Dienstag, 27. September 2011

Was zählt

Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Wissen, das aus der praktischen Erfahrung erwächst und jenem, das man nur aus Büchern kennt. Die meisten Bücher werden für Leser geschrieben und ein Großteil der erfolgreichen Bücher sind genau jene, die den Menschen sagen, was sie hören wollen, die ihre bereits vorher existierende Meinung bestätigen. Jedoch kann ein Mensch nur aus einem Buch wirklich etwas lernen, bei dem der Schriftsteller sein Herzblut investiert hat, jenseits des Profits. Ein gutes Werk ist eines, das aus dem drängenden Bedürfnis des Künstlers entstanden ist sich der Welt mitzuteilen, völlig ungeachtet dessen, ob sich das Material verkauft oder nicht. Freilich gab und gibt es immer nur sehr wenige Autoren dieses Schlags, aber nur sie konnten zu den ganz großen werden.

Ich habe im Werk „Aus meinem Leben“ des großen Bregenzerwälder Schriftstellers Franz Michael Felder einen amüsante aber überaus treffende Beschreibung der Menschen gefunden, die die Welt nur aus Büchern kennen, die sich aber gerade deshalb für besonders gescheit und dem durchschnittlichen Menschen überlegen finden. Felder selbst galt in seiner Heimat als „Sonderling“ und sein Roman mit demselben Titel weist teilweise auf seine eigene Person hin. Ich will hier nicht näher darauf eingehen und verweise den interessierten Leser auf das genannte Werk.

Das schlimme an unserer Welt heute jedoch ist, dass die Gesellschaft kein Bewusstsein für derartige Dinge hat. Anstatt den Menschen anzusehen und nach seinen Werken zu beurteilen wir den Worten mehr geglaubt als den Taten. So ist es nicht schwer für allerlei Scharlatane Erfolg zu haben und sich durchs Leben mit einigem Erfolg zu schlagen, ohne dass man sie enttarnt und drauf kommt, dass sie im Grunde über keinerlei wirkliche Fähigkeiten verfügen. Und kommt man eines Tages doch drauf, dann ist es zu spät und der Scharlatan ist längst über alle Berge. Wenn die Menschen nicht lernen dem Sein größere Glaubwürdigkeit zuzuerkennen, als dem Schein, sprich in der Regel den Worten, dann werden wir nicht in der Lage sein uns als Gesellschaft weiter zu entwickeln. Was zu früheren Zeiten noch möglich war, wird sich in Zukunft nicht mehr spielen. Die Welt ändert sich rasant. Zwar scheint keiner genau zu wissen wohin es geht, doch eines ist bereits absehbar; die Zukunft wird eine Zeit sein, in der es kaum mehr Geheimnisse geben wird. Das gilt sowohl für den Privaten, als auch für die Öffentlichkeit. Staaten und Unternehmen sind naiv, wenn sie glauben im 21. Jahrhundert immer noch wirksam Geheimnisse wahren zu können. Jede Politik muss auf der Annahme beruhen, dass alles bekannt wird, dass jede Information der ganzen Welt uneingeschränkt zugänglich ist. Wenn man nun diese Annahme berücksichtig, wie viele Unternehmen, wie viele Staaten könnten dann noch wirksam bestehen? Zumindest in der stabilen Form, wie wir sie bisher kannten? Die Antwort darauf können wir uns alle selbst geben.

Es gibt sehr vieles darüber zu sagen, was im Leben zählt und ein kurzer Artikel wie dieser kann dem niemals vollständig genügen. Hier soll nur darauf hingewiesen werden, dass die Beurteilung der Welt immer nur aufgrund dessen, was den Taten entspricht gefällt werden soll, niemals aufgrund der Worte, die gemacht werden. Und am Ende zählt immer nur die Ehrlichkeit. Schon die Bibel sagt, dass nichts verborgen bleiben kann, wer solches glaubt ist mehr als naiv. In diesem Sinne sollten wir uns alle in unserem Leben neu besinnen!