Einst ging Augustinus am Strand des Meeres entlang und sinnierte über das Wesen Gottes nach. Da sah er einen kleinen Jungen, der Wasser aus dem Meer in eine kleine Sandgrube goss, die er gegraben hatte. Als Augustinus ihn fragte, was er da mache, antwortete dieser er schöpfe das Meer in die Grube. Auf die Frage, ob der Junge Glaube mit seinem Vorhaben Erfolg zu haben, gab dieser zur Antwort, es gelänge ihm wohl eher, als dass Augustinus das Wesen Gottes erfassen könne.
Diese kleine Legende über den Heiligen Augustinus sagt viel über seine Suche nach Gott aus, aber auch seine letztendliche Demut, die ihn einsehen ließ, dass das Unaussprechliche, das Unerfassbare sich dem menschlichen Geist entzieht und doch hat der aufrichtig Suchende die Gewissheit von Gott, die dem Nicht-Glaubenden unverständlich bleiben muss. Augustinus ist den meisten Menschen zumindest dem Namen nach bekannt. Vielen sind auch seine „Confessiones“, seine große Lebensbeichte, ein Begriff. Schonungslos geht er darin mit sich selbst ins Gericht und liefert damit nicht nur ein herausragendes Werk der Weltliteratur, sondern schuf auch eine neue Gattung der Literatur – die Autobiographie. Wer war dieser Augustinus? Führte er bereits von Kindesbeinen an ein gottgefälliges, frommes und rechtschaffenes Leben? War er dem Herrn immer schon zugetan? Mitnichten! Sein Leben verlief über lange Zeit in eine ganz andere Richtung.
Aurelius Augustinus wurde am 13. November 354 im nordafrikanischen Tagaste geboren. Er war römischer Abstammung, sein Vater Patricius blieb über den größten Teil seines Lebens hinweg Heide, die Mutter, die heilige Monica, war jedoch Christin. Die Mutter war es auch, die dem Knaben das Christentum nahe brachte. Doch auf den Wunsch des Vaters hin, sollte Augustinus eine weltliche Laufbahn einschlagen. Augustinus wandte sich nun ganz dem weltlichen Leben zu und bereitete der Mutter so nicht geringe Sorgen. Es sollte lange dauern, bis er sich zum Glauben an Jesus Christus bekannte. Der Junge studierte zuerst in seiner Vaterstadt und führte seine Studien in Karthago weiter. So erhielt er eine lateinische Bildung. Bald jedoch gab sich Augustinus immer mehr den weltlichen Ausschweifungen hin, besuchte allerlei Vergnügungen, nahm an Orgien teil und lebte in wilder Ehe, aus der ihm auch ein Sohn geboren wurde. Beruflich machte er zuerst Karriere als Lehrer der Rhetorik in Karthago. Vor allem Cicero war dabei sein großes Vorbild.
Eine ausgeprägte Schönheitsliebe und der brennende Wunsch nach Wahrheit und Selbsterkenntnis führten zu allerhand Irrwegen. So schloss er sich etwa den Manichäern an. Sein beruflicher Weg führte ihn nach Rom, wo er seinen Ruf als Orator weiter ausbaute und bald darauf wurde er auch nach Mailand berufen. Mailand wurde für ihn zum Ort der Umkehr. Das Interesse an der unsichtbaren Welt brachte Augustinus dazu seinen Fokus zu ändern. Großen Einfluss hatte dabei der Bischof von Mailand, Ambrosius. Augustinus begann nun ernsthaft mit dem Studium der Bibel, jedoch mit sehr großer Skepsis, einerseits, da sie ihm als literarisches Werk nicht hoch stehend genug war, andererseits aber auch, weil sein Stolz ihn daran hinderte sein Leben Jesus anzuvertrauen. Allmählich begann die Botschaft in ihm zu reifen, Berichte anderer Leute, die zum Christentum konvertiert waren, unterstützten seine Verwandlung. Eines Tages meditierte er im Garten seines Hauses, als er eine Stimme vernahm, die ihm gebot zu lesen. Er schlug die Bibel auf und vor ihm lag der Römerbrief des Apostel Paulus. Die Stelle die ihm ins Auge fiel war jene, die besagt, nicht im Fleische, sondern in Jesus Christus ist das Heil zu finden (Röm. 13,13). Dies war der Moment der Umkehr, er wurde nun zum wahren Christen. 387 ließ er sich von Ambrosius taufen.
Er zog über Rom zurück in seine afrikanische Heimat, verkaufte alle Güter seiner Familie und verteilte den Erlös an die Armen. Daraufhin gründete er eine Klostergemeinschaft mit guten Freunden, an deren Spitze er nun stand. Bischof Valerius von Hippo weihte ihn zum Priester, setzte ihn zunächst als seinen Stellvertreter ein und als der alte Bischof starb, übernahm Augustinus dessen Bischofsamt. Die größten Schwierigkeiten bereiteten dem neuen Bischof die vielen Sekten und häretischen Ansichten der damaligen Zeit (Manichäer, Arianer, etc.), neben den Heiden und deren Gebräuchen selbstredend. Er setzte seinen genialen Verstand und seine überragende Redekunst ein, um dem rechten Glauben zum Sieg zu verhelfen. Er schrieb unaufhörlich theologische Schriften und unterhielt einen regen Briefverkehr. Neben den „Bekenntnissen“ ist vor allem seine Schrift „Der Gottesstaat“ von überragender Bedeutung. Augustinus wurde so zu einem grundlegenden Denker des Abendlandes, der Theologie, Moral und Ethik, Politik aber auch Mystik und Philosophie maßgeblich beeinflusste. Augustinus starb am 28. August (Jahrtag) 430 im Bischofsamt von Hippo Regius. Seine Asche wurde in San Pietro in Ciel d’Oro (bei Pavia) beigesetzt. Augustinus ist der Patron der Theologen, der Buchdrucker und Bierbrauer. Augustinus ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch Menschen, die ganz dem „frommen“ Leben abgeschworen haben, immer noch „bekehrt“ werden können. Einen ähnlichen Fall finden wir bei Saulus von Tarsus, der nach seiner Bekehrung als der Heidenapostel Paulus seine übergroße Berühmtheit erlangte. Niemals können wir Menschen darüber urteilen, welchem Herz von Gott seine Gnade erwiesen wird. Selbst bei Menschen, die vom Heil sehr weit entfernt sind, kann noch eine Umkehr erfolgen – das sollten wir nicht vergessen.