Sonntag, 25. April 2010

Oliver Cromwell (1599 -1658)

Mit diesem Artikel beginne ich eine Serie von kurzen Biographien über große Persönlichkeiten der Geschichte, die ich für mich persönlich in irgendeiner Weise inspirierend finde. Den Anfang mache ich dabei mit der wohl berühmtesten Gestalt der Englischen Geschichte des 17. Jahrhunderts – mit Oliver Cromwell. Der Name Oliver Cromwell ist untrennbar mit der kurzen und einzigen Periode verbunden, in der England eine Republik war. (Und ganz nebenbei ist heute am 25. April sein 411. Geburtstag).

„Cromwell war ein Mann, in dem der Ehrgeiz das religiöse Gefühl nicht vollständig unterdrückt, sondern lediglich vorübergehend in den Hintergrund gerückt hat“ – Edmund Burke (1729 – 1797)

Der Name Cromwell spielte in England bereits im 16. Jahrhundert eine bedeutende Rolle. Thomas Cromwell (1485 – 1540) diente als Staatskanzler unter König Heinrich VIII und war maßgeblich für die Reformation in England, in deren Entwicklung die Krone die Oberhoheit über die Kirche erlangte, verantwortlich. Letztendlich nutze ihm das jedoch wenig, denn der König ließ seinen einst treuesten Gefolgsmann hinrichten (etwas, das unter Heinrich dem VIII recht oft geschah, nicht nur den Frauen des Königs). Oliver Cromwell stammte von einem der Neffen Thomas Cromwells ab.

Oliver Cromwell wurde am 25. April 1599 in Huntington geboren, wuchs in East Anglia unter dem puritanischen Landadel auf und besuchte nach der Absolvierung des örtlichen Gymnasiums das Sidney Sussex College in Cambridge. Wie viele seiner Vorfahren studierte er die Rechte, womit er für die Verwaltung, den Staatsdienst, die richtigen Voraussetzungen mitbrachte. Seine Jugend verlief unspektakulär und entsprach ganz dem Stereotypen des niederen puritanischen Adels und daran änderte sich auch nichts, bis er 1628 Mitglied des Unterhauses in Westminster wurde. Cromwell war lange Jahre ein Abgeordneter unter vielen und fiel in keiner Weise besonders auf, außer vielleicht durch seinen strengen, ehrlich gelebten Glauben. Seine glänzenden Talente als militärischer Führer schlummerten in dieser Zeit noch unerkannt in ihm. In den Jahren nach 1628 hatte der fromme Cromwell eine Art religiöses Erweckungserlebnis, das ihn später unbeirrbar seine Mission ausführen ließ. Er verstand sich fortan, als einen der die göttliche Gerechtigkeit auf Erden durchsetzen sollte. Der glühende Glaube daran von Gott auserwählt zu sein und von ihm zum Sieg geführt zu werden, hatte einen entscheidenden Einfluss auf die Kampfmoral von Cromwells Truppen, die ihn den „Engländer Gottes“ nannten.

Als 1642 der Englische Bürgerkrieg ausbrach, war Cromwell einer der aktivsten Parteigänger des Parlaments, welches dem Versuch König Karls I. die absolute Monarchie in England durchzusetzen, entschieden entgegen trat. Cromwell trat selbst in die Armee im Range eines Captains ein. Die Royalisten erzielten bald einen ersten Erfolg bei Edgehill, woraufhin die Truppen des Parlaments neu organisiert wurden. Cromwell nahm eine Schlüsselposition dabei ein und hob neue Truppen aus und trainierte sie in seiner Heimat East Anglia. Dabei legte er in erster Linie auf den Charakter seine Soldaten wert: Strenge, vom Feuereifer für die „göttliche Sache“ entbrannte Puritaner, die gewohnt waren Entbehrungen auf sich zu nehmen und sich durch besonders großen Mut und Disziplin auszeichneten. Männer, die bereit waren für die eigene „gute“ Sache zu sterben und die, wenn es darauf ankam, nicht zögern würden in den Tod zu gehen. Cromwells Menschenkenntnis und seine überragenden Führungsqualitäten zeigten sich nun deutlich und überraschte viele, die ihn bisher für einen langweiligen Prinzipienreiter und Mann aus den hinteren Reihen des Parlaments gehalten hatten.

Die Truppen Cromwells waren überaus erfolgreich und fügten den Royalisten schwere Verluste zu. Die beiden größten militärischen Meisterleistungen gelangen ihm 1644 bei Marston Moor und 1645 in der berühmt gewordenen Schlacht bei Naseby. Trotz seiner strengen religiösen Haltung war Cromwell kein Fanatiker. Im Gegenteil, er blieb vernünftig und nahm eine gemäßigte Position gegenüber den radikaleren Gruppen ein, die später als die Diggers und die Levellers bekannt wurden. Cromwell misstraute dem König Karl weiterhin, als der erste Bürgerkrieg beendet war und setzte durch, dass die Armee nicht wie von vielen gewollt aufgelöst wurde. Wie Recht er damit haben sollt, zeigte sich 1648, als der König eine Allianz mit Schottland schloss und damit den zweite Bürgerkrieg entfachte. Darauf folgte der Prozess gegen Karl und dessen Hinrichtung unter Cromwell im Jahre 1649. Diese Hinrichtung löste Schockwellen in ganz Europa aus, vor allem in Frankreich, das gerade dabei war die absolute Monarchie zu festigen. England blieb über lange Zeit ein negatives Beispiel für die Absolutisten auf dem Kontinent. Für das Inselreich selbst stärkte es das Selbstbewusstsein der Bürger und des Adels und führte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Freien Engländer Grundrechte zugestanden bekamen, zu einer Freiheit von denen die Bürger im sonstigen Europa nur träumen konnten.

Nach dem Tod des Königs war es für Cromwell das größte Problem eine Verfassung auszuarbeiten, die vom Parlament und von der Armee akzeptiert werden konnte und die eine rechtliche Stabilität garantierte. Die Zivilisten wünschten keinen Militärdiktator, die Armee keine Herrschaft des Königs. Bis zu Cromwells Tod beschäftigte ihn diese entscheidende Frage. Cromwell suchte eine „göttliche Reform“ durchzuführen, ein umfassendes Programm, das Ungerechtigkeiten beseitigen sollte und sich gegen Unmoral, die Sünde im Allgemeinen und vor allem die Trunkenheit richtete. Er selbst war ein glühender Anhänger dessen, was er „die Freiheit des Bewusstseins“ nannte, das ungestörte Leben von religiösen (protestantischen) Gruppen, die allerdings auch andere Gruppen nicht tangieren sollten.

Nach der erfolgreichen Niederschlagung von Aufständen in Irland und dem Kampf gegen die dortigen Katholiken, wurde Cromwell 1653 vom Staatsrat zum Lord Protector ernannt. Cromwell wurde damit der faktische Herrscher Englands mit enormer Macht, nicht nur in Engaland selbst, sondern auch in Schottland und Irland. Elf von Cromwell ernannte Generäle verwalteten das Land. Die religiöse Toleranz nahm zwar etwas zu, doch war die Herrschaft dieser Generäle mehr als unbeliebt und so dauerte diese Periode nicht länger als 18 Monate. 1656 wurde Cromwell vom Protektoratsparlament die Krone angeboten, welche er nach intensivem Gewissensstudium ablehnte. Das Problem mit einem verbindlichen, zufrieden stellenden und haltbaren Verfassungszustand bestand über den Tod Cromwells 1658 weiter fort.

Außenpolitisch waren die Jahre Cromwells von großer Bedeutung. England wurde zum ersten Mal zu einer großen See- und Militärmacht. Der erste britisch-holländische Seekrieg (1652-1654) endete für die Briten siegreich. Dieser Krieg war eine Folge der Navigationsakte Cromwells von 1651. Darin wurde der Zwischenhandel unterbunden. Schiffe durften britische Häfen nur anlaufen und ihre Waren löschen, wenn sie entweder unter britischer Flagge fuhren oder direkt aus dem Herkunftsland der Waren kamen. Darunter litten vor allem die Holländer, die vom Zwischenhandel lebten. Mit Frankreich schloss Cromwell eine Allianz gegen Spanien, die sich als siegreich erweisen sollte. Britannien erhielt Jamaika und dehnte seinen Einfluss in Westindien aus. Die Vorherrschaft der Spanischen Flotte war bereits 1588 durch die Vernichtung der Spanischen Armada gebrochen worden.

Cromwell ist wohl die kontroverseste Figur der Englischen Geschichte überhaupt. Wie alle Großen ist er für die einen ein Held, für die anderen ein Schurke. Viele sehen in ihm den Bewahrer des Englischen Staates in turbulenten Zeiten, den Prinzipien mehr interessierten, als die Macht (nachdem er die Krone abgelehnt hatte). Andere bewundern sein militärisches und auch politisches Genie (vor allem außenpolitisch). Seine Gegner kritisierten ihn als Diktator und vor allem die Schotten und Iren (blutige Niederschlagung von Aufständen und Katholikenfeindlichkeit) sehen in ihm einen Tyrannen. In einem aber sind sich alle einig, dass Cromwell ein Mann von herausragendem Charakter und harten Prinzipien war, die er nicht verriet.

Oliver Cromwell starb am 3. September 1658 in Westminster.

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