Montag, 12. Juli 2010

Das Weltbild des Teilhard de Chardin – Teil 1/6

Einführung
Ich beginne mit diesem Beitrag eine Serie über eines der Weltbilder, die mich am meisten beeindrucken und welches ich für geeignet halte zu beschreiben was um uns herum vor sich geht und wie sich der Mensch seine Existenz in einem größeren Ganzen erklären kann. Es ist ein Weltbild, das zwischen Glauben und Wissenschaft keinen oder kaum mehr einen Widerspruch bestehen lässt. Ganz im Gegenteil vereint es sogar wesentliche Teile der (christlichen) Religion mit den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft. Und dies ist das Welterklärungsmodell nach Teilhard de Chardin.

Zuerst aber noch etwas Organisatorisches. Ich beginne heute mit dem ersten Teil der Serie, welcher den Titel „Einführung“ trägt. Hier die Übersicht über die gesamte Serie (der genaue Zeitpunkt des Erscheinens der Beiträge ist noch offen, doch werden sie alle bis spätestens Samstag 31. Juli erschienen sein.). Die Quelle dieser Beiträge ist das Buch „Der Mensch im Kosmos“ von Teilhard de Chardin. Der Einteilung des Buches folge auch ich hier.

1.) Einführung
2.) Die Vorstufen des Lebens
3.) Das Leben
4.) Das Denken
5.) Das höhere Leben
6.) Zusammenfassung und Anhänge


Teilhard de Chardin
Pierre Teilhard de Chardin (von nun an TdC) wurde am 1. Mai 1881 bei Clermont-Ferrand in der Auvergne geboren. Der Vater war Naturforscher (Amateur), seine Mutter streng gläubige Katholikin. Diese beiden scheinbaren Gegensätze versuchte TdC sein Leben lang in sich zu vereinigen. Er trat in den Jesuitenorden ein, studierte Geologie, Physik und Chemie. Er unternahm viele geologische Exkursionen und unterrichtete von 1905 bis 1908 an der Jesuitenschule in Kairo Naturwissenschaften. 1911 erhielt er die Priesterweihe, an welche ein paläontologisches Studium in Paris anschloss. Im Ersten Weltkrieg dient er als Sanitäter. Anfang der 20er Jahre promovierte er in Geologie und erhielt eine Professur am katholischen Institut in Paris. Er unternahm viele Forschungsreisen nach Afrika, Burma, Indien und vor allem China.

TdC war einer der ersten Franzosen, die sich dem Darwinismus zuwandten, denn damals folgten in Frankreich die meisten noch fast ausschließlich den Lehren von Lamarck. Aufgrund seiner allzu „weltlichen“ Ansichten in Bezug auf die Schöpfung, insbesondere die Bejahung der Evolutionstheorie, kam er bald mit der Glaubenskongregation in Konflikt und verlor 1926 seinen Lehrstuhl. 1929 war TdC einer der Entdecker des „Peking-Menschen“ (Sinanthropus).

1940 erschien sein Hauptwerk „Le Phénomène Humain“ (dt. „Der Mensch im Kosmos“). Dieses Werk wurde jedoch nicht mehr zu Lebzeiten TdC veröffentlich, da er die nötige Erlaubnis seiner Ordens und der Kirche nicht erhielt (als freier Autor wolle er das Werk nicht veröffentlichen). Zweimal wurde er von seinem Orden verbannt. Jedes Mal gehorchte er den Anordnungen seines Oberen. 1950 wurde er Mitglied der Französischen Akademie der Wissenschaften. TdC starb am Ostersonntag des Jahres 1955 in New York. Nach seinem Tod wurden seine Werke, vor allem „Der Mensch im Kosmos“, veröffentlicht und entwickelten sich bald zu Bestsellern. In den 60er Jahren erreichte er auch im deutschsprachigen Raum geradezu Kultstatus.


Kurze Übersicht über das Weltbild
Für TdC begann das gesamte Universum mit einem Anfang, wie man sich es heute im Urknall vorstellt, dem Big Bang. Dieser Anfang nennt er Alpha. Das ganze Universum bewegt sich auf einer Achse, die er in Jesus Christus identifizierte, auf einen Endpunkt zu, dem Punkt Omega (die Bezeichnung Alpha und Omega kommen aus der Offenbarung des Johannes, in der Jesus als das A & O bezeichnet wird). TdC geht nach dem Urknall von einer Genese über die Stadien der unbelebten Materie, über das Leben, das Denken bis zu einem höheren Leben aus, das in Omega seinen Höhepunkt und Abschluss findet. Das dem ganzen zugrunde liegende Phänomen ist das Bewusstsein, das bereits im Anfang, zumindest in Ansätzen, vorhanden gewesen sein musste. Also trägt bereits die unbelebte Materie den Keim des Bewusstseins in sich und wird über die Pflanzen und Tiere hinweg immer komplexer. Irgendwann erreichte diese Komplexität einen derart hohen Stand, dass ein Wesen sich zum ersten Mal seiner selbst bewusst wurde. Und das ist in der Gestalt des Menschen geschehen. Der Mensch ist das erste Wesen, dass sich seiner selbst bewusst ist. Der Mensch ist die sich ihrer selbst bewusst gewordene Evolution!

Damit aber ist der Mensch nicht einfach die Weiterentwicklung der Tiere, sondern etwas ganz anderes. Mag der Mensch auch auf der Stufe der DNS 95 oder sogar 98 Prozent mit dem Schimpansen identisch sein, so ist aufgrund der Komplexität des Bewusstseins durch ihn doch ein „neues“ Wesen entstanden. Der Mensch ist kein höheres Tier, sondern ein neues Phylum (Stamm von Lebewesen). TdC nimmt an, dass die Entwicklung vom Stadium des Menschen an nur noch geistig vonstatten geht, da er glaubt im Menschen einen körperlichen Endzustand erkannt zu haben. Und hier beginnt das eigentliche dessen, was in der Gnosis als Noogenese (Entwicklung des Bewusstseins) genannt wird. TdC glaubte, dass wir uns genau an so einem Übergangspunkt befänden und dass der große psychische Druck, den die Menschen in unserer Zeit verspüren eine größere „geistige Verdichtung“ ankündige, bzw. dass ein solche schon im Gange sei, die uns in radialer Richtung weiter gen Omega führen würde. Einen Überblick über die Theorie der Entwicklung des Universums nach TdC gibt die Grafik mit der dieser Artikel begann.

Die Details dazu schildere ich in den Beiträgen der kommenden drei Wochen.

Mittwoch, 7. Juli 2010

Das einmalige Phänomen des Christentums

„Denn er (Gott) lässt sich finden von denen, die ihn nicht versuchen, und zeigte sich denen, die ihm nicht misstrauen.“ (Weisheit 1,2)

Das Christentum ist eine der drei „Abrahamitischen Religionen“; denn sowohl der Islam (durch Ismael) als auch das Judentum (durch Issak) leiten sich vom Stammvater Abraham ab. Abraham ist der erste Hebräer nach der Bibel (alles bis dahin Geschehene bezieht sich auf alle Menschen und Völker; so sind etwa Adam, Eva, Noah, Melchisedek etc. keine Juden; das ist wichtig zu wissen, denn Gott ist der Schöpfung aller Menschen, nicht nur der Juden!). Allen drei gemeinsam ist, dass sie monotheistische Religionen sind. Die Trennung von Judentum und „Islam“ erfolgte schon sehr früh. Freilich kann noch nicht von Islam gesprochen werden, denn der entstand erst im 7. Jahrhundert nach Christus in Mekka und Medina. Aber die Ursprünge (und damit auch der Schwierigkeiten im Nahen Osten) liegen viel weiter zurück in der Geschichte. Abraham hatte, da seine Frau Sara unfruchtbar war, mit der Magd seiner Frau, Hagar (einer Ägypterin) einen Sohn, namens Ismael. Dieser war der Erstgeborene Abrahams, allerdings unehelich. Später (im Alter von 90 Jahren) bekam Sara doch noch eine Kind, einen Sohn, der den Namen Isaak erhielt. Dieser ist zwar der Zweitgeborene, aber er ist durch Gottes Erwählung der rechtmäßige Erbe Abrahams. Das ist die Sicht der Juden (und auch der Christen). Aus Ismael gingen die Araber hervor und sie berufen sich auf die Erstgeburt Ismaels und damit auf ihr Vorrecht. Die Juden berufen sich auf die eheliche Zweitgeburt, die das Vorrecht habe durch den Entschluss des Allerhöchsten. Die Trennung zwischen Judentum und Christentum erfolgt etwa zweitausend Jahre später. Manche meinen bereits durch Jesus Christus selbst, andere meinen erst, nachdem die Apostel gestorben waren und sich die Urchristen (vor allem außerhalb Palästinas) formiert hatten.

Das Judentum hatte die erste monotheistische Religion der Welt. Es wird zwar zuweilen behauptet, dass doch bereits der Pharao Echnaton (Amenophis IV.) nur einen „Gott“ angebetet (Wie übrigens auch König Melchisedek, den Abraham dort trifft, wo später Jerusalem entstehen sollte) hätte und dass möglicherweise die Hebräer eine ägyptische Splittergruppe gewesen seine, die nachdem, Echnaton gestorben war und die Priester wieder den alten Polytheismus einführten, aus Ägypten fliehen mussten. Zeitlich könnte das zusammen passen, denn der Auszug der Israeliten dürfte irgendwann zwischen 1250 und 1300 vor Christus stattgefunden haben. Der Pharao, dessen Namen in der Bibel nicht genannt wurde, wird von den meisten als Ramses II., der Große, ausfindig gemacht. Tatsächlich betete Echnaton nicht einen Gott an, sondern die Sonne (das jedoch exklusiv). Zudem ist der Glaube an den einen Gott viel älter, er geht auf Abraham zurück und dieser lebte wahrscheinlich um etwa 1750 bis 1800 v. Chr. also zur Zeit des großen babylonischen Königs Hammurabi I. Abraham stammt ursprünglich aus Ur in Chaldäa (Mesopotamien), wanderte jedoch schon als Kind mit seinen Eltern nach Haran (heutige Türkei) aus und ließ sich erst viel später, als er schon 75 Jahre alt war, in Kanaan nieder (Er war also wahrscheinlich ein Halbnomade). Die Israeliten zeichneten sich, als sie aus Ägypten auszogen durch ihren Eingottglauben aus und unterschieden sich von allen anderen Völkern, die ihre Nachbarn waren. Diese verehrten alle möglichen Götter und Götzen. Es war ein harter Kampf, den Monotheismus aufrecht zu erhalten und die Bibel berichtet ständig davon, dass auch die Israeliten wieder Götzen anbeteten oder ihre Religion mit denen ihrer Nachbarn zu vermischen suchten.

Soviel zum groben Überblick über die gemeinsame Wurzel von Judentum, Islam und Christentum. Ich will hier keine Geschichte des Christentums aufzeigen, sondern nur das Phänomens dieses Glaubens in der Welt, so wie es sich heute darstellt beobachten. Worin liegt nun die Besonderheit?

Was mich in erstaunen versetzt ist der Daseins- und Wirklichkeitswert des Christentum. Das Christentum wendet sich nicht exklusiv an eine Gruppe (wie das Judentum), Gott ist kein Gott für ein bestimmtes Volk, sondern für alle Menschen. Der Einfluss des Christentums ist überall auf der Welt spürbar, unabhängig davon, wie man persönlich auch dazu stehen mag. Doch ist weniger entscheidend, wie weit sich der Rahmen des Einflusses über die Erde ausdehnt, als viel mehr, wie tief dieser Einfluss in seiner Qualität auf den Einzelnen, aber auch auf menschliche Gruppen und Völker wirkt. Die Realität des Christentums kann nicht bestritten werden. Jetzt ist aber von Bedeutung, was es bewirkt und wie es der Welt bei ihrer Entwicklung hilft?

Der christliche Gott ist nicht angreifbar! Das mag eine gewaltige Aussage geheißen werden, und das ist sie auch. Vielleicht mag man den Vorwurf erheben, dies sei arrogant, doch ist das ebenso wie mit der Frage danach wer Recht hat, davon abhängig, dass man nicht weiß was richtig und falsch ist. Denn wer sagt „Ich habe (absolut) Recht!“, der ist arrogant, wenn er die Unwahrheit sagt. Wenn er aber Recht hat, so ist diese Aussage nicht arrogant, sondern einfach nur zutreffend. Warum soll Gott also nicht angreifbar sein? Das liegt daran, dass Gott allmächtig und unbeschränkt ist. „Niemand hat Gott je geschaut“, soll heißen, dass der Mensch nie Gott in seiner Gesamtheit gesehen hat. Denn der christliche Gott ist per definitionem ein Gott, der als solcher vom menschlichen Geist nicht erfasst werden kann. Mancher Spötter meint, dass dies eine feine Definition für all diejenigen sei, die befürchten es könnte eines Tages gelingen Gott zu beweisen oder zu widerlegen und dann hätten sie nichts mehr woran sie glauben könnten. Dieser Einwand ist aber selbst wieder ein Glaubenssatz, denn er unterstellt unlautere Motive und nimmt im Zweifel das Schlechtere an. Eine solche Haltung ist aber selbst keine Wissenschaft, sondern ein Dogma. Wir müssen uns also damit begnügen, dass Gott nicht erfasst werden kann. Das heißt aber nicht, dass man von Gott gar nichts wissen kann. Im Römerbrief heißt es etwa „Was man von Gott erkennen kann, ist ihnen offenbar; Gott selbst hat es ihnen geoffenbart. Sein unsichtbares Wesen, seine ewige Macht und Göttlichkeit sind seit Erschaffung der Welt durch das Licht der Vernunft an seinen Werken zu erkennen.“ (Röm. 1,19-20).

Der Mensch hat einen freien Willen und damit hat jeder auch die Autorität den Glauben anzunehmen oder nicht. Wenn man den Glauben aber angenommen, hat, dann wird er selbst zur Autorität über denjenigen, der ihn gewählt hat. Das ist aber nur scheinbar so, denn der Gläubige erkennt, dass diese höhere Autorität Gottes immer schon bestand, es also durch den Glauben nicht zu einer Umgestaltung der Tatsachen, sondern nur zur Erkenntnis und Annahme derselben kommt. Der Mensch steht von Anfang an unter der Autorität Gottes, doch erkennt er dies oft nicht und erkennt er dies, mag er es immer noch nicht annehmen. Gott zwingt sich dem Menschen nicht auf, der freie Wille steht nicht im Widerspruch zur Allmacht Gottes. Vielmehr ist er ein Zeichen von Gottes Liebe, der keine Knechte, sondern aufrechte, selbstbewusste Geschöpfe haben möchte. Jedoch macht Gott die Regeln und ein Nichteinhalten derselben hat Konsequenzen. Das darf niemals vergessen werden. Nicht der Mensch macht die Regeln. Gott macht sie.

Was kann also von Gott erkannt werden. Einerseits haben wir das Wort Gottes selbst in der Bibel. Damit ist aber die Erkenntnis Gottes nicht abgeschlossen, denn der oben zitierte Vers zeigt, dass durch das Licht der Vernunft an den Werken Gott erkannt werden kann, freilich immer nur in dem kleinen Rahmen, den der Mensch aufgrund seines Geiste zu erkennen vermag. Es wäre eine Hybris zu behaupten: „Ich habe Gott erkannt (in seiner Gesamtheit)!“ Niemand kann dies.
Ich denke die zentrale Eigenschaft Gottes, die uns offenbart ist, die die Liebe. So sind denn auch die beiden wichtigsten Gebote der Christen: 1.) Bedingungslose Liebe und Vertrauen zu Gott und 2.) Liebe zum Nächsten. Und, das ist ganz entscheidend: Beide sind gleich wichtig! (Markus 12, 29-31) An diesen Beiden Geboten hängen das ganze „Gesetz“ und die Propheten. Das ist eine gewaltige Aussage. Gott ist kein Tyrann, kein ferner Gott, der angebetet werden will, sondern ein liebender Vater, ein persönlicher Gott, dem die Menschen lieb und teuer sind, der die Liebe der Menschen untereinander der Liebe zu ihm gleich stellt.

In einer zynischen Welt, wie wir sie heute oft vorfinden, mag man kaum an die Aufrichtigkeit glauben, mit der Menschen vorgeben ihren Nächsten zu lieben. Trotzdem hat es diese Liebe immer gegeben und es gibt sie noch heute. Menschen, die in liebevoller Hingabe für andere da sind, sind eine Tatsache. Ebenso Menschen, die ihr eigenes irdisches Dasein nicht in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit stellen, sondern einem höheren Ziel dienen, die den Blick erweitern und das größere Ganze dem dummen Egoismus vorziehen. Genau das ist der Anspruch des Christentums. Nicht Menschen zu dienen, nicht auf den eigenen kleinen Horizont zu sehen, sondern weit darüber hinaus für den Unendlichen etwas zu schaffen. Und die Intensität mit der das Christentum im Guten in den Menschen wirkt, nimmt immer noch weiter zu. Der christliche Glaube lässt die Kulturen gedeihen.

Ich unterscheide hier zwischen Religion und Glaube. Religion ist für jede Gesellschaft sehr wichtig, denn kein anderes System vermag den Menschen emotional so vorteilhaft zu stimulieren. Dabei ist der Einzelne ein Teil von etwas Größeren. Dabei geht es keineswegs um eine Illusion oder eine „Seelentrösterei“ (der Mensch soll sich wichtig fühlen in einem riesigen Universum, das sich scheinbar nicht um ihn kümmert). Ich will hier aber mehr davon schreiben, was der Glaube durch den einzelnen und in der Welt bewirkt.

Das Christentum ist auf die Welt, auf die Schöpfung ausgerichtet. Es ist absolut lebensbejahend und steht dem Tod entgegen. Die Fülle, die Entfaltung, der Aufbau, das Gute und Edle ist es, was Gott will, wozu auch der Mensch berufen ist. Gott ist ein persönlicher Gott, keine metaphysische Idee, kein bloßer Gedanke, sondern eine reale Person. Der Mensch führt beim Beten keine Selbstgespräche, er hat ein echtes Gegenüber, jemand, der ihm antwortet. Der Mensch ist Gott gegenüber verantwortlich. Damit wird klar gestellt, dass niemand mit irgendeiner Sache davonkommt, selbst wenn nie ein Mensch davon erführe. Denn ohne Gott würde der Schwindler, der Betrüger, der Unredliche, der es fertig bringt von der irdischen Macht nicht erwischt zu werden, damit durchkommen. Dass dem nicht so ist, dessen ist sich der Gläubige gewiss.

Anders als viele glauben, ist der christliche Glaube nicht dualistisch. Der Teufel ist kein Anti-Gott, der mit Gott um die Seelen der Menschen und um die Schöpfung wetteifert. Der Teufel ist selbst eine Schöpfung Gottes und untersteht auch völlig der Autorität Gottes. Der Teufel kann nichts gegen Gott tun, was dieser ihm nicht selbst im Rahmen seiner Schöpfung zugesteht. Die Ansicht, dass Gut und Böse um die Welt wetteifern ist manichäisch und hat sich ein zeitlang im Orient und bis nach Rom hin gehalten. Doch ist es eine falsche Theologie, dies heute noch zu vertreten, weder das Christentum noch das Judentum können einen solchen Dualismus heute noch ernsthaft vertreten.

Das Christentum ist auch die Religion der Freiheit schlechthin! Das Christentum ist die Religion der Aktivität. Der Mensch ist nicht nur Geschöpf, sondern Mitschöpfer. Gott ist kein Polizist, der dem Menschen ständig auf die Finger klopft, wenn er etwas falsch macht. Gott ermutigt den Menschen etwas zu wagen, etwas zu tun. Geht der Mensch in die Irre, dann holt ihn Gott schon wieder zurück. Er möchte, dass wir unsere Sünden bekennen, das heißt aber vor allem, dass wir völlig ehrlich sind in allen Dingen. Die Lüge blockiert den Menschen. Gerade darin liegt die psychologische Freiheit die das Christentum bereithält. Man kann Fehler machen, man kann sündigen, es wird einem vergeben, die Last kann „auf den Herrn“ geworfen werden. Der Mensch ist frei von allen Lasten auch von seiner Vergangenheit, nichts wird einem mehr vorgehalten, wenn man Buße getan hat. Welche Religion hat diese Kraft der Befreiung? Menschen mögen Dinge ewig vorhalten, Gott hält einem gar nichts vor, das vergeben wurde! Das ist die psychische Freiheit. Es gibt aber auch eine „weltliche“ Freiheit, nämlich jene von den menschlichen Herren. Zwar mag jemand in eines anderen Dienst stehen, doch dient er ihn Wahrheit Gott und damit einem höheren Ziel. Nach außen hin mag dies kein Unterschied machen und von anderen gar nicht erkannt werden, für den einzelnen ist es jedoch ein Unterschied wie Tag und Nacht. Selbst die banalste Tätigkeit bekommt eine höhere Bedeutung, wenn sie für Gott verrichtet wird. Ganz nebenbei hat dies auch ganz profane Auswirkungen. Die Qualität der Arbeit ist besser und die Zufriedenheit mit dem Leben wird gesteigert. Die Psyche ist belastbarer und durch die Wirren des Lebens geht man ohne echten Schaden hindurch. Ein Mensch, der fest im Glauben steht (Luther sagt, der Glauben ist seine „feste Burg“), der kann durch nichts erschüttert werden. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass deshalb auch ein Mensch, der nie aus dem Glauben fällt, nie an einer Neurose, Psychose oder Persönlichkeitsstörung leiden wird. Das Christentum fordert also zu Aktivität auf, etwas in der Welt zu schaffen und „fruchtbar“ zu sein, in jeder nur erdenklichen Hinsicht. Deshalb ist das Christentum keineswegs wissenschaftsfeindlich. Thomas von Aquin zeigte auf, dass Glaube und Vernunft sich gegenseitig suchen. Es ist gerade das Christentum, das den Menschen aufruft Gottes Werke zu untersuchen, darüber nachzudenken und seine Schlüsse daraus zu ziehen.

Den meisten Religionen ist es nicht möglich sich an die modernen Anforderungen der Wissenschaft und der Welt, wie sie sich im 21. Jahrhundert darstellt anzupassen. Viel zu eng sind die mythischen Vorstellungen, der Pessimismus und die Passivität. Nicht so beim Christentum. Freilich gibt es auch hier bestimmt Menschen, die lieber einen engen Rahmen vertreten und sie werden ebenso die allergrößten Probleme mit der Welt bekommen. Nicht aber so bei demjenigen, der den Geist des Christentums in einem höheren Maße in sich aufgesogen hat. Mit der Weite des Alls, mit der unendlichen Kleinheit der elementarsten Teilchen, so wie wir sie nun erkennen, steht das Christentum nicht im Widerspruch. Ganz im Gegenteil. Darin zeigt sich umso mehr Gottes Größe. Sicherlich ist diese Ansicht nicht zwingend und es ist möglich ohne Staunen und ohne Gedanke an Gott die Großartigkeiten das Universums zu betrachten, doch bleibt dies nur dann so, wenn der Mensch auf den Verstand alleine beschränkt bleibt. Erfasst der Mensch den Kosmos mit all seinem Wesen, dann bleibt ihm nichts anderes als zu staunen. Die größten Wissenschaftler haben zu dieser zweiten Sicht tendiert. Wie Einstein sagte gibt es Menschen die der Natur gegenüber mit Staunen begegnen und solche für die nichts erstaunenswert ist.

Gerade das Christentum bietet die Weite und Verbundenheit, die für die Entdeckung der Welt und des Kosmos vonnöten ist. Trotz seiner organischen Kleinheit würde der Christ nie auf die Idee kommen unbedeutend zu sein, nie käme er zu einem nihilistischen Standpunkt, denn er ist sich gewiss, von Bedeutung zu sein, weil sein Schöpfer ihn bedingungslos liebt. Mit dieser Gewissheit tritt man ganz anders an die Welt heran, als ohne sie, das leuchtet jedem ein. Gerade durch die Erforschung der Welt und durch das Schaffen des Christen drückt er seine Liebe zu Gott aus. Gerade durch das Christentum kann das unendlich Große mit dem unendlich Kleinen „versöhnt“ werden. Eine auf Liebe gegründete Synthese, die auf einen transzendente Pol ausgerichtet ist, das ist es, was sowohl den Schutz allen Seins, als auch dessen Fortentwicklung gewährleistet. Welche andere Religion oder Denkrichtung kann sich damit messen? Das Christentum schöpft nicht nur einfach aus der Vergangenheit. Denn es ist seinem Grunde nach nicht irgendwann im Laufe der Zeit durch die Menschen entstanden, sondern war von Anfang an, als Himmel und Erde geschaffen wurden. Es ist der Same, der von der ersten Sekunde der Existenz von irgendeiner Sache bereits zugegen war und die Schöpfung bei ihrer Entwicklung begleitet, bis zum Ende allen Seins. Es ist eben dieser höchste Punkt, dieses transzendentale Gegenüber, auf das alles hin ausgerichtet ist. Der Heilige Augustinus schreib dazu: „Du oh Herr hast uns zu dir hin erschaffen und deshalb ist unser Herz unruhig, bis es ruht in dir.“ Damit ist treffend ausgedrückt, was den Menschen in seinem inneren antreibt. Aber nicht nur den Menschen, sondern die gesamte Schöpfung vom kleinsten Teilchen bis zur größten Galaxie. Dieser Punkt ist es, der wie ein heller Sonnenstrahl die Wolkendecke durchbricht, den Menschen aus seiner Einsamkeit herausreißt und uns erkennen lässt, dass es einen wahrnehmbaren Einfluss eines Anderen gibt, der außerhalb des Universums seine „Wohnstatt“ hat und dabei doch ganz in seiner Schöpfung ist. Und genau damit stimmt das Christentum überein. Es wird wohl nicht von Zufall die Rede sein können.

Das Christentum ist programmatisch auf die Vollkommenheit hin ausgerichtet („Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ – Matthäus 5,48). Freilich ist dies nicht deskriptiv zu verstehen, denn kein Mensch kann dem entsprechen. Es wäre auch völlig falsch dies so anzunehmen. Niemand ist schuldhaft, weil er nicht vollkommen ist, das hieße schuldhaft zu sein, weil man ein Mensch ist. Gott ist gerecht und deshalb ist ein Mensch niemals Schuld an einer Sache, die er nicht anders machen konnte. Aber einen Hinweis gibt es doch. Menschen sind unvollkommen, Gott aber ist vollkommen. Es ist ohne weiteres zu sehen, dass es deshalb zwischen dem Menschen und Gott eine Kluft gibt. Diese Kluft wird Sünde genannt. Ein unvollkommenes Wesen kann nicht zu einem vollkommen Wesen aus sich selbst heraus gelangen, weshalb die Überbrückung der Kluft nur vonseiten des Vollkommenen geschehen kann. Gott tat dies, indem er seinen Sohn (Vollkommenheit) in die Welt kommen ließ, welcher durch sein Opfer die Trennung hinweg nahm, so dass für alle nun eine „Brücke“ über den Abgrund existiert. Ich denke dies ist die beste bildhafte Erklärung für das, was das Christentum im Kern aussagt: Jesus Christus ist der Weg zu Gott!

„Ein Atheist kann Gott genauso wenige finden, wie ein Dieb einen Polizisten finden kann“. Diese Worte stammen aus dem Mund eines bekannten Amerikanischen Predigers. Ich denke, dass es ein sehr guter Vergleich ist. Der Atheist ist stolz, er möchte sich selbst zum Gott erheben und hasst den Gedanken, dass nicht er die Regeln machen kann und noch mehr, dass er gerichtet werden wird. So gefällt es ihm und er legt sich seinen Glauben seinen eigenen Wünschen gemäß zurecht: Dieser Glaube heißt dann Atheismus. Die Bibel sagt, dass wer nicht an Gott glaubt ein Narr ist. Eine Beleidigung? Könnte man vielleicht annehmen, doch Gott gedenkt nicht Menschen zu beleidigen. Vielmehr ist damit gemeint, dass derjenige, der nicht an Gott glaubt, der Weisheit entbehrt. Weisheit offenbart sich dem Demütigen, denn sie kommt nicht durch den Verstand alleine. Nur wer ein „erweichtes“ Herz hat, dem kann sie sich zeigen. Der Stolze kann niemals weise genannt werden. Weisheit aber ist eine Gnade, nicht etwas, das der Mensch sich selbst zulegen kann, weder durch Studium, noch durch Lebenserfahrung. Wer aber dieser Gnade zuteil geworden ist, der erkennt auch deren Ursprung und den dahinter stehende Schöpfer. Das Böse entspringt der Unwissenheit des Menschen, denn bei richtigem Verständnis zeigt sich, dass die Gebote Gottes kein Tyrannenwerk, sondern vernünftig sind und Freiheit, Glück und Erfolg mit sich bringen. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass ein mit Gott gelebtes Leben ein Leben ist das Erfüllung bringt. Und dies ist das Größte, was im Diesseits erreicht werden kann. Alles andere ist eine Frage des Jenseits.

Was ist also der „Benefit“ des Christentums. Da gibt es zwei Ebenen. Die eine bezieht sich auf das Diesseits, die andere auf das Jenseits. Im Diesseits bietet das Christentum eine persönliche Beziehung zu Gott durch Jesus Christus. Das heißt der Mensch bekommt Antworten auf die Frage: 1.) Wer bin ich? 2.) Woher komme ich? 3.) Wohin gehe ich nach dem Tod? Und 4.) Was ist der Sinn meines Lebens? Die Qualität des Lebens nimmt zu, die Entropie im Geiste nimmt ab. Und letztendlich: im Jenseits führt die Annahme Jesu Christi und das Verweilen in seinem Wort zum ewigen Leben im Himmel. Wer könnte hierzu ernsthaft „Nein“ sagen?

Mittwoch, 30. Juni 2010

Ein pragmatischer Zugang zum Glauben

Es ist interessant zu beobachten, wie unterschiedlich doch oft der Zugang zum Glauben der einzelnen Menschen ist. Was auf Individuen zutrifft, kann man ebenso in Bezug auf ganze Nationen beobachten. So unterscheiden sich die Diskussionen und Ansichten der Amerikaner nicht selten ganz erheblich von jenen in Europa. Die Europäer sind Menschen, die denken wollen, und zwar so lange denken, bis sie glauben einen perfekten Plan zu haben, um erst dann zur Tat zu schreiten. Folglich aber möchte man einen Volltreffer landen, schließlich hat man ja so viel Zeit und Energie darauf aufgewendet eine Strategie auszuarbeiten. In Wahrheit steckt dahinter aber die große Angst zu versagen, etwas, das den europäischen Kontinent schon lange im Griff hat. Und tatsächlich ist Europa erheblich ins Hintertreffen geraden durch seine „Denksucht“, durch das permanente Intellektualisieren, das Beraten. Fakt in nämlich, dass sich die Welt nicht im Geringsten darum kümmert, was der Mensch von ihr denkt und sie lässt sich kein geistiges Bild aufzwingen. Große Generäle der Geschichte haben sich dann auch tatsächlich dadurch ausgezeichnet, dass sie alle Pläne und Strategien, die auf dem Reißbrett entstanden waren, und so gut aussahen, verwarfen und im Moment der Schlacht richtig agierten. Napoleon ist ein beredetes Beispiel dafür. Keiner kannte das Schlachtfeld besser als er, keiner hatte ausgefeilter Pläne entwickelt als er, und doch konnte er alles ändern, wenn die reale Situation vor Ort es so verlangte.

Was nun die Frage des Glaubens betrifft, so trifft man in Europa recht wenig davon an, zumindest, was den wahren Glauben betrifft; denn Glauben heißt zu sehen, was nicht da ist und zu erwarten, was man nicht erklären kann. Ja gerade hier ist die große Herausforderung des Glaubens: Das Erwarten einer Sache, die man (noch) nicht sieht und die man sich auch überhaupt nicht vorstellen kann (der Verstand kann keine Lösung liefern). In Europa trifft man aber oft die Ansicht an: „Ich glaube es, wenn ich es sehe“. Das ist natürlich überhaupt kein Glaube. Man unterstellt damit, dass die Wirklichkeit sich den Sinnen und dem Verstand unterzuordnen hat. Es ist leicht ersichtlich, dass dadurch nur der kleinste Teil der Wirklichkeit erkannt werden kann. Zu Glauben heißt ja, seinen Geist zu öffnen für die Unbegreifliche. Gerade der moderne Mensch, der keine Fesseln tragen möchte, trägt noch immer die Fesseln des Verstandes und der Sinneswelt. Unter dieser Einschränkung leidet vor allem der europäische Mensch.

In Amerika hingegen, ist es etwas anders. Die amerikanische Kultur ist von jeher offener den Dingen gegenüber, auch was das Übersinnliche betrifft. Zudem ist für Amerikaner nicht so sehr das Rechthaben im philosophischen Sinne wichtig, sondern das Funktionieren einer Sache. So stellt der Amerikaner auch viel eher die Frage: „Was bringt mir das?“, als der Europäer, der die Frage stellt: „Ist es wahr?“. So erzählte mir einmal ein Bekannter aus Arizona: „Ihr Europäer seid richtige Hirnwichser, ihr verheddert euch in Grabenkämpfen und bedenkt nicht das große Ganze. Sieh her! Es ist doch so: Wenn ich sterbe und ich habe nicht geglaubt, und wenn die Bibel wahr ist, dann habe ich ein großes Problem und es ist dann nicht mehr lösbar. Doch wenn es nicht wahr ist, und ich sterbe, dann habe ich ja auch nichts verloren. Beim Glauben kann ich also alles gewinnen, aber nichts verlieren. Es ist einfach dumm nicht zu glauben!“ Solch einen Ansatz habe ich in Europa noch nie gesehen, aber ich muss gestehen er ist sehr erfrischend, ganz anders als die erdrückende Schwere der europäischen Geisteshaltungen.

Glaubt man also an die Bibel und lebt danach, dann muss man zugeben, dass man dadurch ein ethisch-moralisch hochwertiges Leben führt, man behält ein reines Gewissen, es entstehen keine Selbstzweifel und –vorwürfe. Lebt man wirklich nach der Bibel, dann weiß man wie im Leben zu entscheiden ist, man hat einen klaren Katalog an Werten und handelt nicht egoistisch, da man sein Leben einem höheren Zweck unterstellt. Die Gemeinschaft gedeiht besser, die Menschen sorgen füreinander, Not und Elend haben ein Ende und vor allem, das ist das Wichtigste: Die ganzen psychischen Probleme des Menschen haben ein Ende. Ich bin davon überzeugt, dass ein Leben nach der Bibel zur Beseitigung sämtlicher Neurosen, Persönlichkeitsstörung und sogar Psychosen führt. Die großen Fragen des Lebens: „Woher komme ich?“, „Wohin gehe ich?“ und „Was ist der Sinn meines Leben?“ werden beantwortet. Man erkennt dann auch welch spannendes Werk die Bibel ist und ganz allgemein nimmt die Qualität des Lebens zu. Das ergibt sich einerseits, wenn man sich überlegt, was mit einem Leben geschieht, das nach diesen Prinzipien geführt wird. Andererseits kann man auch das Leben von Menschen beobachten, die danach bereits leben. Dabei sollte man allerdings vorsichtig sein, denn es gibt Menschen, die anstatt frei zu werden, sich knechten und einem besonders strengen Regime unterwerfen. Das rechte Leben ist auch im Christentum eines des rechten Maßes. Es geht weder um überschwängliche Sinnesbefriedigung, aber auch nicht um beinharte Askese. Die menschliche Seele braucht das rechte Maß an Stimulation. Gibt es keine Kraft, die auf sie wirkt, wird der Mensch träge und sein Leben verfällt in Sinnlosigkeit. Ist der Druck auf die Seele zu groß, dann droht entweder die Verhärtung oder das Zerreißen der Seele. Nur das rechte Maß lässt sie aufblühen und gedeihen. Ich glaube die Gestalt, die diesem Leben, an das ich denke, am nächsten kommt, ist jenes des Königs David. Er war äußerst erfolgreich, reich und von den Menschen geliebt und sein Name überstrahlt die Jahrtausende.

Auf einen wichtigen Unterschied möchte ich noch hinweisen. Viele verwechseln Glauben mit Religion. Den Glauben habe ich oben bereits definiert. Religion ist das von Menschen geschaffene Werk, die Institution. Dabei bilden sich notwendigerweise Traditionen heraus, die leider in vielen Fällen wie Glaubensdogmen behandelt werden. Aber das ist nicht das, was Jesus uns aufträgt. Für den Christen gilt, dass wahre Christusnachfolge bedeutet, dem Herrn sein Leben anzuvertrauen und in seinem Wort zu bleiben (in der Bibel). Insofern soll man seinen Autoritäten in der Kirche auch folgen. Doch dort, wo der Priester oder Pastor dem Wort Gottes nicht mehr folgt, dort ist nicht mehr zu folgen. So gibt es auch ein Beispiel bei Paulus. Dort heißt es die Frau folge dem Mann, wie dieser Christus folgt. Das heißt aber nicht, dass die Frau dem Mann einfach folgen soll, es ist keine Herrschaft des Mannes per se, aus ihm selbst heraus. Das ließe sich auch nicht mit der Gleichheit der Geschlechter vereinbaren, die eindeutig Jesu Lehre ist. Nein, nur insofern soll die Frau dem Mann folgen, als er dem Herrn folgt. Das heißt aber auch, dass gerade die Frau auf das spirituelle Leben des Mannes achten soll und ihn auch klar darauf hinweisen soll, wenn er abfällt und in so einem Fall ihm auch die Gefolgschaft verweigern kann. Das ist alles andere als eine schwache Position der Frau. Das gleiche gilt für den Gläubigen im Verhältnis zu seinem Priester/Pastor.

Am Ende soll noch gesagt werden, dass der Glaube keine Bedrückung, sondern eine Befeiung ist. Wenn der Glaube einen niederdrückt, dann ist es kein wahrer Glaube. Ich möchte die rechte Einstellung „ernsthafte Leichtigkeit im Glauben“ nennen, denn ich denke damit ist am Besten ausgedrückt, worum es geht. Und noch etwas: Nicht alle Fragen sind solche auf Leben und Tod, nicht jedes Detail entscheidet über Himmel und Hölle, denn Gott sieht auf das Herz und nicht auf die Tat an sich, oder die (materiellen) Umstände.

Mittwoch, 16. Juni 2010

Abraham Lincoln (1809 – 1865)

Wenn es einen Menschen gibt, der für zähes Durchhaltevermögen bekannt wurde, einer, der unter permanenten Misserfolgen zu leiden hatte, im geschäftlichen, politischen und privaten Bereich und am Ende zum größten Triumphator wurde, dann ist es der sechzehnte Präsident der Vereinigten Staaten, Abraham Lincoln. Lincoln wuchs als Sohn eines Pioniers im rauen Hinterland von Indiana auf, erhielt kaum eine formales Schulbildung, und brachte sich den größten Teil seiner Kenntnisse und Fähigkeiten selbst bei. Harte Arbeit, unvorteilhafte Lebensumstände und ein ständiger Kampf kennzeichneten nicht nur seine frühen Jahren, sondern blieben ein beständiges Muster über sein ganzes Leben hinweg.

Er stand schon sehr früh auf einen Beinen, arbeitete an verschiedenen Stellen (selbstständiger Händler, Betreiber einer Mühle und Postmeister) und erkundigte in dieser Zeit auch weite Teile des Mississippi bis hinunter nach New Orleans (er baute sich selbst ein Floß, mit dem er auf dem Fluss bis in den Süden fuhr). Nebenbei brachte er sich die Rechte bei und arbeitete bald als Anwalt. Er ließ sich in Springfield, Illinois, nieder und heiratete Mary Todd. Die Ehe war sehr stürmisch, aber keine Tragödien, wie später oft vermeint wurde. Er erlitt einige geschäftliche Pleiten, arbeitete sich jedoch jedes Mal mit aller Kraft wieder heraus. Als Anwalt hatte er lange nur mittelmäßigen Erfolg.

1847 wurde er zum ersten Mal in den Kongress nach Washington gewählt. In dieser Zeit als Politiker erwarb er sich den Ruf der Ehrlich- und Verlässlichkeit. Jedoch verlor er die nächste Wahl und kehrte wieder in die Provinz als Anwalt zurück. 1854 hielt er in Louisiana seine erste berühmte Rede gegen die Sklaverei, in der er sie als Eigensucht der menschlichen Natur bezeichnete, die nicht von Liebe und Gerechtigkeit getragen werde. 1856 schloss sich Lincoln den Republikanern an und führte landauf landab einen heftigen Wahlkampf. Zur damaligen Zeit war es üblich sich stundenlang in den verschiedenen Städten vor großem Publikum verbal (manchmal auch körperlich) zu streiten. Die Aufnahmefähigkeit, auch der einfachen Leute, jener Zeit war bemerkenswert. So konnten viele Menschen weder lesen, noch schreiben, doch konnten sie sich die Argumente der verschiedenen Kandidaten über viele Stunden hinweg merken. So kam es oft vor, dass ein Streitgespräch, das am frühen Nachmittag begann, bis zum Abend dauerte. Zwischendurch wurde für eine Stunde unterbrochen, während deren die Zuhörer nach Hause gingen, um ihr Abendmahl einzunehmen. Später kamen sie zurück, um der Diskussion bis zur späten Nachtstunde zu folgen. Man stelle sich das heute vor! Politik besteht ja größtenteils nicht mehr aus ernsthaften Auseinandersetzungen, sondern aus Show, Bluff und Schwindel. Selbst die „Diskussionen“ von heute, verdienen diese Bezeichnung nicht mehr. Meist geht es nur darum, wer den anderen „niedergemacht“ hatte, nicht, wer am ehrlichsten war oder wer die besten Argumente vorzuweisen hatte.

1960 wurde Abraham Lincoln Präsidentschaftskandidat der Republikaner und gewann die Wahlen im November dieses Jahres. Die Frage der Sklaverei beschäftigte die Nation bereits sehr heftig und drohte immer mehr die Einheit der Nation zu gefährden. Bereits in seiner Inaugurationsrede wies Lincoln darauf hin, dass die Bewahrung der Einheit der Vereinigten Staaten das wesentliche Anliegen seiner Präsidentschaft sein werde. Nach seiner Amtseinsetzung kam es bald zur Abspaltung von South Carolina und fünf weiteren Staaten von der Union. Der Angriff der Südstaaten auf Fort Sumter (das von Lincolns Truppen gehalten wurde) in South Carolina im Frühjahr 1861, eröffnete formell den Amerikanischen Bürgerkrieg. Der Krieg begann immer heftiger zu werden. Nach anfänglichen Erfolgen des Südens, wendete sich das Blatt immer mehr zugunsten des Nordens. Dieser hatte den Vorteil bereits stärker industrialisiert zu sein und immer neue Einwanderer aus Europa sorgten für einen ungebrochenen Zustrom an neuen Truppen. Am 1. Jänner 1863 brachte Lincoln seine berühmte Emanzipationsproklamierung heraus, die nun die Frage der Sklaverei richtig in den Krieg einbrachte. Bisher lag das Schwergewicht auf der Bewahrung der Einheit der Nation, zu der sich Lincoln ja als Präsident per Eid verpflichtet hatte. Die Abschaffung der Sklaverei wurde als 13. Zusatz der Verfassung hinzugefügt. 1864 wurde Lincoln wieder gewählt und beendete im darauf folgenden Jahr den Bürgerkrieg erfolgreich. Jetzt ging es ihm vor allem darum die Wunden des Krieges zu „verbinden“ und für eine rasche Heilung der Nation zu sorgen. So betrachtete er die Bürger der Südstaaten nicht als die früheren Feinde, sondern als Brüder, die sich verirrt hatten und nun wieder in den Schoß der Familie zurückkehrten. Am 14. April 1865 wurde Abraham Lincoln von John Wilkes Booth, eine fanatischen Südstaatler, im Ford-Theater in Washington erschossen.

Lincoln gilt als einer der moralisch integersten Menschen, die je gelebt haben. Nie hatte er ein böses Wort für andere, auch für seine Feinde, nicht. Berühmt geworden ist die folgende Anekdote. Der Kriegsminister kritisierte einst Lincoln heftig und bezeichnete den Präsidenten in privatem Rahmen als entscheidungsschwach und als unfähigen Kriegsherrn, dabei verwendete er einige persönliche Untergriffe und Beleidigungen. Als Lincoln von dem Vorfall berichtet wurde, sagte er nur: „Mr. X (Name des Kriegsministers) ist der beste Minister den dieses Land jemals hatte, ich habe vollstes Vertrauen zu ihm:“ Niemand konnte Lincoln dazu bringen, sich zu vergessen oder zu unmoralischem Handeln zu bewegen. Oft wurde Lincoln vorgeworfen, langsam in seinen Entscheidungen zu sein, doch in Wirklichkeit konnte er die Dinge nur tiefer erfassen als andere Menschen und hatte einen größeren Überblick über das Gesamtbild. Lincoln war von der Idee geleitet, dass eine richtige Entscheidung nicht nur temporär korrekt sein konnte, sondern auch aus der Sicht der Nachwelt richtig sein sollte, also richtig sub species aeternitatis.

Lincoln war es, der einen Menschen völlig vorurteilslos beurteilen konnte. Seine vielen negativen Erfahrungen mit Menschen, hatten ihm eine bewundernswerte Menschenkenntnis verschafft. Anstatt hart und bitter zu werden, wie es bei den meisten Menschen mit seiner Lebensgeschichte der Fall gewesen wäre, entwickelte Lincoln einen besseren Blick für die Realität. Nicht Misstrauen, sondern richtiges Vertrauen gegenüber den moralisch integeren und den fähigen Leuten, wurde ihm zum Prinzip. So lehnte er oft den Rat seine Berater und Militärs ab und entschied sich für den unsozialen aber fähigen Außenseiter, um ihm eine wichtige Mission zu übertragen. So geschah es, dass er Ulysses S. Grant das Oberkommando über die Truppen im Bürgerkrieg übertrug. Grant galt als Außenseiter und Säufer, den das Establishment in Washington als unmöglich betrachtete. Doch Lincoln sah in ihm den fähigsten Mann, den er für diesen Job finden konnte, der einzige, der den Mut hatte die richtigen, aber unpopulären Dinge zu tun. Und wie man sehen sollte, hatte er mit dieser Einschätzung absolut Recht. Lincoln galt als „einfacher, ehrlicher Mann von Lande“, eine moralische Vaterfigur. Doch unter dieser einfachen Oberfläche steckte ein kluger Kopf, dessen tiefe Gedankengänge von seiner Umwelt nicht erkannt wurden. Jedenfalls war Lincoln in seinem Betragen alles andere als ein Aristokrat. So erreichte er das Herz der einfachen Leute aber auch den Respekt der Oberschicht in den Städten der Ostküste.

Die berühmteste Rede Lincolns hielt er am 19. November 1863 nach der großen Schlacht in Gettysburg. Sie war so kurz, dass der Fotograph, der den Präsidenten ablichten sollte, nicht einmal sein Gerät fertig aufgestellt hatte, als sie bereits beendet war. Ich drucke den Text hier im Original ab:

„Fourscore and seven years ago our fathers brought forth on this continent a new nation conceived in liberty and dedicated to proposition that all men are created equal. Now we are engaged in a great civil war testing whether that nation, or any nation so conceived and so dedicated, can long endure. We are met on a great battlefield of that war. We have come to dedicate a portion of that field as a final resting-place for those who here gave their lives that that nation might live. It is altogether fitting and proper that we should do this. But in a larger sense, we cannot hallow this ground. The brave men, living and dead, who struggled here have consecrated it far above our power to add or detract. The world will little note nor long remember what we say here, but it can never forget what they did here. It is for us the living rather to be dedicated here to the unfinished work which they who fought here have thus far so nobly advanced. It is rather for us to be here dedicated to the great task remaining before us – that from these honoured dead we take increased devotion to that cause for which they gave the last full measure of devotion – that we here highly resolve that these dead shall not have died in vain, that this nation under God shall have a new birth of freedom, and that government of the people, by the people, for the people, shall not perish from the earth.”

Lincoln war die Art von Politiker, die man heute kaum mehr antrifft. Aber weit über den politischen Bereich hinaus, ist Lincoln ein leuchtendes Beispiel dafür, dass sich Integrität auszahlt, dass es im Leben darum geht das Richtige zu tun, völlig unabhängig davon, welche Vor- oder Nachteile man sich dadurch zuziehen mag. Lincoln ist eine Laterne der Hoffnung in einer Welt der Dunkelheit und damit strahlt er weit über das 19. Jahrhundert hinaus, bis weit in das dritte Jahrtausend hinein.

Sonntag, 6. Juni 2010

Albertus Magnus (vor 1200 – 1280)

Als einer der größten Geister des Mittelalters und bis heute ein oftmals bewunderte Person, gilt der Gelehrte Albertus Magnus (Albert der Große). Geboren kurz vor dem Jahre 1200 in Lauingen an der Donau, aus einer staufischen Ministerialenfamlie stammend, betrieb er seine Studien an der Universität in Bologna und Padua. Albertus Magnus war ein Universalgenie, deshalb nannte man ihn auch den „doctor universalis“, der zu beinahe jedem Wissensgebiet seiner Zeit Werke verfasste. Insbesondere konzentrierte er sich auf die Theologie, Philosophie und die Naturwissenschaften, die damals freilich noch in den Kinderschuhen steckten. Er war einer, der die damalige Wissenschaft und ihre Erkenntnisse hinterfragte und nicht beim Buchstaben und bei Büchern stehen blieb. Freilich, das kann man sich denken, führte dies bald zu heftigstem Widerstand und allerlei Anfeindungen und Schlimmerem. Auch war Albertus nicht dafür bekannt, Autoritäten blind zu vertrauen, ganz im Gegenteil. Zu seiner Zeit, etwas neuen, ja teilweise direkt als häretisch bezeichnet, wandte er sich der Natur selbst zu und versuchte durch genaue Beobachtungen viele seiner Erkenntnisse genau daraus zu ziehen. Eine Vorgehensweise, die im Mittelalter über lange Zeit hinweg, alles andere als üblich war.

1223 trat Albertus in den Dominikanerorden ein, genau so, wie sein größter Schüler, der Heilige Thomas von Aquin. Albert war es auch, der als Lehrer den größten Einfluss auf den Aquiner ausübte. Nach dem Abschluss seiner eigenen Studien, begann Albertus zu lehren und wechselte von den ordenseigenen Schulen in Freiburg, Regensburg, Hildesheim und Straßburg an die bedeutende Universität von Paris. Damit war er der erste Deutsche, der an dieser renommierten Hochschule unterrichtete. Später wurde er an die neu gegründete Hochschule seines Ordens nach Köln gerufen, um diese zu leiten. Thomas von Aquin begleitet ihn in die Stadt am Rhein. Aber dabei blieb es nicht lange. Albert reiste durch ganz Europa und lehrte an den verschiedensten Orten, bis er 1257 wieder nach Köln gerufen wurde, um dort weiter zu lehren.

Die Lehre, der Kontakt mit Studenten, und die Hingabe an die Wissenschaft, war es, dem Albertus ganzes Herz gehörte, nach der Liebe zum Herrn selbstverständlich. Deshalb sträubte er sich vehement, als er 1260 von Papst Alexanders III. berufen wurde Bischof von Regensburg zu werden. Trotzdem gehorchte er dem Befehlt des Papstes. Albert gelang es das verwaiste und (finanz-)marode Bistum wieder zur Blüte zu bringen. Dann glaubte er seine Arbeit getan zu haben. Er blieb nur kurze Zeit (zwei Jahre) Bischof der Stadt an der Donau und zog dann als päpstlicher Abgesandter und Prediger durch die deutschen und böhmischen Lande. Erneut sollte er nach Paris berufen werden, was er jedoch ablehnte. Tief betrübt war es, als er 1274 am Konzil von Lyon teilnahm und sein Schüler Thomas von Aquin den Weg dahin nicht mehr vollenden konnte, da er vom Himmel abberufen worden war.

Albert war sich selbst sehr wohl bewusst, welche Gefahr darin bestand sich der Natur hinzugeben, galt doch vor allem der Geist als von Gott gegeben und die Materie wurde kritisch, teilweise sogar verächtlich behandelt. So heißt es auch in einer Legende, die jedoch sehr schön die Geisteshaltung von Albert herausstreicht, dass er die Mutter Maria angebetet hätte, damit sie ihn im Glauben bewahre und er nicht durch die Beschäftigung mit der Philosophie Schaden nähme. Denn schon aus dem Altertum war die Gefahr bekannt, die darin bestand, dass die Philosophie missbraucht wurde, um Gott in frage zu stellen, ja es konnte sogar so weit kommen, dass einer zum Atheisten wurde, wie es ja über die Jahrhunderte immer wieder mit getrübten Philosophengeistern geschehen war.

Albertus starb am 15. November des Jahres 1280 im Alter von mindestens achtzig Jahren. Zur damaligen Zeit ein wahrhaft biblisches Alter (man denke etwa an Methusalem). Im Jahr 1931 wurde Albertus Magnus heilig gesprochen und 1941 erklärte ihn der Papst zum Patron der Naturwissenschaften.

Samstag, 5. Juni 2010

Katharina von Siena (1347 – 1380)

Der Dominikanerorden hat eine ganze Reihe von großen Persönlichkeiten hervorgebracht. Darunter befinden sich Gestalten, wie Thomas von Aquin, Albertus Magnus oder Heinrich Suso. Aber auch der weibliche Zweig des Ordens des Dominikus hat einige bekannte Figuren aufzuweisen. Die wohl bekannteste ist die Heilige, um die es in diesem Beitrag gehen soll: Katharina von Siena. Katharina gehört in den Bereich der christlichen Mystiker und ist neben Teresa von Avila und Hildegard von Bingen, die wohl größte Frauengestalt im Bereich der abendländischen Mystik. In Italien nennt man sie „Die größte Frau des Christentums“.
Katharina wurde 1347 in der italienischen Stadt Siena geboren und entdeckte schon in der Kindheit ihre große Hingabefähigkeit und Liebe zu Gott. Sie weihte sich selbst dem Herrn und unterwarf sich strengen geistigen Übungen, vor allem der Buße. Die Eltern versuchten viele Jahre lang, ihr den Wunsch nach einem geistlichen Leben auszutreiben – ohne Erfolg. Selbst die von den Eltern eifrig geschmiedeten Heiratspläne, machte die junge Frau zunichte. Sie wollte nur einen Bräutigam haben – Jesus Christus. Von Natur aus von zierlicher Gestalt und angegriffener Gesundheit, schwächte sie ihren Körper dadurch umso mehr. Doch die Liebe zu Gott war größer, als der Wunsch nach leiblichem Wohlergehen. Mit 18 Jahren trat sie dem Büßerorden der Dominikanerinnen bei (als Mantellatin) und fiel bald durch besonderen Eifer im Glauben auf. Der Ordensgeneral, Raimund von Capua, wurde auf sie aufmerksam und wurde ihr Vertrauter und Förderer, denn die junge Schwester beeindruckte ihn außerordentlich.
Der Ruf Katharinas als fromme Frau von großem glaubenstechnischem Urteil, drang bald über die Stadtgrenzen hinaus und führte dazu, dass sie, obwohl ohne höhere Bildung und des Lateinischen nicht mächtig, von Fürsten (weltliche und geistliche) und Bürgern gleichermaßen um Rat aufgesucht wurde. Viele dieser Ratschläge erteilte sie schriftlich, denn sie unterhielt eine regen Korrespondenz. Ihre Werke sind von großem Tiefgang und Einsicht in das Mysterium geprägt. Literarisch kann sie neben den führenden Dichtern ihrer Zeit bestehen. Mehrere hundert Briefe sind noch heute erhalten. Sie wurde zur Mahnfigur und zum Gewissen der Menschen ihrer Zeit. Unter anderem rief sie zu einem Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems auf. Sie war sehr geschickt im Umgang mit den Mächtigen ihrer Zeit und stand im Ruf, diese zur Willfährigkeit bewegen zu können.
Katharina war auch eine große Versöhnerin der Kirche. Später zog sie nach Rom und bewirkte es, dass Papst Gregor XI. von Avignon wieder in die Ewige Stadt zurückkehrte. Dieser befand sich zu jener Zeit in Streitigkeiten mit der Stadt Florenz, welchen Katharina erfolgreich zu schlichten vermochte. Als unter dem Nachfolger Papst Gregors, Urban VI., das Schisma erneut ausbrach, litt Katharina unsägliche Qualen. Sie machte es sich zur Aufgabe ihres Lebens, die Einheit der Kirche wieder zu bewirken. Daneben kümmerte sie sich aufopfernd um die Armen und Kranken. Als 1374 in Siena die Pest ausbrach, verharrten die Dominikanerinnen treu in der Stadt und kümmerten sich um die ärgste Not.
Was Katharina als Mystikerin betraf, so ist sie für eine Unzahl von Visionen und mystischen Verzückungen bekannt. Sie war dafür bekannt, nur sehr wenig zu schlafen und sich ganz dem Gebet, der Kontemplation und er geistlichen Versenkung hinzugeben. Bei diesen Übungen hatte sie auch ihre „Vereinigungen mit Gott“. Ihr Körper litt jedoch entsetzlich unter den vielen Kasteiungen, denen sie sich unterwarf, denn sie aß sehr wenig und soll viele Jahre lang keine feste Nahrung mehr zu sich genommen haben.
Katharina zeichnete sich auch durch ihren großen Gehorsam gegenüber dem Stuhl Petri aus. Sie meinte einmal, das selbst wenn der Teufel höchst persönlich Papst geworden wäre, müsse man ihm folgen, denn es sei Gottes Wille. Nicht dem Menschen Papst folge man, sondern Gott, dessen Stellvertreter auf Erden dieser sei. Das bedeutet allerdings nicht, dass Katharina nicht ernste Worte mit dem Papst gesprochen hätte. Ganz im Gegenteil, sie ermahnte den Heiligen Vater immer wieder, seinem Auftrag, der Stellvertreter Christi auf Erden zu sein auf die rechte Weise nachzukommen. Nur hätte sie ihm niemals die Gefolgschaft verweigert, denn an seiner Legitimität zu zweifeln, wäre für Katharina nie in Frage gekommen.
Stark geschwächt und völlig ausgezehrt, trotzdem bis zum Ende hart arbeitend, starb sie im jungen Alter von nur 33 Jahren am 29. April 1380 in Rom, wo sie auch ihre letzte Ruhe fand. Die Heiligsprechung Katharinas erfolge 1461. Sie gilt als die Patronin der Stadt Siena und Italiens. Ihr Fest wird am 29. April von der Kirche begangen.

Freitag, 4. Juni 2010

Der Heilige Hieronymus (347 – 420)

Der Heilige Hieronymus ist ein gutes Beispiel dafür, dass Heiligkeit nicht bedeutet ein ruhiges, sanftmütiges Wesen zu haben und schon gar nicht, dass Versuchungen einem fern blieben, wenn man sich einmal zum richtigen Glauben bekannt hat. Jedoch war es ihm beschieden siegreich aus den Kämpfen des Geistes hervorzugehen. Ein begnadeter Literat, Lehrer und Vorbild im Glauben sehen wir in der Gestalt des heiligen Mannes, der auf vielerlei Gebieten großes Wirken und ebensolche Erfolge aufzuweisen hatte.

Hieronymus wurde um das Jahr 347 in Stridon geboren. Stridon war eine alte Stadt, die im heutigen Dalmatien lag. Die Eltern waren reiche römische Christen. Und wie es sich für eine solche Familie gehörte, wurde der Junior in jungen Jahren bereits in das Zentrum der Macht, nach Rom, geschickt um dort in den akademischen Künsten unterrichtet zu werden. Hieronymus studierte die Philosophie, die Grammatik und, ganz besonders wichtig, die Rhetorik. Solche waren die Standardfächer der gebildeten römischen Oberschicht. Die Sprache, in gesprochener und geschriebener Form, wurde zu seinem Steckenpferd und zeitlebens war es sein Bestreben darin berühmt zu werden und höchste Meisterschaft zu erlangen. Er träumte davon ein ganz großer Literat von Weltruhm zu werden. Hieronymus selbst war ein Bücherwurm und verfügt über eine ansehnliche private Bibliothek. Wie mehr als 1000 Jahre später Franz von Sales, ekelte auch Hieronymus das lockere und ausschweifende Studentenleben zutiefst an. In Rom kam es zu seiner Bekehrung, er ließ sich taufen und entsagte dem weltlichen Leben. Er beschloss sein Leben ganz dem Herrn zu weihen und nicht in weltlichen Verstrickungen, wie so viele andere unter seinen Kommilitonen zu verbleiben. Hieronymus wurde zum gelehrten Christen und wollte von nun an nur noch der Wahrheit dienen.

In Aquileja scharte sich eine Gruppe frommer Freunde um ihn. Sie lebten in strenger Askese und behandelten geistliche, vor allem theologische, Probleme. Hieronymus unternahm eine Pilgerreise nach Kleinasien und kam unterwegs in die Stadt Antiochia. Dort kam er in Kontakt mit syrischen Mönchen, die in der Wüste ein gottgefälliges und überaus asketisches Leben lebten – ihnen ging der Ruf voraus, engelsgleich in ihrem Gebaren zu sein. Hier lernte Hieronymus auch die griechische Gelehrtensprache und lebte eine zeitlang als Einsiedler, was ihm als „Römer“, der aus der Weltstadt kam, verständlicherweise sehr schwer fiel. In dieser Zeit wurde er von sämtlichen weltlichen Begierden geplagt, die es überhaupt nur geben konnte. Bittere Tränen weinte er, doch blieb er trotz allem standhaft und ließ sich nicht überwinden.

Wieder zurück aus der Einsiedelei, wurde er in Antiochia zum Priester geweiht. Bald schloss er auch Freundschaft mit dem Heiligen Gregor von Nazianz, der in Konstantinopel lebte. Nun nahm seine Karriere einen großen Aufschwung. Hieronymus wurde persönliche Sekretär von Papst Damasus I. in Rom. In dieser Zeit übersetzte Hieronymus die Bibel aus dem Griechischen und Hebräischen neu, womit er Unsterblichkeit erlangen sollte. Seine „Vulgata“ ist selbst heute noch eine oft gelesene Ausgabe der Heiligen Schrift.

Besonders auf fromme Frauen hatte Hieronymus einen großen Einfluss. Er wurde zu ihrem bevorzugten Berater und brachte viele Frauen dazu, ein asketisches Leben zu führen. Er galt auch als weise in allen Lebensfragen, weshalb sein Ansehen stetig wuchs. Später ging sogar das Gerücht um, Hieronymus könnte der nächste Papst werden, doch dies wussten seine Gegner, nach dem Tod des alten Papstes, erfolgreich zu verhindern.

Hieronymus verließ nun Rom und begab sich nach Ägypten, wo er noch einmal versuchte als Einsiedler zu leben. Kurz darauf jedoch, ließ er sich endgültig in Bethlehem nieder, wo er den Rest seines Lebens verbrachte. Er selbst half bei der Gründung von Klöstern und unterrichtete an einer Schule, die seinem eigenen Kloster angeschlossen war. Er gab sich nun ganz dem literarischen Schaffen hin und verfasste seine berühmtesten theologischen Schriften. Als er aufgrund von starken Sehproblemen nicht mehr selbst schreiben konnte, diktierte er seine Texte einem seinen Schreiber, von denen er sehr viele beschäftigte.

Der Heilige Hieronymus starb am 30. September 420 in Palästina. Sein Jahrtag ist ebenfalls der 30. September.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Franz von Sales (1567 – 1622)

Der nächste Heilige in meiner Biographie-Serie, ist wieder ein erfolgreicher Streiter der Gegenreformation. Der Franzose Franz von Sales wurde 1567 als ältester Sohn seiner Familie auf der Burg Sales, in Savoyen geboren. Er stammt aus einer alten und angesehenen Adelsfamilie. Franz studierte zuerst in Annecy, dann in Paris und Padua Theologie, Rhetorik, Philosophie und Rechtswissenschaften. Die Zeit auf der Universität brachte ihm die Erfahrung des zügellosen Lebens der Studenten, die Franz von Anfang an anekelte. Daraus erwuchs der tiefe Wunsch sein Leben dem Herrn zu weihen und Priester zu werden. Dieser Wunsch stieß vorerst auf den erbitterten Widerstand des Vaters, der seinen Sohn in einer weltlichen Laufbahn wünschte. 1593 wurde Franz trotzdem zum Priester geweiht. Ihm schwebte das Ideal des armen Apostels vor, so dass er die Ämter und Würden, die ihm aufgrund seiner edlen Herkunft, in der Kirche zugestanden ablehnte und sich dem einfachen Dienst verschrieb.

Er wirkte missionarisch in den religiös umkämpften Gegenden Frankreichs und kam so nach Chablais, welches zu einem Nest der Kalvinisten herangewachsen war. Keine Gefahr scheuend nahm er die Konfrontation mit den Protestanten auf und erragt dort einen bemerkenswerten Sieg für den Katholizismus. Es gelang ihm die ganze abgefallene Stadt wieder für die katholische Kirche zurück zu gewinnen. Franz ertrug alle Schmähungen, alle Not und alles Leid, das ihm die Menschen antaten, und führte sein Vorhaben unbeirrt fort. Er litt oft schwer an Hunger, an Krankheiten und ertrug unsägliche Strapazen, immer seinen Geist auf den Herrn gerichtet, wohl wissend um seine gerechte Sache. Anfangs hatte Franz mit seiner Missionstätigkeit durchaus auch große Rückschläge zu verzeichnen, ließ sich jedoch davon nicht entmutigen. Allmählich verstand er sein Handwerk immer besser und er gewann sukzessive mehr Menschen für seinen Glauben zurück und widerlegte die kalvinistischen Prediger nun erfolgreich.

1599 wurde Franz von Sales zum Bischof von Genf, einer Hochburg des Kalvinismus, und damit sozusagen in der Höhle des Löwen. Er tat viele gute Werke und wirkte für den Katholizismus, vor allem darin, dass er die Armen unterstützte. Er reorganisierte seine Diözese und hatte damit nicht unwesentlichen Erfolg. Neben hervorragenden rhetorischen Fähigkeiten, zeichnete sich Franz auch durch seinen angenehmen Wesenszug des Sanftmutes, sowie seine unermüdliche schriftstellerische Tätigkeit aus. Mehr als 20000 Briefe hat er in seinem Leben geschrieben. Er gilt deshalb auch als Patron der katholischen Schriftsteller und Journalisten. Daneben war es vor allem die Liebe zu den Feinden, für die Franz berühmt geworden war. Er selbst sprach immer wieder davon, welche Freude er dabei habe seine Gegner zu lieben und um ihr Seelenheil bemüht zu sein. Für ihn war keiner endgültig verloren, er wollte gerade durch die Liebe zu den Feinden diese für sich gewinnen, was ihm, wie man öfter sah, auch gelang. Selbst unter den Kalvinisten genoss Franz hohes Ansehen und ein kalvinistischer Beamter in Genf meinte nach des Heiligen Tod, wenn es seit dem Tod der Apostel überhaupt jemanden gegeben hätte, den die Kalvinisten als Heiligen angesehen hätten, dann wäre es Franz von Sales gewesen.

1604 traf Franz von Sales mit Johanna Franziska von Chantal zusammen, mit der er den Orden der Salesianerinnen / Visitantinnen gründete. Er war aber auch sehr bemüht um die Wissenschaften und Künste und schuf zu deren Pflege eine Akademie in Annecy, in seiner Heimatregion. Franz selbst verfasste neben der enormen Menge an Briefen auch moralische und mystische Werke. Die bekanntesten sind „Einführung in das hingebungsvolle Leben“ (1608) und „Traktat über die Liebe Gottes“ (1610). Er gilt als einer der größten französischen Schriftsteller seiner Zeit.

Franz von Sales starb 28. Dezember des Jahres 1622 in Lyon. Seine Heiligsprechung erfolgte 1665. 1877 wurde er zum Kirchlehrer erklärt. Sein Fest wird am 24. Jänner gefeiert. Zeitlebens wurde Franz von vielen als ein irdisches Abbild des Heilands selbst gesehen. Sein Leben gibt ein beredetes Zeugnis dieser Ansicht, die von vielen seiner Zeitgenossen geteilt wurde. Unumstritten ist die hohe moralische Integrität und die Standfestigkeit im Glauben des Heiligen, der auch heute noch zu großer Bewunderung Anlass gibt.

Mittwoch, 2. Juni 2010

Teresa von Avila (1515 – 1582)

Unter den christlichen Heiligen nimmt Teresa von Avila eine ganz besondere Stellung ein. Neben Katharina von Siena gehört sie zu den bekanntesten Mystikerinnen. Es verwundert deshalb nicht, dass sie eine innige Freundschaft mit dem Mystiker Johannes vom Kreuz (1542 – 1591) verband – sie war es, die sogleich das mystische Potenzial in ihm entdeckte, während er von der Welt und von seinen Mitbrüdern missachtet und geächtet wurde. Teresa ist die erste Frau, die ich in meiner Biographie-Reihe vorstellen möchte. Sie soll und wird aber mit Sicherheit nicht die einzige bleiben.

Geboren wurde Teresa am 28. März 1515 in Avila als Tochter adeliger Eltern. Schon früh war sie von Heiligenlegenden und Heldengeschichten fasziniert, so dass sie bereits im Alter von sieben Jahren mit ihrem Bruder Rodrigo von zu Hause ausriss, um gegen die ungläubigen Mauren zu kämpfen und wenn nötig den Märtyrertod zu sterben. Bald wurde sie von Augustinerinnen erzogen. Doch ihre schwache Gesundheit, die ihr zeitlebens Schwierigkeiten bereitete, musste sie die Klosterschule wieder verlassen.

1535 trat sie als Novizin bei den Karmeliterinnen in Avila ein und legte im darauf folgenden Jahr ihr Gelübde ab. Bald aber bemerkte sie die teilweise starke Verweltlichung des Klosterlebens und hatte im Jahr 1553 ihre erste Vision. Teresa wurde immer mehr „vergeistig“, gab sich mit immer größerer Inbrunst Jesus hin, und entsagte immer mehr dem, was noch weltlich war am Klosterleben. Von heißem Temperament waren ihr die Regeln ihres Ordens viel zu lasch und nicht weitgehend genug. So machte sie es sich bald zur Aufgabe den Karmeliterinnen strengere Regeln zu geben, das heißt es war nicht die Aufgabe, die sie sich selbst gewählt hatte, sondern die Gott von ihr verlangte, wie es ihr in ihren Visionen aufgetragen wurde. Bei diesem Vorhaben schlug ihr gewaltiger Widerstand, sowohl von kirchlicher als auch von weltlicher Seite, entgegen. Endlich konnte sie 1562 ihre erste kleine Schwesterngemeinde der reformierten Karmeliterinnen in Avila einrichten. Äußeres Zeichen der reformierten Karmeliterinnen war, dass sie barfuss gingen. Deshalb hießen sie auch die „unbeschuhten Karmeliterinnen“, im Gegensatz zu den „alten“ Schwestern, die nun als die „beschuhten Karmeliterinnen“ (sie trugen Sandalen) galten. 1580 wurde diese Trennung endgültig vollzogen und anerkannt. Von großer Bedeutung war die Begegnung mit Johannes vom Kreuz, dem bedeutendsten spanischen Mystiker, der ihr erster Schüler wurde. Teresa gründete während ihres langen Lebens (nach Maßstäben des 16. Jahrhunderts) sechzehn Konvente und vierzehn Klöster.

Teresa zeichnete sich durch ein außergewöhnliches literarisches Talent und einen robusten Charakter aus. Ihr „El libro de su vida“ (Buch ihres Lebens) erschien erst nach ihrem Tod 1588, und enthält ähnlich wie die „Confessiones“ des Heiligen Aurelius Augustinus eine „Lebensbeichte“. Viele Schriften Teresas sind autobiographischer Natur. Darüber hinaus schuf sie einige Werke über die Reformation ihres Ordens. Das bedeutendste mystische Werke, das zu den schönsten der spanischen Mystik gehört, ist das 1577 geschriebene „Castillo interior o las siete morades“ (Die Innere Festung oder die Sieben Stationen). Es beschreibt in poetischer Schönheit ihre Kontemplationen und ihr inniges, persönliches Verhältnis zu Gott. Für Teresa war Gott „Seine Majestät“ und sie war der Meinung in der Verehrung Gottes gäbe es kein rechtes Maß, alleine die Maßlosigkeit sei angemessen. Bald nach ihrem Tod wurden ihre Werke, die zweifellos zur großen Weltliteratur gehören, veröffentlicht. Teresa wird auf Darstellungen auch als „doctora mystica“ bezeichnet und trägt sogar die Insignien der theologischen Doktorwürde – eine unglaubliche Ehre für eine Frau aus dem 16. Jahrhundert!

Zum Schluss noch ein Zitat von Teresa: „Drei Dinge hat man zu mir gesagt: dass ich in der Jugend schön war, dass ich klug und dass ich heilig sei. Den beiden ersten Meinungen habe ich leider zu viel Glauben geschenkt und es bitter bereut. Den letzten Ausspruch aber, dass ich heilig sei, weise ich ganz und gar zurück.“

Teresa von Avila starb am 4. Oktober 1582 in Alba de Tormes. 1614 wurde sie selig und 1622 heilig gesprochen. Die heilige Teresa ist die Schutzpatronin Spaniens. Ihr Fest wird am 15. Oktober gefeiert.

Anmerkung: Dass ich zurzeit ausschließlich Heilige vorstelle, hat nichts damit zu tun, dass ich nicht auch weltliche Menschen als für mich einflussreich und bewundernswert betrachte. Ich werde das in der Zukunft noch zeigen, doch im Augenblick bleibt es noch bei der Vorstellung diverser Heiliger, von großen Männern und Frauen der Kirche.

Dienstag, 1. Juni 2010

Ignatius von Loyola (1491 – 1556)

Wer an die Jesuiten denkt, an einen wehrhaften Katholizismus, der kommt nicht am Gründer dieses Ordens, dem heiligen Ignatius, vorbei. Der Begriff/Bezeichnung „Jesuit“ rief von Anbeginn der Ordensgründung an, sehr kontroverse Assoziationen und Reaktionen hervor. Für die einen sind sie die Kämpfer für den wahren Glauben, die Helden der Gegenreformation, für die anderen Machtpolitiker und Militaristen im Geiste. Egal ob Freund oder Feind, stets erregten die Mitglieder des Ordens Jesu aufs heftigste die Gemüter. Der Gründer Ignatius selbst war eine bemerkenswerte Gestalt der Geschichte, bei der über die ersten Jahrzehnte seines Lebens noch nichts auf ein geistliches Leben hindeutete. Ganz im Gegenteil, Ignatius war ein junger Adeliger, der sich dem Kriegsdienst verschrieben hatte. Lasst uns einen Blick auf das Leben dieses außergewöhnlichen Charakters werfen.

Ignacio de Loyola wurde am 31. März 1491 im nordspanischen Baskenland geboren. Er kam noch als Kind an den spanischen Königshof und diente dort dem Großschatzmeister als Page. In dieser Zeit wurde er mit den höfischen Sitten vertraut und lernte einige Lektionen über die Welt der Macht und den Umgang mit Menschen, wie auch der Kriegsführung. 1521 kämpfte er bei der Belagerung von Pamplona durch die Franzosen an der Verteidigung mit und wurde im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen schwer verletzt. Nun folgte eine lange Zeit des Darniederliegens und der Genesung. Diese Phase seines Lebens wurde zum Umbruch, zur Umkehr in seinem Leben. Nachdem Ignatius viel Zeit auf seinem Krankenlager erbrachte und sich keinerlei Ablenkungen boten, verbrachte er die Zeit vor allem mit Lesen. Er las mit wachsender Begeisterung Geschichten der Heiligen. Er sah, dass die Heldentaten der Heiligen es locker mit den heroischsten Feldherrn und Ritter auf nehmen konnten. Er selbst dachte sich zu dieser Zeit auch viele Heldengeschichten aus, wobei er schwankte zwischen weltlichen Ritterlegenden und geistlichen Märtyrergeschichten. Dabei stellte er fest, dass die Ritterromane, die er sich ausdachte ihm im Nachhinein kein gutes Gefühl vermittelten, während er sich erbaut fühlte, wenn er sich den Heiligenlegenden hingab. Dies war für ihn ein Zeichen. Bald darauf beschloss er sein Leben radikal zu ändern, es Jesus zu übergeben und fortan dem weltlichen Leben zu entsagen. Die Herrlichkeit des Himmels würde allen irdischen Pomp und alle weltliche Pracht (die er an den Höfen gesehen hatte) in den Schatten stellen. Er wollte ein Ritter für den Herrn, sein, dessen irdischer Arm die katholische Kirche ist, dessen war sich Ignatius sicher.

Ignatius lebte im folgenden Jahr als Bettler und Büßer in Nordspanien. Strengster Askese und gewaltigen Bußübungen unterwarf er sich dabei. Schließlich fasste er in seinen Gewissensnöten sein Motto, nachdem er alles, was er tat, der größeren Ehre Gottes unterwerfen wollten: „Omnia ad majorem Dei gloriami!“. Er beschäftigte sich intensiv mit geistigen Übungen und legte in dieser frühen Zeit den Grundstein für die Exerzitien, die später ausgebaut wurden und noch heute zu den bekanntesten „Einkehrübungen“ der katholischen Christenheit gehören. Er unternahm nun eine Wallfahrt ins Heilige Land, welche ihm jedoch noch nicht die „Erleuchtung“ brachte, die er sich erhofft hatte. Aber einen Entschluss fasste er nun: nämlich jenen sich zum Priester weihen zu lassen. Von 1528-1535 studierte er in Paris und sammelte dort eine feste und treue Gruppe von Männern um sich, mit denen er in religiöser Gemeinschaft lebte. Diese Gruppe legte das Armuts- und Keuschheitsgelübde ab (1534). Nach einem gescheiterten Versuch ins Heilige Land zu gelangen, begab sich die Gruppe nach Rom zum Papst, um sich von ihm einen Auftrag zur apostolischen Arbeit zu erbitten. 1539 unterstellte sich die Gruppe der Oberhoheit des Heiligen Stuhls. 1540 wurde der nunmehrige Orden von Papst Paul III. anerkannt. Die Leitung oblag nun Ignatius selbst, der den Orden zentral von Rom aus leitete. Die missionarische Mission des Ordens war binnen kurzer Zeit extrem erfolgreich. Nach kurzer Zeit schon gelangte der Orden über den besten Freund von Ignatius, den Heiligen Franz Xavier, bis nach Japan und China. Neben der intellektuellen Speerspitze der Gegenreformation und der damit verbundenen Tätigkeit in Europa, als die die Ordensleute Jesu bald galten, trugen die Jesuiten stark zur Verbreitung des Christentums in den Kolonien bei, dabei vor allem im Bereich Asiens und Südamerikas (die Gebiete Spaniens und Portugals). Die Jesuiten kämpften vor allem mit der Feder und der Zunge, nicht mit dem Schwert. Sie hatten eine bedeutende Rolle im Schulwesen. Jesuitenschulen galten und gelten auch heute noch als herausragende Kaderschmieden, in denen großen Wert auf die Sprache gelegt wird. Viele bedeutende Persönlichkeiten der Weltgeschichte besuchten jesuitische Gymnasien und Hochschulen. Die berühmteste Schule der Jesuiten ist auch heute noch die päpstliche Hochschule Gregoriana in Rom. Die Erziehung der Jugend, sowie die Förderung von Wissenschaft und Forschung, waren die großen Anliegen der Jesuiten. Die Ordensleute trugen wesentlich zur Erschließung der Neuen Welt bei (heute noch haben die Jesuiten in Südamerika große Bedeutung), sie waren Gelehrte, Erfinder, Architekten, Baumeister, Maler, Dichter und Schriftsteller (einer der bekanntesten Jesuiten des 20. Jahrhundert war der Franzose Teilhard de Chardin, der die Wissenschaft mit der Religion zu versöhnen suchte). Der Orden ist ganz der Welt verankert, Jesuit zu sein heißt unter den Menschen zu sein und aktiv das Leben und die Gemeinschaft zu gestalten. Durch ihr dominantes Auftreten und ihre geschliffenen Zungen waren die Jesuiten gefürchtet und auch, selbst von ihren Gegnern, respektiert.

Wie immer man persönlich auch zu Ignatius von Loyola stehen mag, die positiven Werke seines Ordens auf der ganzen Welt lassen sich nicht leugnen und die eindrucksvolle Persönlichkeit des Gründers ebenso wenig. Der Heilige Ignatius starb am 31. Juli 1556 in Rom. Sein Jahrestag ist deshalb auch der 31. Juli.