Montag, 16. August 2010

Sokrates (470-399 v. Chr.)

„Jener behauptet dass er etwas wisse, obwohl er nichts weiß. Ich weiß zwar auch nichts, habe aber nie behauptet etwas zu wissen“. Dieser berühmte Ausspruch des Mannes, der „die Philosophie vom Himmel auf die Erde herunter brachte“ wird auch verkürz mit „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ ausgedrückt. Dieser Mann ist der möglicherweise größte aller Philosophen, auf den alle abendländische Philosophie zurückgeht: der Straßenphilosoph Sokrates.

Sokrates wurde um das Jahr 470 v. Chr. als Sohn des Steinmetz Sophronikos und der Hebamme Phainarete geboren. Er übernahm die Profession seines Vaters, hatte es jedoch praktisch in seinem Leben nicht ausgeübt. Sokrates kämpft tapfer als Hoplit im Peloponnesischen Krieg für seine Vaterstadt Athen. Diese Kriegszüge waren auch die einzigen Gelegenheiten bei denen er die Stadt Athen verließ. Ansonsten verbrachte er sein ganzes Leben in der attischen Metropole. 406 wurde er zum Prytanen gewählt, dem geschäftsführenden Ausschuss des Fünhunderterrates. Sokrates wurde, obwohl der sich während des Regimes der Dreißig Tyrannen für die Demokratie eingesetzt hatte, gerade von den Demokraten angefeindet, die ihn und seine Denkrichtungen als mitverantwortlich für den Niedergang Athens nach dem verlorenen Peloponnesichen Krieg betrachtete. Athen war schwer gedemütigt worden und die Suche nach einem Sündenbock war in der Person Sokrates erfolgreich gewesen. 399 wurde er, völlig schuldlos, zum Tode verurteilt. Die Anklage lautete auf Gotteslästerung und Verderben der Jugend. Obwohl es Sokrates ein leichtes gewesen wäre dem Tod zu entgehen, zum Beispiel einfach dadurch, dass er die Stadt verlassen hätte (woran er nicht gehindert worden wäre), entschloss er sich eher zu sterben. Im Beisein seiner treuesten Schüler und Bewunderer trank er den Schierlingsbecher und diskutierte mit diesen bis zuletzt. Das Thema: der Tod und was man darüber wissen konnte. Die Art seinen Tod in Kauf zu nehmen bestätigte seine Prinzipien von Wahrhaftigkeit und Liebe zur Wahrheit, die Sokrates selbst höher einstufte, als das Leben selbst.

Wovon er sein Leben lang gelebt hat ist nicht bekannt, er schien immer auf Urlaub gewesen zu sein. Wahrscheinlich hatte er ein gewisses Vermögen geerbt, dass ihm einen ausreichenden Lebensstil gestattet, was nur um so leichter fiel, da der Philosoph keinen ausschweifenden Lebenswandel führte, wie so manch anderer mit „zuviel Freizeit“ es in seiner Situation wahrscheinlich getan hätte. Jedenfalls hat Sokrates sich ganz der Wahrheit verschrieben. Im Kern jedoch ging es stets um den guten Lebenswandel. Wahrheit und Weisheit hatten letztendlich nur den Zweck ein wahrhaftiges Leben zu führen. Sokrates vermochte jeden in ein Gespräch zu verwickeln und er selbst liebte es jedem aufzuzeigen, dass er im Grunde gar nichts wisse, dass sein ganzes Wissen im Grunde nichts anderes war als bloße Meinungen, allenfalls durch den Verstand derart geschickt verpackt, dass man sie für echtes Wissen halten konnte. Einerseits stellte Sokrates so seine Mitmenschen beinhart bloß und zwar vor allem durch die Art Fragen zu stellen, die dazu führten, dass einer sich selbst ständig widersprach. Nicht Sokrates war es, der einen brüskierte, sondern sein Gegenüber tat es selbst. Dabei war Sokrates kein Spötter oder Sadist. Ihm ging es wirklich um die Wahrheit und darum, dass im Grunde niemand etwas wissen konnte, dass die Menschen aber zu dieser Einsicht erst gebracht werden mussten, denn in der Regel war und ist der einzelne sehr davon überzeugt etwas zu wissen, vor allem, wenn er über Bildung verfügt. Die Methode des Sokrates bestand nie darin einem anderen direkt zu widersprechen. Stets ging es darum die Aussagen des anderen indirekt zu widerlegen und zwar, wenn möglich, durch den anderen selbst. Man führt ein Argument so weit, bis es ad absurdum geführt wird und in sich selbst zusammen bricht. Das Ziel ist erreicht, wenn der Gegner nichts mehr zu sagen weiß oder sich nur noch in Floskeln oder Ad-Hominem-Angriffe flüchten kann.

Den einen war er ein Ärgernis, für die anderen war er ein Held. Sokrates war ein Phänomen, ein Athener Original, das man immer auf den öffentlichen Plätzen und Straßen antreffen konnte und einer, der immer zu einem „Schwätzchen“ aufgelegt war. Dass dieses Schwätzchen immer auf den Kern einer Sache zielen sollte, entging einem freilich, sofern man mit der sokratischen Art zu fragen noch nicht vertraut war. Das Orakel zu Delphi nannte ihn den weisesten Mann der Welt („keiner ist weiser als Sokrates“). Für Sokrates war der Weg und das Ziel des Lebens eins. Nicht das Leben selbst ist von Bedeutung, sondern die Lebensführung.

Es gibt auch einige Anekdoten von Sokrates, von denen nur eine hier erwähnt werden soll. Einst an einem sonnigen Tag begab sich der Philosoph wieder einmal auf die öffentlichen Plätze Athens, wie es seiner Gewohnheit entsprach. Dabei hatte er eine Laterne bei sich, die ein angezündetes Licht in sich barg. Darauf angesprochen, wozu er eine Laterne am helllichten Tag brauche antwortete er, er suche Menschen, habe bisher aber noch keinen finden können.

Sokrates selbst hat keine einzige Zeile hinterlassen. Es ist deshalb auch nicht leicht das Lehrgebäude Sokrates zu rekonstruieren. Was wir von ihm wissen, stammt vor allem von seinem bedeutendsten Schüler, Platon, der Sokrates in mehreren Dialogen auftreten lässt. Platon selbst wurde nicht nur mit seiner Philosophie, sondern auch als Person der Erbe des Sokrates. Aber nicht er alleine hat Anspruch die Lehre des Sokrates dargelegt und weiter gegeben zu haben. Auch Aristoteles schreibt über Sokrates, Xenophon war einer der besten Freunde Sokrates, ebenso der „Dandy“ Athens, Alkibiades. Sämtliche philosophischen Strömungen des Abendlandes gehen in irgendeiner Weise auf Sokrates zurück.

Zu erwähnen wäre noch das angeblich so schlechte Verhältnis Sokrates zu seiner Frau Xanthippe. Ihr Name wurde seither zum Synonym für ein garstiges Weib, einen Hausdrachen. Das meiste davon ist stark überzeichnet. Wenn das Verhältnis auch nicht immer harmonisch gewesen sein mag, so ist es doch übertrieben es als derart missgestaltet hinzustellen, wie dies die „Biographen“ des Sokrates, vor allem die früheren, gerne getan haben.

Mit Fug und Recht kann man Sokrates als einen der größten Menschen bezeichnen, die je gelebt haben, ein Licht in der Dunkelheit.

Aussagen über Sokrates

„Er war im Tode der Edelste, im Leben der Verständigste und Gerechteste.“
- Platon-

„Sokrates bricht mit der Tradition und holt, wie Cicero es zugespitzt gesagt hat, die Philosophie vom Himmel auf die Erde“.
- Bruno Snell –

„Ich bewundere die Tapferkeit und Weisheit des Sokrates in allem, was er tat, sagte und nicht sagte“
- Friedrich Nietzsche -

1 Kommentar:

  1. "Diese Kriegszüge waren auch die einzigen Gelegenheiten bei denen er die Stadt Athen verließ. Ansonsten verbrachte er sein ganzes Leben in der attischen Metropole. "
    Was ist mit der Reise nach Samos?

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