nicht kultur- und zeitabhängig und entsteht im Menschen ganz von selbst aus seiner eigenen inhärenten Natur heraus. Das liegt daran, weil Gott keine menschliche Erfindung ist, sondern eine objektiv existierende Entität, eine Persönlichkeit, die im Herzen eines jeden Menschen sich selbst eingepflanzt hat, auf dass jeder, der ihn aufrichtig und mit reinem Herzen sucht, auch finden kann.

Ich will hier aber ein ganz anderes Thema aufgreifen, das mit dem Schöpfer in untrennbarer Verbindung steht und das ist das Wachstum des Menschen. Dass das Wachstum des Menschen weit über den körperlichen Bereich hinausgeht, wird kein denkender Menschen bestreiten können, ja gerade nachdem die körperliche Entwicklung zu einem Höhepunkt gelangt ist, beginnt erst das emotionale, mentale und als letztes und höchstes das spirituelle Wachstum richtig einzusetzen. Es ist dieses spirituelle Wachstum, das den Menschen erst zur höchsten Blüte kommen lässt, dass den einzelnen mit der Allheit der Schöpfung verbindet und ihn seinen Platz darin erkennen lässt. Sicherlich gibt es Menschen, die sich mehr der reinen Materie zuwenden oder auch dem mentalen oder emotionalen Bereich unserer Persönlichkeit. Doch je reifer einer wird, desto mehr wird die Sehnsucht des Herzens aufflammen, die sich nicht durch die Dinge der Welt befriedigen lässt. „Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als sich eure Schulweisheit träumen lässt!“, meinte Shakespeare und er wies damit auf etwas hin, das mit Worten nur schwer bis gar nicht, aber vom Geist des Menschen trotzdem erfahrbar ist.

Welchen Vergleich könnte man wohl ziehen, der dem spirituellen Wachstum des Menschen entspräche? Mir ist dazu in den letzten Tagen das Bild von den Blumen und der Leben spendenden Sonne gekommen. Ohne die Sonne ist es für eine Pflanze unmöglich zu überleben. Nach der Sonne richten sie ihre Triebe aus und an manchen Stängeln und zuweilen auch an Stämmen kann man die Standortveränderungen einer Pflanze deutlich erkennen. Gerade bei Zimmerpflanzen, die ihre Jugend an einem anderen Ort verbracht haben (wie etwa eine Palme) kann man teils skurrile Windungen des Stammes erkennen. Jedes Mal hat sich die Pflanze jedoch nach der Sonne ausgerichtet, wie ein Magnet wird sie davon angezogen und hätte sie diesen Mechanismus nicht, hätte sie ihr Leben schon lange beendet.

Manche Pflanzen sehen die Sonne nie direkt, sie wissen nichts von ihrer Existenz, ahnen aber durch indirekte Erfahrungen davon. Schließlich gibt es in der Erfahrung immer einen Kontrast zum Schatten, sonst gäbe es diesen selbst nicht. Die einfältige Pflanze mag durchaus meinen, es gäbe gar keine Sonne und schaut neidisch oder herablassen auf jene, die ihr von dieser erzählen, ja vielleicht sogar ins Schwärmen ob ihrer Wärme und Energie geraten. In ihrer Vermessenheit mag sich eine „asolare“ Pflanze sogar als überlegen betrachten, wenn auch diese Sicht ihr im Herzen große Schmerzen bereitet, so wähnt sie sich doch als Heldin, weil sie sich keinen Illusionen hingebe, wie die anderen. Wie verwirrt kann doch der Geist sein! Wie sehr kann doch der Mensch Ohren haben und nicht hören, Augen habe und nicht sehen?

So ist denn auch der Schöpfer die Sonne des Menschen. Zwar ist er mit den Augen nicht sichtbar und manch einer mag sogar daran zweifeln, dass es ihn gibt, oder er ist gar so vermessen die Überzeugung zu entwickeln er wäre überhaupt nur eine Erfindung von Träumern, doch wenn einer wirklich sein höchstes Potential entfalten will, dann muss er über den Bereich des Gewohnten, dessen, was „von dieser Welt“ ist, hinaus gehen und sich in den unbekannten Bereich des Göttlichen begeben. Obwohl es ein Sprung ins Unbekannte ist, so hat der einsichtige Mensch doch keine Angst, obwohl er nicht weiß, wohin die Reise geht, ist er doch zutiefst davon überzeugt, dass alles sich zum Guten für ihn findet, wenn er nur Vertrauen in Gott fassen kann. Der Glaube an Gott befreit den Menschen davon sich von den Umständen und den Meinungen der anderen abhängig zu machen. Sein Streben richtet sich nicht nach Anerkennung bei den Mitmenschen, sondern danach dem Schöpfer zu gefallen, das zu verwirklichen, was in seinem Innersten angelegt ist und wozu er geboren wurde. Früher hatte man dazu gesagt, dass jemand seiner Berufung folge. Künstler und sensible Menschen wissen noch heute, was damit gemeint ist. Anstatt sich mit anderen zu vergleichen und deren Erwartungen zu erfüllen, erfüllt ein solcher Mensch nur die Erwartungen Gottes. Im Ergebnis führt dieses Verhalten dazu, dass der Mensch das maximale Potenzial entfaltet und seinem Schöpfer gefällt, weil er dessen Gebote befolgt und „das Richtige“ anstatt das Wohlgefällige, das Angenehme oder das Profitable zu tun.

Im Leben geht es nicht darum zu tun, was sich gut anfühlt, wonach man sich fühlt, es geht auch nicht darum seinen Gedanken zu folgen, nicht einmal darum seine Wünsche zu erfüllen. Nein, was einzig und alleine zählt ist „das Richtige“ zu tun, auch wenn es sich schlecht anfühlt, auch wenn man partout nichts damit zu tun haben will. Das heißt Disziplin haben, rechtschaffen zu sein, dem Zeitgeist nicht zu folgen und „in der Welt, aber nicht von der Welt“ zu sein. Wer auf Gott vertraut, wer ihn in seinem Inneren sucht, der findet nicht nur ihn, sondern alles andere wird ihm dazu gegeben.