Freitag, 4. März 2011

Die rechte Art von Humor

Wenn es um den Humor geht, dann können wir davon unter den Menschen recht verschiedene Formen beobachten. Die Art, wie einer lacht und mehr noch, welche Dinge ihn zum Lachen bringen, geben einen profunden Einblick in die Geisteshaltung und die Weltanschauung der entsprechenden Person. Man kann an der Art des Humors auch viel von der psychischen Gesundheit eines Menschen erkennen. Ich habe auf diesem Blog schon oft über den Zustand des „normalen“, angepassten Bürgers geschrieben und meinen Lesern ist dadurch auch bekannt geworden, dass ich diese Personen für „krank“ halte, nicht in dem Sinne, dass sie unbedingt einer Behandlung bedürften, sondern dergestalt, dass sie nicht ihr volles Potenzial entfalten können, da diesem zu viel im Wege steht. Insofern betrachte ich alles als „pathologisch“, was dem entgegensteht, was Abraham Maslow als „Selbstverwirklichung“ bezeichnete.

Viele Menschen, es ist sogar die Mehrheit, lieben es Witze zu hören, die darauf aufbauen, dass ein bestimmter Mensch oder eine ganze Gruppe von Menschen als über- oder unterlegen dargestellt wird. Viele Witze sind feindseliger Natur und beruhen darauf, dass ein anderer verletzt wird. Es ist erstaunlich, wie viele Witze darauf aufbauen, dass jemand sich anderen überlegen fühlen kann (meist der Witzerzähler selbst und seine Zuhörer). Nicht selten wird gerade in Kreisen von Spöttern diese „Überlegenheit“ zelebriert. Dieses Verhalten weist eindeutig auf einen mangelhaften Charakter hin, niemand, der die Würde des Menschen in vollem Umfange achtet, würde einen anderen erniedrigen, selbst dann nicht, wenn dieser sich ungeschickt oder in machen Fällen wahrhaft dumm verhalten hat.

Darüber hinaus stellen viele Witze auch eine Rebellion gegen die Autorität dar. Meist handelt es sich dabei um solche, die ödipaler oder schmutziger Natur sind. Gerade die Sexualität und alles was damit zusammen hängt. Gerade der intimste Bereich es menschlichen Lebens wird oft schamlos ausgebeutet und in den Dreck gezogen. („Herrenwitze“ etc.). Kein Wunder, dass so viele Menschen sich peinlich berührt davon fühlen.

Der wirklich gesunde Mensch hingegen, pflegt mehr den Humor des Philosophen, der sich eher über die Menschheit im allgemeinen oder auch über sich selbst lustig macht, ohne dabei masochistisch zu sein oder die Rolle eines Clowns zu übernehmen. Der Witz eines Gesunden gleicht mehr einer Fabel oder eine Parabel und reicht über das Gewöhnliche des Lebens hinaus, behält sich dabei aber immer eine gewisse Leichtigkeit, die den wirklich großen Philosophen auszeichnet, der selbst über seine eigene, zutiefst vertretene, Weltsicht noch schmunzeln kann (es versteht sich wohl von selbst, dass etwa Nietzsche oder Schoppenhauer nicht zu dieser Art von Philosophen gehörten). Es ist der gesunde Witz einer, der die Menschen eint und nicht entzweit, der ein Gefühl der Verbundenheit herstellt und nicht eine Gruppe oder Individuen gegen einander ausspielt. Witze, die nicht verletzen. Gesunde Menschen werden kaum von Gassenhauern, Treppenwitzen, Witzbüchern oder dem Humor, der schallendes Gelächter auslöst, angezogen werden.

Ich halte persönlich auch den „jüdischen“ Witz für einen sehr gesunden, gerade jener, der sich in Wien gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts herausgebildet hatte. Die jüdische Gemeinde hat sich immer schon dadurch ausgezeichnet, dass sie den Witz als Mittel zur Lebensbewältigung einsetzte und so das schwere Schicksal erträglicher machten und das ganze so, dass niemand wirklich verletzt wurde (abgesehen von besonders reaktiven Personen, die ohnehin nicht die geringste Anspielung auf die eigene Person ertragen können). Dazu ein Beispiel eines jüdischen Witzes: „Was ist der Unterschied zwischen einer jüdischen Mutter und einem Terroristen? – Mit einem Terroristen kann man verhandeln“ oder „Ein armer Jude bettelt am Sonntag vor einer Kirche. Keiner gibt ihm etwas, da er Jude ist und alle dies auch deutlich erkennen können. Dann holt er einen Zettel aus seiner Tasche, hält ihn vor seine Brust und plötzlich geben ihm die Kirchgänger so viel Geld, so dass sein Hut bald prall gefüllt ist. Was stand auf dem Zettel? - `Von Juden nehme ich kein Geld!´“.

Unter Psychologen gibt es die Ansicht, die nicht selten vertreten wird, und ich selbst halte sie bis zu einem gewissen Grad für zutreffen, nämlich dass die Befreiung des Menschen über das Lachen führe. Lachen ist eine hervorragende Art sich von seelischem Druck zu befreien. Wer lachen kann, der ist schon auf dem Weg der Besserung. Es ist sogar erwiesen, dass Lachen dazu beitragen kann nicht nur die subjektive Lebensqualität zu steigern, sondern auch die physische Gesundheit.

Es gibt allerdings auch skurrile Formen des Lachens. So existieren Gruppen, und das war über eine gewisse Zeit hinweg sogar ein Trend, die sich trafen und absichtlich Lachorgien veranstalteten, um sich besser zu fühlen. Manche glauben sogar, sie könnten sich ihre Lebensprobleme, in manchen Fällen sogar schlimme Depressionen, „weglachen“. Aber über derartige Dinge braucht ein vernünftiger Mensch sich nicht den Kopf zu zerbrechen.

Aber Lachen kann auch sehr gefährlich sein, vor allem, wenn man sich am falschen Ort und in der falschen Zeit befindet. Es ist typisch für Diktatoren und alle Menschen, die andere als Objekte gebrauchen oder zu Befriedigung ihrer eigenen Machtgelüste gebrauchen wollen, dass sie kaum etwas so hassen, wie die Witze, die über sie gemacht werden. Macht wird sehr oft durch Humor angegriffen. Schon im alten China verschafften sich die Kaiser dadurch Respekt, dass sie all jene, die über sich lachten, ohne eine Sekunde zu zögern, töten ließen. Sun Tzu, der Autor des berühmen „Die Kunst des Krieges“ lieferte dem Kaiser selbst eine Demonstration, in dem er zeigte, wie man sich unter ungehorsamen Soldaten Respekt verschaffen müsse. Er ließ dazu die Frauen des kaiserlichen Harems in militärischer Manier Aufstellung nehmen und erteilte entsprechende Befehle. Als die Konkubinen, die als Anführerinnen ausgesucht worden waren, zu lachen begannen (es waren die Favoritinnen des Kaisers), anstatt sich wie Soldaten zu benehmen, ließ Sun Tzu sie hinrichten. Von dem Zeitpunkt an hatte keine der Haremsdamen mehr gelacht und sie gehorchten fortan bedingungslos allen Befehlen.
Heutzutage haben wir, im Falle, dass wir uns über die Politik und die Mächtigen lustig machen nicht solche Konsequenzen zu erwarten. Doch die Ressentiments, die dadurch erzeugt werden sind nicht geringer – lassen wir uns nicht täuschen. Deshalb hat Robert Greene in seinem Bestseller „Die 48 Gesetze der Macht“ auch als erstes dieser 48 Gesetze jenes mit dem Titel „Stelle niemals den Meister in den Schatten“ gewählt. Mehr noch, als den Meister in den Schatten zu stellen, ist die Satire, der Witz, den man über ihn reißt ein Fauxpas, der einem kaum verziehen wird, sei es im privaten oder im beruflichen oder politischen Bereich. Auf der anderen Seite gilt aber auch, dass die Menschen zwar über Kabarettisten und Komiker lachen, dass sie jedoch weise genug sind, solche nicht selbst in machtvolle Positionen zu heben. Komiker bleiben ihr Leben lang in gewisser Weise „Verlierer“ (wobei manche auch dadurch "gewinnen" können, indem sie "verliere"), Humor und Autorität sind nicht selten Gegensätze und, wenn einer Macht erlagen will ist Humor nur in homöopathischen Dosen zu verbreiten. In erster Linie hat man dabei ernsthaft und würdevoll zu sein. Würde und Humor sind Gegensatzpaare und beide zu vereinen ist nicht leicht. Am besten konnte wahrscheinlich Abraham Lincoln beide vereinen. Seine Art von Humor war nicht verletzend, der Witz kam nicht aus derunteren Schublade und er ließ vor allem nicht einen anderen den Preis für das Amüsement bezahlen. Solche Menschen sind jedoch sehr selten und vom durchschnittlichen, das heißt, vom „normalen“ Menschen, werden diese Menschen mit „philosophischem“ Humor meist als kalt und nüchtern betrachtet. Dabei liegt ihr Humor tiefen in ihrem Wesen begründet und konzentriert sich nicht auf Oberflächlichkeit, ja meist wird er davon sogar abgestoßen. Der gewöhnliche Mensch hält den gesunden Zeitgenossen meist für wenig humorlos, da er nicht lacht „worüber alle lachen“.

Ich möchte hier noch ein kleines Beispiel für einen Witz geben, den ich für gesund halte: Ein Mann sagt: ´Ich weiß gar nicht, was die Leute immer haben, Chinesisch kann doch gar nicht so schwer sein? In China sprechen es ja schon die kleinen Kinder.“´

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