Montag, 10. Mai 2010

Religiöse Toleranz – was ist das wirklich?

Gerade im religiösen Bereich, beziehungsweise im Bezug darauf, wird immer wieder verlangt, die einzelnen Parteien und Beteiligten mögen doch größere Toleranz üben. Die Intoleranz sei der Grund dafür, dass es so viele Unstimmigkeiten und Streit gäbe. Manche fordern gar, am besten wäre es, dass keiner mehr auf irgendeine Sache bestehen soll. Die Harmonie wird allem übergeordnet – freilich eine trügerische Harmonie, denn wenn einer dem anderen nachgibt, dann mag zwar im äußeren Harmonie herrschen, aber der Mensch hat sich dann im inneren selbst verraten und wird die Zeche dafür auch zu bezahlen haben. Was bei so einer Ansicht herauskommt, ist ein grauer Einheitsbreit ohne Ecken und Kanten, nicht Fisch, nicht Fleisch, keiner ist damit besonders zufrieden, aber man kann händchenhaltend durch die Straßen spazieren und fühlt sich wie die kleinen Kinder in Kindergarten. Wäre das nicht schön? Alle vereint, keine Streitigkeiten mehr, alle unter dem Dach eine Weltreligion light, denn klare Aussagen könnten überhaupt nicht mehr getroffen werden? Irgendwie wäre dann ja alles richtig.

So verführerisch das alles auch sein mag, es ist im Ergebnis kompletter Schwachsinn! Es gibt zum Beispiel auch die Ansicht, im Grunde würden doch alle Wege zum Ziel führen. Wer so denkt, hat sich mit der Sache überhaupt nicht beschäftigt! Die verschiedenen Religionen haben unterschiedliche Ziele und diese sind eben gerade nicht gleich, ja meist auch nicht miteinander vereinbar! Ich selbst habe lange Jahre hindurch den Buddhismus und das Christentum studiert. Alleine am Beispiel des Vergleiches dieser beiden Religionen lässt sich ganz klar zeigen, dass es eben nicht dieselben Ziele sind, die erreicht werden. Im Buddhismus kreist alles ums Leid und dessen Aufhebung. Buddha selbst hat gesagt, dass er nie etwas anderes gelehrt habe als das Leiden. Das Leid ist der Fetisch der Buddhisten, schließlich ist gemäß ihrer Ansicht (Erste Wahrheit) alles Leben Leiden! Das Leid soll nun beendet werden. Und das soll dadurch erreicht werden, indem alles verneint wird, alle Bedürfnisse, alle Triebe, alles Leben, alles was gut, schön und menschlich ist. Ist alles aufgehoben, dann erreiche man Nirwana. Nirwana ist aber keineswegs der Himmel, keine ewige Glückseligkeit. Diesem Irrtum darf man nicht unterliegen. Nirwana ist einfach das Verlöschen in der spirituellen Welt. Aber darüber hinaus geht der Buddhismus nicht, der Buddhismus hat mit dem Absoluten, dem Endgültigen nichts zu tun! Er weiß nicht einmal etwas davon. Der Buddhismus bleibt auf einer anderen Stufe, er dringt gar nicht bis zum Höchsten vor, sondern hat nie etwas davon erfahren.

Anders das Christentum. Das Christentum kennt die Welt, die die Buddhisten beschreiben, selbst ganz genau. Die spirituelle Welt ist auch für das Christentum eine Tatsache, doch ist sie nicht die Welt Gottes. Denn auch, und da haben die Buddhisten völlig Recht, diese spirituelle Welt unterliegt einem Wandel. Auch die Wesen die sich dort finden, sind vergänglich, wenn sie auch meist eine längere Lebensdauer haben als wir Menschen. Das Christentum kümmert sich aber vor allem um Gott und den Menschen. Gott ist aber weder in der materiellen, noch in der spirituellen Welt, sondern oberhalb von beiden in der ewigen Absolutheit. Das ist die Welt Gottes, das ist der Himmel. Es ist leicht zu sehen, dass es da keine Übereinstimmung gibt, die beiden Wege haben völlig unterschiedliche Ziele. Verlöschen (Nirwana) oder Himmel, sind zwei ganz verschiedene Dinge!

Wie sieht es aber nun mit der religiösen Toleranz aus? Es ist verständlich, dass Toleranz niemals unbegrenzt sein kann, sondern irgendwo ihre Grenzen finden muss. Toleranz ist mehr als das bloße Dulden eines anderen, denn wer den anderen nur duldet, beleidigt ihn auf die Dauer. Am Anfang mag zwar das Dulden stehen, wenn es aber nicht zu einer Akzeptanz kommt, dann läuft es im Ergebnis auf eine Beleidigung hinaus. Wie schaut es aber nun mit der Toleranz zwischen den Religionen und auch den nichtreligiösen Gruppen aus? Toleranz kann nur bedeuten, dass man den anderen als Menschen akzeptiert, ihm seine Würde belässt und seine Leistungen schätzt.

Manchmal hört man die Forderung in Bezug auf religiöse Toleranz, Religionen sollen ihren Alleinheilsanspruch aufgeben. Das hört sich zuerst für manchen, nicht schlecht an, denkt man so könne man wohl leichter sich auf Augenhöhe begegnen. Dazu muss allerdings gesagt werden: Wenn die Behauptung man selbst haben den einzig richtigen Weg auf einer bloßen (menschlichen) Meinung beruht, dann sollte davon auch abgerückt werden können. Sollt jedoch diese Ansicht auf dem Glauben selbst beruhen (zum Beispiel weil eine Heilige Schrift dies so besagt), dann darf nicht gefordert werden diese Ansicht aufzugeben. Ist diese Ansicht selbst Glaubensinhalt, dann ist die Forderung des Abrückens davon unzulässig! Glauben ist Teil der Identität und wer vom anderen verlangt Glaubensinhalte aufzugeben, der greift seine Identität an. Das ist gleichbedeutend mit einem Angriff mit einer Waffe. Und einen solchen würde man auch niemals gutheißen. Wer den Glauben des anderen angreift, respektiert die Grenzen des anderen nicht!

Ich bin der Meinung, dass sich aber alle Menschen auf einer rein menschlichen Ebene sehr wohl treffen können. Ich kann den anderen als Menschen, als einen Bruder oder eine Schwester akzeptieren, ohne ein Über- oder Unterlegenheitsgefühl zu entwickeln. Auch wenn jemand der Meinung ist der andere habe nicht Recht, so ist trotzdem ein ordentlicher, ja sogar liebevoller Umgang, miteinander möglich. Nur darf niemals um der gegenseitigen Verständigung willen, ein Abrücken vom Glauben gefordert werden. Das wäre in jedem Fall unzulässig.

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