Mittwoch, 11. August 2010

Otto von Bismarck (1815-1898

„Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen unserer Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut!“ Dieser „Ausrutscher“ Bismarcks im Preußischen Reichstag, wurde zu einer seiner berühmtesten Aussagen. Viel wurde über diesen „Eisernen Kanzler“ geschrieben und seine Gestalt gehört zu einer der verklärtesten der moderner deutschen Geschichte. Als „Einiger Deutschlands“ und Visionär, als des Kaisers wichtigster Mann wurde er gefeiert. Und Millionen von Deutschen bewunderten ihn in Literatur und Geschichte, schauten andachtsvoll auf das berühmte Gemälde der Kaiserproklamation in Versailles 1871, auf dem eindeutig, der in weiß gekleidete Bismarck heraus sticht und nicht die im formellen Zentrum stehende Person König Wilhelms I. Wer ist dieser Mann, der zu den bedeutendsten Politikern des 19. Jahrhunderts gehörte und dessen Wesen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein strahlte?

Otto Eduard Leopold von Bismarck wurde 1815 geboren. Er war ein Junker und Landbesitzer in Schönhausen in Brandenburg. Aus einem konservativen und autokratischen Elternhaus stammend, war er demokratischen und liberalen Ideen nicht sehr zugetan. Doch besaß Bismarck genug Realismus, auch aus etwas, das ihm als „Übel“ erschien, für sich das Beste herauszuholen. Konnte man eine Entwicklung nicht verhindern, so wollte er sie doch so weit als möglich selbst steuern. Der Begriff „Realpolitik“ ist auch untrennbar mit dem Namen Bismarck verbunden.

Das erste große öffentliche Auftreten Bismarcks erfolgte im Zug der Revolution von 1848. Dem ersten, revolutionär gesinnten, Abgeordnetenhaus gehörte er allerdings noch nicht an. Doch im Oktober desselben Jahres wurde ein neues Haus gewählt, welches mehr royalistisch eingestellt war und dessen Mitglied der damals 33jährige wurde. Das Verhältnis zu König Friedrich Wilhelm war gespannt. Anfangs unterstützte Bismarck, nicht zuletzt aufgrund seiner Bewunderung für den Staatskanzler Fürst Metternich, die „Großdeutsche Lösung“ bei der Vereinigung der deutschen Staaten. In den frühen 50er Jahren jedoch, änderte er seine Meinung und befürwortete die „Kleindeutsche Lösung“, die Österreich ausschloss. 1859 wurde Bismarck Botschafter in St. Petersburg und 1862 in Paris. Jedoch nur für kurze Zeit. Der Kriegsminister Albrecht von Roon berief ihn durch die berühmt gewordene Depesche („Periculum in mora, Dépêchez-vous“) zurück nach Berlin. Noch im selben Jahr wurde Bismarck preußischer Kanzler, drängte den König, Wilhelm I., dazu die Armee zu reformieren, seine Ignoranz gegenüber der parlamentarischen Opposition aufzugeben und sich den realen Umständen zuzuwenden. Wilhelm war zögerlich bei seinen Entscheidungen und hörte entschieden zu viel auf seine Frau. Bismarck änderte dies und geriet dadurch naturgemäß in Konflikt mit der Königin.

Noch war er Österreich gegenüber, zumindest öffentlich, freundlich gesinnt. Zusammen mit Preußen besiegte es 1864 Dänemark. Die Gebiete Schleswig, Holstein und Lauenburg kamen zu Preußen beziehungsweise zu Österreich. Der Konflikt mit Österreich spitzte sich in der Folge jedoch zu und 1866 kam es schließlich zum Krieg, den Preußen fulminant für sich entscheiden konnte. Die berühmte Schlacht bei Königgrätz legt beredetes Zeugnis darüber ab. Es ging vor allem um die Vorherrschaft in deutschen Raum und in dem, auf dem Wiener Kongress (1814/15) gegründeten, Deutschen Bund, der von Österreich angeführt wurde. Nun aber hatte sich das Schwergewicht nach Norden verlagert und Preußen war jetzt die eindeutige Führungsmacht geworden. Die Staaten nördlich des Mains schlossen sich zur Norddeutschen Konföderation zusammen, die unter dem Vorsitz Berlins stand.

Einem Verwandten preußischen König wurde 1870 die Spanische Krone angeboten. Frankreich jedoch bestand darauf, dass dieser sie ablehnte. Eine Einkreisung durch die Deutschen war für Frankreich inakzeptabel und bald bahnte sich eine diplomatische Krise an. Dies war für Bismarck der Casus Belli. Er schrieb seine berühmte „Emser Depesche“ an König Wilhelm, der zur Kur weilte, und die mit „verschärften“ Worten (um)geschrieben war. Der Zweck war klar. Wilhelm sollte nicht mehr anders können, als Frankreich den Krieg zu erklären. So kam es auch. Frankreich wurde besiegt, vor allem in der großen Schlacht bei Sedan. Im Jänner 1871 wurde das Deutsche Reich im Spiegelsaal des Schlosses von Versailles proklamiert, nach dem sich die süddeutschen Königreiche, Bayern, Baden und Württemberg den anderen deutschen Staaten angeschlossen hatten. König Wilhelm I. wurde zu Kaiser Wilhelm I. und Bismarck zum ersten Reichskanzler.

Nun wollte Bismarck das Erworbene absichern, denn ihm war bewusst wie sehr die neue Supermacht im Zentrum Europas das Gleichgewicht in Europa gestört hatte, und eine neue Ordnung sich aufgetan hatte, die nur zu gerne von anderen Staaten wieder umgestoßen worden wäre. Frankreich wollte Rache für den Verlust von Elsass-Lothringen, mit ihm war ein dauerhafter Frieden nicht zu erwarten. Österreich war verärgert, konnte aber so weit gebracht werden mit Deutschland 1879 den „Zweibund“ zu schließen. 1882 schloss sich das neu gegründete Königreich Italien an ("Dreibund"). 1887 schloss Bismarck mit Russland den so genannten „Rückversicherungsvertrag“, der dafür sorgen sollte, dass Deutschland in einem kommenden Krieg (und Bismarck sah diesen voraus) nicht von zwei Fronten gleichzeitig angegriffen wurde. Solange Victoria I. Königin (Großmutter von Kaiser Wilhelm II.) von England war, gestalteten sich die Beziehungen zu Deutschland gut bis freundschaftlich. Erst als Victoria 1901 starb und Edward VII. König wurde, wendete sich das Blatt. 1904 schlossen England und Frankreich sich zur „Entente Cordiale“ zusammen. Ein eindeutig gegen Deutschland gerichtetes Bündnis. 1878 fand in Berlin der größte diplomatische Kongress sein Wien statt. Es ging um die Neuordnung des Balkans. Bismarck triumphierte auf dem Kongress, wie einst Metternich in Wien.

Innenpolitisch kam es zu einem „Kulturkampf“ mit der katholischen Kirche, in dem es um die Frage des Erziehungswesens ging. Bismarck erließ gesetzte, die den Katholiken verboten in Ausbildungsfragen mitzureden. Doch bald arrangierte er sich mit den entsprechenden Kreisen im Parlament, sowie dem Heiligen Stuhl in Rom. Die Sozialdemokraten waren Bismarck ein Gräuel. Doch drängte ihn die „Soziale Frage“ dazu erste Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungssysteme zu errichten. Damit war ein Grundstein des Sozialstaates Deutschland gelegt worden, und das von einem Konservativen.

1888 starb Wilhelm I. und nach wenigen Wochen auch sein Nachfolger Friedrich III. so dass Wilhelm II. Kaiser wurde. Dieser hatte modernere Idee und stimmt auch außenpolitisch mit Bismarck wenig überein. Er kündigte den Rückversicherungsvertrag mit Russland. Nachdem die Spannungen der beiden Männer immer heftiger geworden waren, bat der Kaiser den Kanzler um seinen Rücktritt. 1890 reichte Bismarck diesen ein. Er wurde entsprechend angenommen.
Bismarck sah mit Schrecken den Ersten Weltkrieg voraus und die hoffnungslose Lage in die Deutschland geraten würde, wenn es von zwei Seiten angegriffen würde. Wie Recht er damit haben sollte, zeigte die Geschichte keine zwei Jahrzehnte nach seinem Tod.

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