Dienstag, 25. Mai 2010

Thomas von Aquin (1225 – 1274)

Der Heilige Thomas von Aquin war einer der herausragendsten Geistesgrößen des Mittelalters und wahrscheinlich die einflussreichste Person in der Philosophie und mehr noch der Theologie des 13. Jahrhunderts. Über all die Jahrhunderte hindurch wurden und werden seine Werke gelesen und gelten zu dem Größten, was der menschliche Geist je hervorgebracht hat. Seine bedeutendsten Schriften verfasste er mit unglaublicher Anstrengung und einem schier übermenschlichen Arbeitspensum in den letzten Jahres seines nicht all zu langen Lebens. Am bekanntesten unter diesen Schriften sind „Summa contra gentiles“ und mehr noch seine „Summa theologica (oder theologiae)“. Der dritte Teil dieser „Summa theologica“ wurde erst nach seinem Tod 1274 fertig gestellt, jedoch in Übereinstimmung mit seinem eigenen Design. Wer war dieser große Mann, zu dem Generationen von Gelehrten emporblicken und der nicht nur unter den Heiligen einen besonderen Platz einnimmt, sondern auch in der Gelehrtenwelt seinen überragenden Rang hat?

Geboren wurde Thomas von Aquin 1225 auf der Burg Roccasecca bei Aquino in Mittelitalien. Der Abstammung nach war er aus niederem Landadel (Lehensherrn aus gräflichem Geschlecht). Er studierte bereits als Kind bei den Benediktinern auf dem berühmten Bergkloster Monte Cassino in Latium. Später studierte er in Neapel, welches die erste staatliche Universität des Abendlandes besaß. Er trat mit 18 Jahren, 1243, in den Dominikanerorden ein. Gegen den ausdrücklichen Wunsch seines Elternhauses ging er nach Paris, um dort seine Studien fortzusetzen. Dabei wurde er Schüler des berühmten Scholastikers, Albertus Magnus. Er folgte Albertus Magnus, als dieser nach Köln berufen wurde. Später, 1252, kehrte Thomas nach Paris zurück, um dort bis 1261 zu unterrichten. 1256 erhielt er seine Magisterwürde. In Paris entstanden auch die ersten Werke, einige Kommentare zu den frühen Kirchenvätern. Dann wurde er unter Urban IV an den päpstlichen Hof nach Rom geholt. Thomas wechselte mehrmals zwischen Italien (unter anderen wieder Neapel) und Frankreich (vor allem Paris) hin und her. Seine Pflichten und Berufungen ließen ihn kaum länger als zwei bis drei Jahren an einem Ort verweilen. Zwischen 1259 und 1264 entstand sein bedeutendes Werk „Summa contra gentiles“, in dem er vor allem die Frage der Heiden behandelt. Daran schließt sich der Beginn seines Werkes „Summa theologica“ an, an dem er lange Zeit arbeitete und das trotz zahlreicher anderweitiger Verpflichtungen (Lehre und Dominikanerorden). In den letzten Jahren vor seinem Tod schrieb er noch zwölf umfangreiche Kommentare zu Aristoteles.

1272 kehrte Thomas nach Neapel zurück, um dort eine Ordenshochschule einzurichten. 1274 berief Gregor X. den Generalrat nach Lyon, zu dem auch Thomas von Aquin geladen war. Er starb jedoch am 7. März auf dem Weg dahin in der Zisterzienserabtei von Fossa-nuova, südlich von Rom, an Erschöpfung. Seine sterblichen Überreste wurden in Toulouse begraben. Bald wurde der Heiligsprechungsprozess eingeleitet. 1323 sprach Papst Johannes XXII. Thomas von Aquin heilig.

Die Philosophie Thomas von Aquins steht in Zusammenhang mit der im 13. Jahrhunderts besonders stark vertretenen Auseinandersetzung mit den Werken des (Heiden) Aristoteles. So war es zu dieser Zeit auch nicht ungefährlich dessen Werke zu lesen und zu studieren. Vor allem die diversen Übersetzungsversuche brachten viele Kontroversen mit sich. Thomas von Aquin zeichnet sich durch einen sehr überlegten und, heute würde man sagen „fairer“ Stil aus. Er stellt mehrere Positionen gegenüber, ohne dabei überheblich zu sein oder eine von vorne herein eine Interpretation im Sinne des Christentums vornehmen zu wollen. Was bemerkenswert an Thomas ist, dass er meist größeren Wert auf die gedankliche Nachvollziehbarkeit als auf direkte Offenbarung der Wahrheit legte. Natürlich befinden wir uns noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts und deshalb wird auch noch von „Wahrheit“ im Wissenschaftlichen Sinne gesprochen. Heute ist uns klar, dass die Wissenschaft nicht in der Lage ist Wahrheiten zu liefern, sondern lediglich Theorien, die eine Zeit lang bestehen, bis sie von einer neuen Theorie abgelöst wird. Trotzdem gibt es heute immer wieder Wissenschaftler, die anstatt zu forschen und sich um die Wirklichkeit zu kümmern, lieber Politik betreiben und ihre Theorien als „Wahrheiten“ verkaufen. Ein Beispiel für so eine Vorgehensweise finden wir bei Richard Dawkins, der die „Evolutionstheorie“ als „Wahrheit“ darstellt und dabei alles tut, um Religionen in den Schmutz zu ziehen. Dabei schaden solche Leute am aller meisten der Wissenschaft selbst. Ein Thomas von Aquin hätte sich keiner ernsthaften Diskussion entzogen, doch wäre er wohl nicht auf ein primitives polemisches Niveau herunter gestiegen.

Jedenfalls waren das Hochmittelalter, und vor allem das 13. Jahrhundert, die Zeit in der es allmählich zu einer Umorientierung kam. Während die Antike und das frühe Mittelalter von Platons Philosophie geprägt war, so änderte sich dies nun mehr zugunsten des Aristoteles. Das heißt aber auch, dass damit die Naturkräfte selbst und auch die Materie eine größere Bedeutung erlangten. Während Platon die Seele in den Mittelpunkt stellt und die Körperlichkeit als untergeordnet, ja teilweise sogar in ihrer Existenz anzweifelt, ist die Philosophie des Aristoteles hingegen mehr an der „Dinglichkeit“ orientiert. Platon ist mehr der „echte“ Philosoph, der Vergeistigte, während Aristoteles, der Praktiker, den man, man möge mir diesen Ausdruck verzeihen, als „Mechaniker“ bezeichnet werden könnte. Thomas von Aquin bemühte sich intensiv darum zu zeigen, dass ein Großteil dessen, was Aristoteles lehrte, mit dem christlichen Dogma übereinstimmte. Bemerkenswert ist die Kunst zu systematisieren, die Thomas von Aquin auszeichnete. Er lehnte auf der einen Seite die Augustinische Lehre ab, dass die Wahrheit eine Angelegenheit des Glaubens sei. Auf der anderen verwarf er aber auch die Lehre, die vor allem von Averroes vertreten wurde, die Glauben und Wahrheit völlig von einander trennte und keinen Zusammenhang zwischen den beiden erblicken konnte.

Über die „Summa theologica“ werde ich zu einem späteren Zeitpunkt ausführlicher schreiben. Der Platz wäre hier niemals ausreichend und in dieser Kurzbiographie stelle ich auch nicht den Anspruch detaillierte Informationen zu liefern. Der Jahrestag des Heiligen Thomas von Aquin wird am 28. Jänner (katholisch) gefeiert.

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